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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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eindeutig von einem Einbruch stammten. Ein übler Gestank hatte sich in diesem Hausflur festgesetzt, als wäre er jahrelang nicht gelüftet worden. Im zweiten Stock sah er das Namensschild, das er suchte: Marasi. Antonio Gubian spürte plötzlich, wie aufgeregt er war. Er zitterte am ganzen Leib, und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Noch einmal ließ er den Plan vor sich ablaufen, bevor er den Zeigefinger ausstreckte um den Klingelknopf zu drücken. In diesem Moment wurde die Tür geöffnet.
     
    Als Mario aus Brunas Schlafzimmer zurück in den Flur kam, hörte er Schritte in der oberen Wohnung. Dort war sie also. Dann würde er dort mit ihr reden. Er ging erst hinaus, als er sicher sein konnte, daß der Mann im Treppenhaus bereits nach oben gegangen war. Mit angehaltenem Atem zog er die Tür hinter sich ins Schloß und wischte den Griff mit dem Ärmel ab. Doch dann hörte er von oben ein Geräusch wie einen erstickten Schrei. Was war das? Er lief so schnell er konnte die Treppe hinauf und sah gerade noch, wie die Tür zu Marasis Wohnung zufiel. War das nun Bruna gewesen? Oder war es der Schatten eines Mannes? Schwer atmend stand er auf dem Treppenabsatz, bis er, einer Eingebung folgend, den Schraubenzieher noch einmal ansetzte. Die Tür sprang auf, und Mario reagierte sofort. Vor ihm stand Gubian, den er von den nächtlichen Begegnungen auf dem Meer kannte. Er hielt der sich in seinem Griff windenden Bruna den Mund zu. Die Frau versuchte sich zu befreien, aber der Alte war zu stark für sie. Mario stürzte sich auf ihn, riß ihm den Kopf an beiden Ohren zurück und rammte ihm gleichzeitig das Knie in die Wirbelsäule. Dann folgte ein schwerer Haken an die Schläfe. Nur ein leiser Seufzer war zu hören, so als zischte Luft aus einem Ballon, als Gubian zu Boden ging. Bruna stand mit offenem Mund und starrem Blick vor Mario, als wäre sie gelähmt.
    »Bruna«, sagte Mario. »Warum …«
    Weiter kam er nicht. Er fiel wie ein Sack Mehl in sich zusammen und kam mit einem Röcheln neben Gubian zu liegen. Er hatte nicht einmal mitbekommen, von wem der Schlag ins Genick kam, der ihn zu Fall brachte.
     
    Laurenti hatte Nicoletta gut im Blick. Sie war gerade in die Via Stuparich eingebogen, und es waren nur noch ein paar Schritte bis zu ihrem Ziel, dem Haus, in dem ihre Mutter wohnte. Gubian sah er nicht mehr. Nun blieb Nicoletta stehen und wandte sich um. Laurenti rettete sich in einen Hauseingang. Als er um die Ecke spähte, war Nicoletta verschwunden. Die Zivilbeamten machten ihm ein Zeichen, daß sie ins Haus gegangen war. Er winkte sie zu sich herüber, und auch Sgubin stand plötzlich da.
    »Los!« brüllte Proteo Laurenti. »Schlagt die Tür ein!«
    Doch bevor sie in Scherben lag, kam der Grieche aus der Bar nebenan zurück, und nuschelte: »Was ist passiert?«
    »Schließen Sie auf, schnell!«
    Umständlich zog Ritsos den Schlüssel aus der Tasche, Laurenti riß ihn ihm aus der Hand. Sie rannten die wenigen Treppen hoch zu Brunas Wohnung. Die billige Holztüre flog durch einen gut plazierten Tritt Sgubins aus den Angeln.
    Die beiden Zivilbeamten stürmten mit gezogenen Waffen in die übelriechende Wohnung und fielen beinahe über die wild fauchenden Katzen, die ihnen entgegenschossen und sich in Panik einen Weg hinaus suchten. Nichts! Bruna war nicht in der Wohnung, kein Mörder war zu sehen, nichts. Nur Müll und Gestank!
    »Eins höher«, rief Laurenti, als sie auch schon aus dem oberen Stock einen dumpfen Schlag vernahmen.
    Sgubin rannte allen voran die Treppe hinauf und schubste den angetrunkenen Griechen grob zur Seite. Noch auf der Treppe kam ihnen stammelnd und mit weit aufgerissenen Augen Bruna entgegen und zitterte am ganzen Leib. »Da, da«, murmelte sie verstört und zeigte auf die nur angelehnte Wohnungstür.
    Sie verständigten sich mit Handzeichen und sicherten den Flur.
    »Nicoletta Marasi, Antonio Gubian! Kommen Sie heraus«, rief Laurenti. »Wir wissen, daß Sie in der Wohnung sind!«
    Keine Antwort, kein Geräusch. Man hätte eine Nadel zu Boden fallen hören können, wenn nicht der Grieche hinter ihnen andauernd den Rotz in der Nase hochgezogen hätte.
    Laurenti gab ein Zeichen. Einer der beiden Zivilbeamten sprang mit der Waffe im Anschlag gegen die nur angelehnte Tür. Er kam nicht weit. In dem engen Flur lagen drei Personen reglos auf dem Boden: Gubian, Mario und Nicoletta.
    Gubian lag auf dem Bauch, und in seinem Rücken steckte ein Messer. Mario hielt es noch in der Hand. Nicoletta lag daneben

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