Die Toechter Egalias
gut, daß du schreibst, Petronius, und wie ich höre, schreibst du ja ganz lustig und einen flüssigen Stil. Aber hättest du nicht ein anderes Thema wählen können? Patriarchat! Das soll wohl eine Gesellschaft sein, in der die Männer alles lenken und bestimmen?!“
„Richtig! Herrlein Uglemose sagt, daß...“
„Unvorstellbar! Einfach unvorstellbar!“ unterbrach ihn seine Mutter. „’Unvorstellbar!’ Das ist dein Lieblingswort für alles, was nicht so ist, wie es jetzt ist!“
„Aber es ist auch unvorstellbar! Tut mir wirklich leid, Petronius. Möglicherweise hast du sogar recht, daß ich konservativ bin und die heutigen Machtverhältnisse in der Gesellschaft zu erhalten wünsche, weil... weil... ja, weil ich selber Macht habe — ja, gewiß doch, bei meiner Ehre! Aber so bin ich wenigstens überzeugt, daß ich kraft meiner Machtausübung die richtigen Entscheidungen treffe.“
Sie stockte leicht. Petronius erwiderte nichts, weil er über diesen Ausspruch seiner Mutter einfach sprachlos war.
„Also ich finde es schon in Ordnung, daß du dich als Rednerin für die Männerbefreiung einsetzt, Petronius. Aber eine Gesellschaft, die von Männern befrauscht wird?! In der es die Männer sind, die für die Gesellschaft planen und sie regieren?! Einfach unvorstellbar!“
„Es ist keineswegs unvorstellbar! Denn solche Gesellschaften haben existiert. Wir hören nur nie etwas von ihnen, weil wir in dieser verdammten Frauengesellschaft leben.“
„Haben existiert! Eben! Sie haben existiert! Und wie glaubst du, ist es ihnen ergangen, Petronius?“
Petronius verschlug es noch immer die Rede.
„Was ist deines Erachtens mit all diesen Patriarchaten geschehen, von denen du behauptest, sie hätten existiert, und von denen wir nie etwas hören?“
Sie machte eine Pause. Er schwieg noch immer.
„Warum gibt es nicht einen einzigen Beweis dafür, daß sie existiert haben? Wie erklärst du dir, daß wir nicht eine einzige Quelle besitzen, die uns über diese Patriarchate Aufschluß geben könnte, wie?“
Petronius wußte nicht, was er sagen sollte. Er war verwirrt.
„Nein, Petronius. Du verstehst... Männer haben keinen wirklichen Kontakt zum Leben. Sie haben erst recht keinen physischen Kontakt zu ihren Nachkommen. Sie sind deshalb auch nicht imstande, sich zu überlegen, was aus der Bevölkerung der Erde wird, wenn sie selber einmal tot sind. In einer Gesellschaft, in der es Männern erlaubt ist zu bestimmen, würde alles Leben auf der Erde aussterben. Wenn Männer nicht niedergehalten werden, wenn dam ihnen keine Zügel anlegt und sie nicht zivilisiert, wenn Männer ihren Platz in der Gesellschaft nicht unmißverständlich zugewiesen bekommen, wird das Leben vergehen...“
Und wie immer hatte Rut Bram das letzte Wort.
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