Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
erste Mal gesehen. Aber Sir! Sie werden doch sicher ihren Ruf kennen! In den Kreisen, in denen ich mich bewege - das kann ich Ihnen versichern, Commander -, wird Dame Beatrice nicht in Ehren gehalten …«
Sie kam allmählich in Fahrt, und Joe wollte unbedingt noch mehr hören, aber plötzlich hielt sie in ihrer Attacke auf den Charakter der Verstorbenen inne. »Das ist jedoch kaum der Ort, um Klatsch zu verbreiten. Man sollte über Tote auch nichts Schlechtes sagen … Ach, um Himmels willen! Was sage ich denn da? Sie sollten es erfahren, Sir, und unter diesen Umständen werden es Ihnen nicht viele sagen wollen … die Frau war ein Monster! Verkommen, verderbt, viehisch …«
»Gehen Ihnen die Adjektive mit ›v‹ aus, Westhorpe?«, fragte Joe bestürzt. Er versuchte, den Stachel aus ihren Anmerkungen zu ziehen. Fast frevlerisch zu nennende Anmerkungen, dachte er, wenn sie mit einer solchen Vehemenz über die auskühlende Leiche hinweg vorgebracht wurden. »Was ist mit … äh … ihrem Ordenstitel? Liebling der Marine? Doyenne der Londoner Gesellschaft?«
»Ich versuche nur zu helfen, Sir«, erklärte sie verhalten. »Sie sind nicht verpflichtet, meinen Informationen Gewicht beizumessen, aber wenn Sie an den richtigen Stellen nachforschen, werden Sie andere Einschätzungen des Charakters und der Gewohnheiten von Dame Beatrice erfahren als jene, die Sie in den Nachrufen nächste Woche lesen können. Doch jetzt gibt es Arbeit zu tun - Arbeit, die ich scharfsinnig und effizient erledigen kann, wie Sie feststellen werden.«
Sie schlug nicht mit den Hacken, auch wenn Joe das beinahe erwartet hätte.
»Na gut, belassen wir es dabei. Ich bin mit Ihrer Erklärung allerdings noch nicht zufrieden und werde noch einmal darauf zurückkommen. Ich muss ganz genau wissen, warum Sie zu so unchristlicher Zeit in diesem Zimmer waren, um jemand zu sprechen, den Sie nach eigener Aussage gar nicht kannten. Jetzt müssen wir aber ihre nächsten Angehörigen verständigen.«
»Ich könnte es Ihnen sagen, aber vielleicht möchten Sie die Einzelheiten lieber ihrem Adressbuch entnehmen, das im Schlafzimmer liegt. Sie lebt mit ihrer Mutter in Surrey. Natürlich nicht verheiratet.«
Auf ein Nicken von Joe hin ging Westhorpe ins Schlafzimmer und kehrte mit einem kleinen, schwarzen Buch zurück. »Hier bitte … Mrs. Augustus Jagow-Joliffe, King’s Hangar, in der Nähe von Godalming. Hier steht auch eine Telefonnummer. Dame Beatrice hat eine eigene Wohnung, glaube ich … ja … hier ist die Adresse: Fitzroy Gardens.«
Sie reichte Joe das Notizbuch, und er steckte es in seine Jackentasche.
»Wo soll ich anfangen, Sir? Soll ich eine Skizze des Tatorts anfertigen?«
»Nicht so schnell, Westhorpe. Das ist eine Aufgabe für den Inspektor, den man uns zur Verfügung stellen wird. Sie können mit ihren persönlichen Sachen anfangen. Erstellen Sie eine Art Inventarliste.«
Westhorpe brachte es gerade noch fertig, nicht ungläubig mit den Augen zu rollen. »Sehr wohl. Ich fange im Schlafzimmer an, denn dort befindet sich der Großteil ihrer Sachen, und räume das Feld für einen vorgesetzten Beamten.«
Joe öffnete seine Tasche und zog ein Notizbuch und einen Stift heraus. »Hier, nehmen Sie das.« Er stand auf der Schwelle und sah zu, wie sie sich an die Inspektion machte. Er hatte erwartet, dass sie zuerst zum Kleiderschrank oder zu der Kommode mit den Schubladen gehen würde, aber sie blieb neben ihm stehen und betrachtete das Zimmer.
»Das Bett ist aufgeschlagen, also war ein Angehöriger der Hotelbelegschaft heute Abend im Zimmer, obwohl das wahrscheinlich lange vor der Zeit war, an der wir interessiert sind. Für gewöhnlich kommen sie gegen 21 Uhr … allerdings habe ich im Flur ein Zimmermädchen mit einem dieser kleinen Rollwagen gesehen, auf denen Bettwäsche und Handtücher und diese Sachen liegen, als ich das erste Mal hochgekommen bin.« Sie wirkte nachdenklich.
»Tatsächlich? Kam sie aus Richtung des Zimmers oder entfernte sie sich davon?«
»Schwer zu sagen. Sie befand sich am anderen Ende des Flures. Sie ging weg, würde ich sagen. Als ich wieder herauskam, war sie jedenfalls nicht mehr zu sehen. Wäre sie da gewesen, hätte ich sie mit einer Nachricht nach unten geschickt.«
Sie schlug das Notizbuch auf einer leeren Seite auf. »Ich fange mit dem an, was sie trägt, in Ordnung? Abendkleid. Den interessanten Zustand des Kleides überlasse ich anderen. Keine Handschuhe, wie Sie sehen, Sir. Die liegen dort auf dem
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