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Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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gemeinsame Freunde, Erinnerungen an Asienreisen und den Buddhismus austauschten. Sie zeugten zwar von einer herzlichen Verbundenheit, doch gab es wenig Persönliches darin   – bis auf den letzten Brief, den Dr.   Strauss von Dahlke erhalten hatte. Er war zwei Wochen vor ihrem Tod geschrieben worden.
     
     
Meine liebe Henriette,
 
Sie drücken sich sehr vage aus. Das macht es nicht
leicht, Ihnen zu helfen. Ihre Ausführungen klingen sehr theoretisch, eher wie ein philosophisches Spiel als wie die Sorgen echter Menschen. Daher kann ich Ihnen auch keinen einfachen Rat geben.
Lassen Sie mich als Buddhist antworten: Sie müssen
das Leben voll und ganz annehmen, mit all seinen guten und schlechten Seiten. Es ist nie zu spät, um etwas gutzumachen, das in der Vergangenheit wurzelt und in der Gegenwart Leid verursacht. Suchen Sie nach einem Weg, um dieses Leiden zu beenden, doch welchen Weg Sie einschlagen sollen, können Sie nur selbst erkennen. Hören Sie auf Ihr Herz, es wird Ihnen den rechten Pfad weisen. Meditieren Sie darüber, und horchen Sie in sich hinein.
Und vergessen Sie nicht   – bisweilen kann die Unwahrheit gnädiger sein als die Wahrheit, die Güte kostbarer als Aufrichtigkeit um jeden Preis.
 
In tiefer Verbundenheit,
 
Ihr Dahlke
     
     
    Sonnenschein rieb sich in einer spontanen Geste die Hände. Also hatte Henriette Strauss kurz vor ihrem Tod etwas auf der Seele gelegen. Hatte sie Dahlke von den Versuchen imKrankenhaus berichtet und um Rat gebeten, wie sie sich verhalten sollte? Oder hatte es mit den Zeilen zu tun, die sie in ihrer Wohnung gefunden hatten und die von einem Menschen stammten, der sehnsüchtig auf Nachricht von ihr gewartet hatte?
    Was immer ihre Sorge gewesen sein mochte, bei diesem Mann hatte sie Rat gesucht. Sonnenschein konnte es kaum erwarten, Leo Wechsler den Brief zu zeigen.
     
    Die Bremer Straße glich der Emdener Straße   – große Mietshäuser, in vielen davon Ladenlokale und kleine Gewerbebetriebe im Hinterhof. Das Haus, in dem Willumeits eine Wohnung im Seitenflügel bewohnten, lag gegenüber der Arminius-Markthalle, die um diese Zeit längst ihre Tore geschlossen hatte. Leo zögerte kurz, bevor er die Durchfahrt betrat. Er fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut, immerhin hatte die Familie gerade ein Kind verloren. Andererseits konnte er nicht einfach darüber hinwegsehen, dass der Junge in eben dem Krankenhaus gewesen war, in dem Henriette Strauss gearbeitet hatte.
    Rasch ging er auf den Hof und betrachtete die Namen auf dem Stummen Portier. Zweiter Stock im linken Seitenflügel. Das Haus wirkte ärmlich, aber halbwegs gepflegt. Er stieg die Treppe hinauf, wo er einer älteren Frau begegnete.
    »Entschuldigen Sie, wo wohnt bitte Familie Willumeit?«
    »Letzte Tür links.« Sie musterte ihn. »So spät wollen Sie da noch hin?«
    »Ich möchte kondolieren«, sagte er förmlich. »Mein Sohn war mit Hans in einer Klasse.«
    Sie zog die Nase hoch und schüttelte den Kopf. »Schlimm, ganz schlimm, wenn die Jungen vor den Alten sterben. So sollte es nicht sein   …« Ihr versagte die Stimme, und sie schüttelte wieder den Kopf, bevor sie wortlos weiterging.
    Vor der Tür nahm Leo den Hut ab und klopfte. Zuerstwar es still, dann erklangen schwere Schritte. Ein gedrungener Mann in Hemd und Weste öffnete ihm die Tür. »Ja?«, fragte er kurz.
    Leo stellte sich vor. »Ich möchte Ihnen mein Beileid aussprechen, Herr Willumeit.«
    »Danke. Sonst noch etwas?« Hinter dem Mann erschien eine Frau mit schmalem Gesicht und verweinten Augen, die den späten Besucher fragend ansah.
    »Dürfte ich kurz hereinkommen?«
    »Wer sind Sie denn?«, fragte sie.
    »Leo Wechsler. Mein Sohn Georg war bei Hans in der Klasse.«
    Die Frau atmete tief durch und stieß ihren Mann vorsichtig an. »Lass ihn doch herein, Franz. Es ist nett, dass er sich herbemüht hat.«
    Der Mann wich gerade so weit beiseite, dass Leo in den Flur treten konnte. Der Grundriss war typisch für die Seitenflügel   – ein langer, schmaler Flur, von dem die Türen abgingen. Es war schwierig, diese Wohnungen zu lüften, da sie nur auf einer Seite Fenster besaßen, und auch hier hing ein muffiger Geruch in der Luft.
    »Ihr Georg war heute hier«, sagte Frau Willumeit mit leiser Stimme. »Ein guter Junge.«
    Sie führte ihn in die Stube, wo tatsächlich der Sarg stand.
    »Er wird morgen abgeholt«, sagte der Mann tonlos.
    Leo war froh, dass der Deckel geschlossen war. Im Laufe der Jahre hatte er sich an den

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