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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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knüllte sie zusammen und warf sie in Richtung der Tiere, die aber ungerührt und mit mißtrauischem Blick sitzen blieben.
    »Nehmen Sie Platz!« Ritsos wies auf das Sofa, zog einen Stuhl aus einer Ecke herbei und setzte sich ihnen gegenüber vor einen überdimensionierten Fernsehapparat, auf dessen Schirm ein bunter Zeichentrickfilm flimmerte. Der Ton war abgeschaltet.
    »Scheußliche Sache gestern abend«, sagte Ritsos.
    »Sind Sie öfters im ›Bellavia‹?« fragte Sgubin.
    »Manchmal. Unregelmäßig.«
    »Was zieht Sie an der Bar so an?«
    »Sie ist nah und sie hat vierundzwanzig Stunden am Tag geöffnet.«
    »Kennen Sie andere Gäste?«
    »Wenige. Ein paar schon. Aber nicht gut.«
    »Wie würden Sie jemandem, der die Bar nicht kennt, die Gäste dort beschreiben?«
    »Verrückte, Einsame, Trinker, Nachtschwärmer, junge Faschisten, Intellektuelle. Nichts Besonderes.«
    »Es gibt dort ständig Schlägereien, Signor Ritsos. Haben Sie keine Angst?«
    »Ach was, das machen die Jungs unter sich aus. Das sind keine schlechten Kerle. Sie tun den anderen Gästen nichts. Sie bekämpfen die Langeweile halt auf ihre Weise. Politische Wirrköpfe. Das legt sich mit dem Alter.«
    »Was sind Sie von Beruf?« fragte Laurenti dazwischen. Bisher hatte nur Sgubin gesprochen.
    »Ingenieur. Schiffsbauingenieur, genauer gesagt. Ich arbeite in Monfalcone bei Fincantieri.« Das war eine der großen Werften, wo Kreuzfahrtschiffe gebaut wurden, angeblich die größten, die es gab, wenn man dem ›Piccolo‹ glauben durfte. Jeder neueingegangene Auftrag und jeder Stapellauf wurde mit ganzseitigen Berichten bejubelt.
    »Sie sind Grieche?«
    »Ja.«
    »Seit wann leben Sie in Triest?«
    »Seit fünfundzwanzig Jahren. Ich bin damals mit einem Handelsschiff gekommen und habe meine erste Frau hier kennengelernt. So bin ich hier hängengeblieben. Man lebt gut in Triest, wenn nicht gerade Bora nera ist.« Alle drei blickten wie zur Bestätigung zum Fenster.
    »Können Sie uns erzählen, was gestern abend geschah?« Sgubin nahm sein Verhör wieder auf.
    »Ehrlich gesagt, habe ich nicht viel davon mitgekriegt. Keine Ahnung wie das anfing. Die Bar war gedrängt voll. Wie üblich sangen sie zwischendurch ihre Lieder und tranken darauf. Dann war wieder Ruhe. Plötzlich, so kurz nach ein Uhr, begann ein Riesengeschrei. Das Blut spritzte bis zu uns herüber. Und dann kam ja schon die Polizei. Mehr habe ich nicht gesehen, ich stand Gott sei Dank nicht daneben.«
    »Sie haben also nichts gesehen?«
    »Nein. Wir standen weiter hinten. Und es war zu laut, um irgend etwas zu hören.«
    »Wir?«
    »Ja, meine Verlobte und ich.«
    »Kennen Sie einen von den Kerlen?« fragte Sgubin.
    »Von denen? Nein. Nur vom Sehen.«
    »Und Sie selbst sind nie angerempelt worden?«
    »Nein. Das sind einfach gelangweilte Jungs, die nichts zu tun haben.«
    »Gelangweilt und gefährlich, nicht nur wenn sie besoffen sind. Sie vertreten extreme politische Positionen. Und Sie als Ausländer, Signor Ritsos …«
    Der Grieche winkte ab, noch bevor Sgubin den Satz beenden konnte. »Die interessieren sich nicht für Politik. Und sie sind auch keine üblen Kerle. Die haben nur was gegen Ausländer, die hier abzocken wollen. Gegen mich haben die nichts!«
    Die Tür ging auf, und eine kleine, unglaublich dicke Frau von etwa Mitte Vierzig kam in einem geblümten Morgenmantel herein, der bei jedem Blick zu zerreißen drohte.
    »Who are these men, Perikles?« fragte sie mit Quietschstimme.
    »Policemen, darling. Asking about last night. We have seen nothing, haven’t we?«
    »I don’t think so!« Die Dicke schüttelte den Kopf. Sie zog den Bademantel noch enger zusammen, hob ihre Strumpfhose auf und schlug mit ihr nach den Katzen. Dann ließ sie ein meckerndes Kichern hören und ging durch die andere Tür hinaus. Laurenti wunderte sich, daß sie durchkam, ohne den Türrahmen zu streifen.
    »Meine ›fidanzata‹«, erklärte Ritsos. »Sie ist Australierin. Arbeitet im Konsulat.«
    »Wir wollen nicht weiter stören, Signor Ritsos.« Laurenti war schon aufgestanden. Hier war seiner Meinung nach nichts zu erfahren, was sie weiter bringen konnte. »Wenn wir noch Fragen haben, melden wir uns.« Er wollte lieber hinaus in den Schnee, als noch länger in dieser Tristesse zu verweilen.
    Sgubin dagegen erhob sich widerwillig. Er hätte gerne noch ein paar Fragen gestellt, folgte aber mißmutig seinem Chef.
    »Tut mir leid, Sgubin«, sagte Laurenti im Treppenhaus, nachdem die Wohnungstür hinter

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