Die Toten Vom Karst
Als Sie heute hinter Gubian her waren und vor sich hin schimpften, erinnerte ich mich an Ihre Stimme. Die Telefongesellschaft wird es bestätigen. Ich habe keinen Zweifel.«
»Und was beweist das, außer daß ich Sie angerufen habe?«
»Für mich genug, für den Haftrichter erst recht. Der Rest wird sich vor Gericht ergeben. Das kann dauern, wie Sie wissen. Mir ist das egal.« Laurenti winkte den beiden Polizisten. »Bringt sie endlich weg!«
Mario empörte sich zwar nicht, aber er stritt alles ab. Er sagte, er habe kein Messer dabeigehabt. Er wisse auch nicht, wie es in seine Hand gekommen sei. Es sei tatsächlich Nicoletta gewesen, die ihn schachmatt gesetzt habe. Sie sei kurz nach ihm in die Wohnung gekommen und habe nicht lange gefragt, sondern sofort zugeschlagen, bevor er sich wehren konnte. Dabei wollte er doch nur Bruna zu Hilfe kommen.
Laurenti bat Sgubin, das Verhör fortzusetzen. Diese Fischer raubten ihm den letzten Nerv. Dagegen war sogar Nicoletta eine Freude. Er wartete ungeduldig auf das Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung Gubians. Zweimal hatte er Galvano schon angerufen. Außer dem Vorwurf, zu ungeduldig zu sein, war nichts aus dem Alten herauszubringen.
Laurenti setzte sich zu Marietta ins Vorzimmer und steckte sich eine Zigarette an. Sie schien nicht besonders erfreut über seine Gesellschaft und tippte ohne aufzuschauen weiter.
»Sag mal«, sagte er plötzlich, »hattest du nicht eine Flasche Jack Daniels in deinem Schreibtisch?«
»Wer will das wissen?«
»Ich. Hör endlich auf zu schmollen! Ich reiße mir hier den Arsch auf und werde auch noch schlecht behandelt. Sei nicht so grausam.«
»Du nervst, Proteo. Ganz gewaltig sogar! Aber wenn du abwartest, bis ich die Sicherstellungspapiere für Marios Wagen fertig habe, dann überlege ich es mir vielleicht noch einmal. Außerdem verqualmst du mir das Zimmer.«
»Vergiß es!« Laurenti stand auf. »Dann gehe ich eben kurz in die Bar da drüben.«
»Die ist nur tagsüber geöffnet.«
»Dann gehe ich eben ins ›San Marco‹.«
»Und wer macht hier weiter?«
»Ihr!«
»Na gut.« Marietta öffnete die Schreibtischschublade und zog eine halbvolle Flasche Jack Daniels heraus. »Hier!« Sie knallte sie auf den Tisch. »Gläser habe ich nicht. Nimm die Kaffeetassen, dann fällt es niemandem auf. Für mich übrigens auch einen!«
Laurenti schenkte ein und stellte ihr die Tasse hin.
»Was für einen Wagen hat Mario?«
»Mitsubishi. Baujahr 1989.«
»Und warum sagst du mir das jetzt erst?«
»Geht das schon wieder los? Geh, fick dich ins Knie, Laurenti. Immer sind es die anderen.«
»Wo steht die Kiste?«
»Wo wohl? Bei der Spurensicherung natürlich.«
»Ruf mir einen Wagen! Ich muß die Karre sofort sehen!«
Laurenti schlug die Bürotür hinter sich zu, bevor Marietta noch fragen konnte, wann er zurück sei. Er rannte die Treppe hinab und wartete ungeduldig auf den Streifenwagen.
Galvano rief erst kurz vor zwanzig Uhr an und bestätigte, daß Gubian zuerst niedergeschlagen wurde.
»Die Stichwunde wurde ihm später versetzt, als er schon auf dem Boden lag. Das Messer wurde ihm auf keinen Fall im Stehen in den Rücken gerammt. Der Einstich erfolgte fast senkrecht, das Gewebe von Jacke und Hemd sind neben der Klinge kaum versehrt. Das ist unmöglich, wenn jemand auf den Beinen steht. Dann erfolgt der Stich grundsätzlich schräg, ob von oben oder von unten. Ich glaube auch nicht, daß dieser Mario es war.«
»Was heißt das?« fragte Laurenti.
»Gubian sollte dran glauben, aber es blieb nicht genug Zeit. Ein Kerl wie dieser Mario hätte trotz seines Suffs das Messer tiefer gestoßen. Also war es jemand anderes, der ihm die Sache in die Schuhe schieben wollte. Und wer wohl? Vermutlich Nicoletta, deine neue Flamme. Und noch was, Laurenti: ich gehe jetzt mit Živa Ravno Abendessen und hoffe sehr, daß du noch ziemlich lange zu tun hast.«
Bevor Laurenti seinem Ärger Luft machen konnte, hatte Galvano aufgelegt. Das Telefon klingelte gleich wieder, kaum daß er aufgelegt hatte. Man gab ihm das Ergebnis der Spurvermessung von Marios Wagen durch und des Vergleichs der Bereifung mit den Abdrücken im Schnee vor der Foiba. Mario war erledigt. Zuerst fing er langsam damit an auszupacken, hoffte noch immer, einen Ausweg zu finden. Doch plötzlich redete er wie ein Wasserfall und achtete nicht mehr darauf, was um ihn herum geschah.
Marios Befreiung
Am Dienstag abend sollte Ugo Marasi um zwanzig Uhr zum Abendessen zu
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