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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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ziemlich lange warten, weil die Theaterbesucher gerade zurückkehrten. Dann stieg ich die Treppe hinauf.«
    »Die Treppe? Sie sind nicht mit dem Aufzug gefahren?«
    »Nein. Eine Gruppe von Leuten kam aus der Bar geströmt und wartete auf den Aufzug, also lief ich die Treppe in den vierten Stock hoch. In diesen Stock. In dieses Zimmer. Als ich auf dem Stockwerk ankam, fuhr der Aufzug gerade nach unten.«
    »Konnten Sie sehen, wer sich in dem Aufzug befand?«
    »Nein, Sir.«
    »Na schön, was geschah dann?«
    »Die äußere Tür stand offen. Ich drückte sie auf und trat ein. Ich freute mich, weil ich dachte, ich hätte Dame Beatrice noch erwischt.«
    »Und?«
    »Nun, ich hatte sie erwischt. Oder besser, jemand anderes hatte sie vor mir erwischt. Überall Blut - wie Sie ja sehen können. Aber ich war vorsichtig, Sir! Ich habe nichts durcheinandergebracht. Ihr Kopf war zertrümmert. Die Kaminböcke umgeworfen. Das Fenster war eingeschlagen worden, und ich dachte, ein Einbrecher sei vielleicht auf diese Weise eingestiegen. Über die Feuertreppe oder so, weil wir uns ja zwanzig Meter über dem Boden befinden.« Sie wies auf die Fenster, die unstet in der Nachtluft schwangen. »Ich bin nicht hinübergegangen, um hinauszuschauen. Ich wollte nicht riskieren, Fußabdrücke zu verwischen.« Sie nickte zum Teppich zwischen dem Fenster und der Leiche, sah wahrscheinlich Spuren, die für Joe bislang unsichtbar geblieben waren.
    »Gut gemacht, Westhorpe«, lobte Joe und wünschte, er würde es fertigbringen, weniger wie ein Oberlehrer zu klingen. Andererseits hatte die junge Frau seine Reaktion herausgefordert, indem sie sich wie eine Heldin aus einem Jungmädchenroman verhielt. Molly müht sich redlich?
    »Fahren Sie bitte fort.«
    »Sie hatte sich offensichtlich heftig gewehrt. Ihre Hände und Arme sind ebenfalls verletzt. Sie hat sich verteidigt.«
    »Das sieht ihr ähnlich«, meinte Armitage. »Eine recht forsche Natur, Dame Beatrice, wie ich hörte. Hat sich von niemand Dummheiten gefallen lassen.«
    Joe bemerkte eine Ähnlichkeit zwischen Sir Nevil und Sergeant Armitage. Für den einen war Mord »ein kleines Problem«, für den anderen war ein tätlicher Angriff mit Todesfolge eine »Dummheit«.
    Tilly Westhorpe fuhr mit ihrer Berichterstattung fort. »Nachdem ich festgestellt hatte, dass ich ihr nicht mehr helfen konnte, wollte ich die Polizei und die Hotelleitung verständigen. Es war niemand zu sehen, und es schien mir am schnellsten und vernünftigsten, wenn ich nach unten an die Rezeption ging.«
    Betty beißt sich durch? In aufkeimender Verärgerung fragte sich Joe, warum das verdammte Mädchen nicht einfach in der Tür stehenbleiben und sich die Seele aus dem Leib schreien konnte wie jede normale Frau. Oder warum sie nicht einfach die Sprechanlage benutzt hatte?
    Sie las seinen Gedanken. Oder vielleicht seinen Seitenblick zum Schlafzimmer. »Ich habe die Sprechanlage absichtlich nicht benützt. Man kann nie ganz sicher sein, wer am anderen Ende ist. Nicht einmal im Ritz. Diskretion, Sir. Ich fand, die Situation erforderte Diskretion.«
    »Stimmt. Ein guter Gedanke. Sie öffneten also die Tür …« Er blickte scharf auf. »Fingerabdrücke, Westhorpe? Fingerabdrücke?«, rief er ihr unwirsch in Erinnerung.
    »Wie Sie sehen, Sir, trage ich Handschuhe.« Mit mehr als nur einem Hauch professioneller Zufriedenheit hielt Tilly ihre Hände hoch. Sie steckten in Abendhandschuhen in makellosem, weißen Satin. »Ich habe darauf geachtet, die Leiche nicht zu berühren. Weder tot noch lebendig.«
    Ihr Blick wanderte zu Armitage, und endlich verstand Joe. Er begriff, dass diese kalkulierte Zurschaustellung von Unschuld und Voraussicht nicht auf ihn gemünzt war, sondern für den Beamten gedacht war, der sie verhaftet hatte.
    »Ich habe die Tür so gelassen, wie ich sie vorgefunden habe«, setzte sie ihren Bericht fort. »Dann fuhr ich mit dem Aufzug zur Rezeption. Ich informierte den Geschäftsführer, der von seinem Büro aus Scotland Yard verständigte, wo man ihm mitteilte, es würde jemand geschickt. Ich muss sagen, der Geschäftsführer hat es sehr ruhig aufgenommen«, fügte sie verwundert hinzu. »Das ist doch ein bedeutsamer Vorfall, aber wenn ich ihm mitgeteilt hätte, ich hätte mir einen Fingernagel abgebrochen, hätte er nicht reservierter reagieren können.«
    »Das ist Teil der Ausbildung. Fahren Sie fort.«
    »Dann kam ich wieder direkt hoch, um die Leiche zu bewachen, bis Hilfe eintraf. Fünf Minuten später

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