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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Zeit saß ich in meinem einigermaßen repräsentativen Büro hinter dem Schreibtisch und versuchte, mich auf die Rolle des kenntnisreichen und gewandten Detektivs vorzubereiten. In diesem Moment kam etwas durch das immer noch geöffnete Fenster, sprang auf den Teppich und gab ein freundliches »Miau« von sich.
    Die Katze hatte eine eigenartige Farbe: Sie war schwarz, aber ihr Fell besaß eine Art Tigermuster in einem warmen, sandartigen Braunton. An einigen Stellen war das Braun zu unregelmäßigen Flächen zusammengelaufen. Auf ihrer Nase saß ein hellbrauner Strich, so daß ihr Gesicht ein bißchen aussah wie das eines Strichmännchens.
    »Was willst du denn hier?« fragte ich - offenbar auf die Intelligenz und Sprachfähigkeit von Katzen so sehr vertrauend, daß ich glaubte, sie würde ihr Mäulchen öffnen und es mir sagen. Vor meinem Fenster gab es ein Flachdach, dahinter war eine riesige Tanne. Darüber mußte das Tier heraufgekommen sein.
    »Ich kann dich jetzt hier nicht gebrauchen. Ich kriege gleich Besuch«, erklärte ich.
    Das schien die Katze eigenartigerweise zu freuen. Sie antwortete tatsächlich - mit einem kurzen Maunzen. Dann warf sie sich auf den Rücken und wälzte sich auf dem Teppichboden. Dabei schnurrte sie so laut, daß es klang, als habe jemand einen Rasierapparat angestellt.
    Ich kam hinter dem Schreibtisch hervor. Schlagartig war die Katze wieder auf den Beinen, duckte sich und musterte mich ängstlich mit großen Augen.
    In diesem Augenblick klingelte es. Die Katze legte die Ohren an und sprang aufs Fensterbrett. Sie drehte sich noch einmal kurz um, ließ ein »Miau« zum Abschied ertönen und verschwand.
    *
    »Schöne Aussicht haben Sie hier.«
    Die Frau stand am Fenster und blickte zu den Betontürmen der Bergischen Universität. Ihre Umrisse erinnerten an eine Ritterburg, die schwarz und bedrohlich auf der anderen Seite der Wupper auf dem Berg zu thronen schien. Ich hatte die Aussicht noch nie schön gefunden. Immerhin durchzog feiner Parfümduft mein Büro, den meine Besucherin mitgebracht hatte, und so war ich zu allgemeinen geschmacklichen Kompromissen bereit.
    »Es geht«, sagte ich und drehte mich auf dem Bürostuhl ein wenig zu ihr. »Möchten Sie sich nicht vielleicht doch setzen?«
    Es machte mich nervös, daß sie einfach so dastand. Sie wirkte unentschlossen und gleichzeitig aufgewühlt. Jetzt nahm sie plötzlich den Fenstergriff in die Hand. Eine Sekunde lang hatte ich die merkwürdige Idee, sie würde das Fenster öffnen (ich hatte es im Hinblick auf gewisse ungebetene Gäste wieder geschlossen) und sich hinunterstürzen. Doch der Eindruck täuschte. Sie hatte wohl nur Halt gesucht.
    Es war zum Verzweifeln. Seit genau achtzehn Minuten war die Frau in meinem Büro. Sie hatte beim Handschütteln ihren Namen gemurmelt und dann gefragt, ob ich wirklich Privatdetektiv sei. Ich hatte ihr erst einen Stuhl und dann einen Kaffee angeboten, und sie hatte beides abgelehnt - zum Glück, denn erst danach war mir wieder eingefallen, wie es um meine Kaffeevorräte bestellt war. Auf die Frage, was ich für sie tun könne, hatte sie geantwortet, das sei eine komplizierte Sache, und sie müsse sich erst überlegen, wo sie anfangen solle. Außerdem sei sie sich nicht ganz im klaren darüber, ob ich ihr wirklich helfen könne. Dann hatte es ein ziemlich langes Schweigen gegeben, in dessen Verlauf sie das Bücherregal zu studieren begann. Sie hatte ihren Blick von dem Regal abgewandt und sich auf das Fenster konzentriert.
    Und da stand sie nun.
    Wie eine Schlafwandlerin, die nicht weiß, wie sie ins Bett zurückfindet, dachte ich.
    »Entschuldigen Sie, könnten Sie mir noch mal Ihren Namen sagen?«
    Sie drehte sich um und zeigte ihr blasses Gesicht. »Berg. Regina Berg.«
    Um wenigstens ein bißchen professionelle Dynamik aufkommen zu lassen, nahm ich demonstrativ einen Schreibblock und einen Stift aus der Schublade, legte ihn auf den ansonsten leeren Schreibtisch und notierte den Namen.
    »Sind Sie hier aus Wuppertal?« Ich bemühte mich, eine konzentrierte Miene aufzusetzen.
    Die Frau hatte sich wieder dem Fenster zugewandt. Sie mußte jünger sein, als ich auf den ersten Blick geschätzt hatte. Sie wirkte fast wie eine Schülerin der obersten Gymnasialklasse, eine Tochter aus gutem Hause. Ihre Kleidung verriet einen gewissen Luxus: eleganter beigefarbener Regenmantel, darunter eine helle Bluse, eine schwarze Stoffhose und schwarze Wildlederschuhe. Das Haar war auffallend hellblond und wurde

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