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002 - Stadt der Verdammten

002 - Stadt der Verdammten

Titel: 002 - Stadt der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Zwei, drei Schritte vom Höhleneingang entfernt hockte eine in abgeschabtes' braunes Leder gehüllte Gestalt: Baloor, der Göttersprecher.
    Wie in Trance wiegte er seinen Oberkörper hin und her. Die Ohrlappen seiner Lederkappe scheuerten über seine Schultern. Angespannte Konzentration verzerrte sein knochiges, tausendfach zerfurchtes Gesicht zu einer maskenhaften Fratze. Seine Augen waren halb geschlossen. Die schmalen blutleeren Lippen bewegten sich fast stumm. Nur manchmal drang heiseres Gemurmel aus seiner Kehle. »Höre mich, Herr der Finsternis. Höre mich, o schrecklicher Orguudoo…«
    Etwa einen Schritt vor seinen gekreuzten und in Leder gehüllten Beinen lag, umringt von getrockneten Kotballen, ein menschlicher Kopf. Kleine Schneeklumpen hingen im struppigen Vollbart des abgeschlagenen Schädels. Auf seinen blauen und verzerrten Lippen schien noch der Todesschrei des Erschlagenen zu beben, und im Weiß seiner blicklosen Augen spiegelte sich das spärliche Licht, das von draußen in die Höhle hereinsickerte.
    »Baloor, dein Sklave, ruft dich«, murmelte der Ledermann. »Höre mich, Orguudoo…« Seine Schaukelbewegung verlangsamte sich. Er riss die Augen auf und starrte den abgeschlagenen Kopf an. Seine Iris leuchtete rötlich. »Höre mich, Herr der finstersten Tiefe!«
    Ein Stück hinter Baloor, an der Höhlenwand, lehnten die langstielige Streitaxt des Göttersprechers und sein Bogen. Daneben ein zusammengerolltes Bündel von Fellplanen, Holzstangen, Pfeilen und getrocknetem Kot. Außer Kot gab es kaum Brennmaterial hier in den eisigen Regionen weit oberhalb der Schneegrenze.
    Rechts neben sich hatte Baloor einen großen und einen sehr kleinen Lederbeutel abgelegt. Der große enthielt ein Messer, eiserne Pfeilspitzen, Feuersteine, ein paar Knäuel Tiersehnen und etliche Säckchen und Päckchen mit Blättern, Wurzeln, Blütenextrakten und Pulvern aus getrockneten Tierorganen. Alles Dinge, die er für seine Beschwörungsrituale oder zur Behandlung von Krankheiten brauchte.
    Axt, Bogen, Zeltplane und Ledersack - viel mehr hatte er nicht mitnehmen können, als er vor einer Woche die Horde verlassen musste.
    Baloors knochige Hand schob sich in den kleinen Lederbeutel. »Komm herauf aus deiner schrecklichen Finsternis.« Die wiegenden Bewegungen seines Oberkörpers wurden schneller, seine Stimme dringender. »Erweise deinem Sklaven die Ehre deiner erhabenen Gegenwart…« Drei, vier Krümel einer trockenen Masse zwischen den Fingerkuppen, zog er seine Hand wieder aus dem kleinen Säckchen und führte sie zum Mund.
    Der getrocknete Rotpilz schmeckte bitter und süßlich. Baloor benutzte die giftige Substanz nur, um die Schmerzen Schwerverwundeter zu lindern. Oder um bei besonders schwierigen Beschwörungen mit der Geistwelt in Kontakt zu kommen.
    Nachdem ihn Häuptling Sorban aus der Horde verbannt hatte, war Baloor drei Tage lang über schneebedeckte Höhenzüge, Gletscher und durch vereiste Bergschneisen gewandert. Zurück zu dem Lagerplatz, an dem die Horde fast zwei Monde zuvor von Rraars Taratzen angegriffen worden war. Und wo sie den blauen Feuervogel über den Himmel ziehen sahen.
    Baloor hatte einen der gefallenen Krieger aus seinem Schneegrab geholt und dessen Kopf mit der Axt vom Rumpf getrennt. Den Körper hatte er sorgfältig zerlegt und nach und nach aufgetaut. Sorban hatte ihm nur Vorräte für drei Tage mitgegeben. Das Fleisch der Gefallenen würde den Göttersprecher noch über Wochen am Leben erhalten. Doch so lange wollte er nicht hier in dieser eisigen Wildnis bleiben.
    Noch bevor die Sonne an diesem Tag ihren ersten Rotschimmer auf den Nachthimmel geworfen hatte, war Baloor hinunter auf das Schneefeld vor dem Gletscher geklettert und.hatte den Kopf des gefallenen Kriegers ausgegraben.
    Um den Dämonen der Finsteren Tiefe so nähe heraufzubeschwören, wie Baloor es plante, brauchte man mindestens den Kopf eines Toten. Besser wäre ein lebendiges Tier. Und am allerbesten natürlich ein lebender Mensch.
    Baloors Oberkörper strafte sich. Er riss den Mund auf, als hätte er Schmerzen.
    Lange gelbliche Zähne ragten aus seinen Gebiss. Er rollte mit den Augäpfeln und stieß ein gurgelndes Röcheln aus. Der Rotpilz wirkte.
    Ganz langsam nur ging sein Oberkörper wieder in die Schaukelbewegung über. Seine Hände verkrallten sich im harten Leder seines Mantels. Keuchend begann er erneut zu murmeln. »Komm, Orguudoo. Zeige dich mir, o Schrecklicher…«
    Seit Sonnenaufgang hockte er vor dem

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