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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Geschmuse zu unterbrechen. Schließlich setzte Regina Berg das Kätzchen wieder auf das Fensterbrett, und das Tier sprang den halben Meter zum Flachdach hinunter.
    Regina Berg schloß das Fenster und starrte hinaus. Vielleicht sah sie der Katze nach.
    Ein Telefon klingelte. Es war eine merkwürdige elektronische Melodie.
    »Entschuldigung«, sagte sie und zog ein Handy aus der Tasche. Sie meldete sich mit »Hallo« und hörte eine Weile einer Stimme zu, die ich zwar hören, aber nicht verstehen konnte. Sie klang aufgeregt. Instinktiv versuchte ich herauszufinden, ob der Anrufer ein Mann oder eine Frau war. Es gelang mir nicht. Schließlich sagte sie »Okay« und beendete das Gespräch.
    »Sie haben recht«, sagte sie, als sie das Handy wieder in ihrem Mantel verstaut hatte.
    »Womit?«
    »Ich sollte noch einmal darüber nachdenken, ob und wie Sie mir helfen können. Und bis dahin …«
    »Bis dahin?«
    »Helfe ich mir selbst.« Sie lächelte gequält.
    »Wenn Sie das können, um so besser. Wenn nicht - sagen Sie lieber, was Sie auf dem Herzen haben.« Wieder versuchte ich eine gewinnende Miene, wieder nahm die Frau es nicht zur Kenntnis. Sie schien gehen zu wollen.
    »Ich weiß es ja selbst nicht. Ich weiß aber jetzt, wie ich mir helfen kann«, bekräftigte sie.
    »Kommen Sie wieder?« fragte ich.
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Kostet dieses Gespräch etwas? Ich meine - bin ich Ihnen etwas schuldig?«
    »Nein, nein«, sagte ich, während mir klar wurde, daß mir gerade ein Auftrag durch die Lappen ging.
    »Ich habe vielleicht eine kleine Entschädigung für Sie. Mögen Sie Musik?« Sie legte ein längliches Blatt kartoniertes Papier auf den Tisch. Es war eine Eintrittskarte für ein Konzert, das am nächsten Tag stattfand. Die Ärmel ihres Mantels rutschten zurück, und ich sah zum ersten Mal eines ihrer Handgelenke. Was ich erkannte, überraschte mich nicht.
    Sie trat hinaus auf den kleinen Gang, der zur Wohnungstür führte.
    »Auf Wiedersehen, Herr Rott.«
    »Auf Wiedersehen. Vielen Dank für die Karte. Gehen Sie auch dorthin?«
    »Ja. Versprechen Sie mir etwas?«
    »Was?« fragte ich.
    »Kümmern Sie sich um das Kätzchen.«
    »Meinen Sie wirklich …«, begann ich, aber sie ließ mich nicht ausreden.
    »Versprechen Sie es!« Sie blickte mich mit ihren grünen Augen direkt an.
    »Ich verspreche es«, sagte ich.
    Sekunden später war sie durch die Tür. Ich hörte nur noch das Echo ihrer Schritte im Treppenhaus, das schnell verstummte.
    Ich sah auf den Block, der vor mir lag. Da stand: »Regina Berg - überwachen - hat Angst.« Ich riß das Blatt ab, zerknüllte es und verfehlte den Papierkorb nur um eine Handbreit. Dann dachte ich an die hellen Striche, die ich auf Regina Bergs linkem Handgelenk bemerkt hatte. Es waren Narben.

2. Kapitel
    »Wir schaffen die Zugmaschine schleunigst von der Straße und versuchen den Mann durch die Windschutzscheibe rauszuziehen … Sei ehrlich, Kelly, wie findest du mein Kleid? … Wir nehmen lieber kein Öl, wir haben ja genügend Soße… Und warum glaubst du, daß du ein Messer mit in die Schule nehmen mußt? … Wir machen Hackfleisch aus euch, ruft die Roboter … Auch naß hält es, und trocken fusselt’s nicht… Wählen Sie nullhundertachtzig, fünfundfünfzig… Es gibt eine neue Definition von Haarpflege … Ich finde das eben einfach zum Kotzen, Mann … Alarm! Er versucht, mit dem Ultrabeamlaser den Erdkern anzubohren!… Sharon! Es ist nur zu deinem besten. Hast du mich verstanden? … Pasta würzen statt salzen…«
    Ich drückte auf den roten Knopf der Fernbedienung. Schlagartig war es still im Zimmer.
    Seit Regina Berg meine Wohnung verlassen hatte, ging mir das Gespräch mit ihr nicht aus dem Kopf. Da nützte auch das ewige Fernsehen nichts. Was mich wurmte, war die Tatsache, daß ich eine offenbar wohlhabende Klientin verloren hatte. Warum eigentlich? Was hatte ich falsch gemacht? Wie hätte ich die Frau dazu bringen können, mir voll und ganz zu vertrauen und mich zu beauftragen? Außerdem war es diese Regina Berg selbst, die mir nicht aus dem Kopf ging. Eine solche Ausstrahlung von Hilflosigkeit hatte ich noch nie erlebt. Man hörte immer wieder von Frauen, die allein mit ihrem Schutzbedürfnis Männer faszinieren. Regina Berg war der Prototyp dieses Phänomens.
    Und nun stellte sich für mich die Frage: Wie kam ich an den Auftrag, den es da ganz sicher zu holen gab, heran? Sollte ich wirklich in dieses Konzert gehen? Was würde sich dann hinsichtlich

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