Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
waren. Als ich am Dienstagmorgen im Verlag eintraf, waren sie jedoch gut vorbereitet, und Celia Richards und Conrad spielten mir eine hübsche kleine Komödie vor – Celia in der Rolle als Sekretärin, Conrad als Charles. Zusätzlich kompliziert wurde das Ganze noch dadurch, daß Mrs Richards irgendwann aus ihrer Rolle ausstieg und mir gestand, daß sie mich getäuscht hätten. So erzeugten sie bei mir den Eindruck – ohne daß ich mir darüber Rechenschaft ablegte –, daß das übrige, was ich gesehen und gehört hatte, authentisch sei. Einen Punkt allerdings gab es, der mir später half, die Wahrheit herauszufinden. Am Ende unseres Gesprächs bat Mrs Richards nämlich mich um eine Zigarette; wenn der Mann neben ihr wirklich Charles Richards gewesen wäre, hätte sie das nicht nötig gehabt – Charles ist ein starker Raucher und hat garantiert immer Zigaretten dabei. Aber das erfuhr ich erst später. Die drei müssen sich, nachdem sie mich so erfolgreich getäuscht hatten, ziemlich sicher gefühlt haben, auch bei möglichen weiteren Nachforschungen ihre Fassade aufrechterhalten zu können.
    Am nächsten Tag hätten wir mit etwas Glück das Vertauschungsspiel der beiden Brüder durchschauen können; ich entschloß mich nämlich zu einem Überraschungsbesuch bei Conrad Richards. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon ein Gefühl, daß er vielleicht von seinem Bruder in die Jackson-Sache mit hineingezogen worden war. Ich hielt es für möglich, daß er derjenige gewesen war, der Jackson am Freitagabend aufgesucht hatte. Aber dummerweise ließ ich Lewis allein zu ihm gehen. Da Lewis Conrad nie als Charles erlebt hatte, ging die Sache glatt über die Bühne. Lewis nahm seine Fingerabdrücke; aber natürlich fiel der Vergleich mit den Abdrücken, die wir aus Jacksons Schlafzimmer hatten, negativ aus, weil eben Charles und nicht Conrad am Freitagabend in Canal Reach Nr. 10 gewesen war. Als Lewis von seinem Besuch bei Conrad Richards zurückkam, schilderte er mir seinen Eindruck von ihm: er hatte ihn als einen freundlichen und entgegenkommenden Mann kennengelernt, und ich mochte plötzlich an meine Theorie, daß er derjenige sein könnte, der Jackson umgebracht hatte, nicht mehr glauben. Ich beschloß, mich selber einmal mit ihm zu unterhalten – und zwar sofort. Doch ich kam zu spät. Wir durchsuchten die Büros der beiden Brüder und fanden, wie Sie wissen, in Charles’ Schreibtisch den Erpresserbrief. Aber der wichtigste Hinweis entging mir auch jetzt immer noch. In Charles Büro quoll der Aschenbecher nur so über von Stummeln – er mußte Kettenraucher sein –, während es in Conrads Zimmer keinerlei Anzeichen gab, daß er überhaupt rauchte; weder war ein Aschenbecher vorhanden, noch hing der typische Geruch von kaltem Rauch in der Luft. Erst am Freitag ging mir dann ein Licht auf, und mir wurde die Bedeutung dieser Tatsache klar. Bei meiner dritten persönlichen Begegnung mit Conrad Richards am darauffolgenden Dienstag, bei der er und Celia sich alle Mühe gaben, mich glauben zu machen, sie seien ein glücklich versöhntes Paar, hatte ich ihre Täuschung endlich durchschaut. Mein Besuch bei ihnen hatte zwei Gründe. Der erste war, Conrad zu bewegen, sich draußen vor der Haustür zu zeigen (ich bat ihn, mir seinen Rolls ansehen zu dürfen, und er begleitete mich, wie ich erwartet hatte, höflicherweise zur Garage) – dies alles, um von Lewis, der draußen im Streifenwagen saß, die Bestätigung zu bekommen, daß dieser Mann, der mir hier als Charles Richards gegenübertrat, in Wahrheit Conrad war. Der zweite Grund meines Besuchs war, quasi einen Köder auszulegen, der Charles Richards veranlassen würde, aus Spanien zurückzukehren. Zu diesem Zweck informierte ich Conrad darüber, daß ich seine Aussage noch in schriftlicher Form brauche und Sergeant Lewis deshalb bei ihm vorbeischicken würde. Der Punkt war natürlich: Lewis kannte Conrad; wenn er eine Aussage von Charles aufnehmen sollte, mußte also der echte Charles her. Na, und der kam dann ja auch prompt aus Spanien zurück – schneller, als ich dachte.«
    »Und Sie hatten dafür gesorgt, daß er in Gatwick erwartet wurde?«
    »Ja. Als ich ihn dann am nächsten Morgen in der Zelle besuchte und ihm sagte, daß Sergeant Lewis beim Abnehmen seiner Fingerabdrücke etwas verbockt habe und die Prozedur deshalb wiederholen müsse, der Sergeant warte schon draußen, wußte er, daß sein Spiel aus war. Lewis würde natürlich sofort bestritten haben, daß dieser

Weitere Kostenlose Bücher