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Die Toteninsel

Die Toteninsel

Titel: Die Toteninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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ihn ein. Er hatte Mühe, ihre rasch aufeinanderfolgenden Streiche abzuwehren.
    »Nicht auf die Verteidigung beschränken«, riet sie ihm.
    Tatsächlich änderte er zwischen zwei Hieben sein Vorgehen. Als Tertishs Klinge gegen die Parierstange seiner Waffe klirrte, stieß er einen triumphierenden Schrei aus. Im nächsten Moment wurde ihm das Schwert aus der Hand gewirbelt. Zitternd bohrte es sich etliche Schritte weiter in den Boden.
    »Wie kann ich von euch verlangen, daß ihr in wenigen Tagen etwas erlernt, wozu selbst Amazonen Monate und Jahre benötigen.« Durchdringend musterte Tertish ihre Schüler der Reihe nach. Ihr Blick blieb schließlich an einem hängen, den sie kannte: Gruuhd.
    »Du«, sagte sie, »glaubst du wirklich, den Schwertkampf zu verstehen?«
    »In der Tat.« Er nickte und strich mit der Hand über die gerade Klinge, die ihm wie allen anderen aus Caerylls Waffenkammern ausgehändigt worden war.
    »Dann komm.«
    Breitbeinig stand Tertish da. Ihre Klinge hatte sie in die Scheide zurückgeschoben.
    Gruuhd attackierte sie, ohne zu zögern, ein einziger Schritt rückwärts jedoch, den sie machte, ließ seinen Streich ins Leere gehen. Gleichzeitig schnellte ihre Recht vor, sie bekam sein Wams zu fassen, zog ihn zu sich heran und ließ ihn über ihre Füße stürzen.
    »Du kannst auch mit dem Schwert nicht umgehen«, sagte sie, während er sich mühsam wieder erhob. »Am besten, du begibst dich zu den Alten und Kindern zurück.«
    »Nein!« schrie Gruuhd. »Ich will kämpfen.«
    Blitzschnell riß er die Waffe wieder an sich, ließ sich einfach nach vorne fallen, rollte sich ab und kam unmittelbar vor Tertish hoch, wobei sein Schwert steil nach oben zuckte.
    Das alles erfolgte so überraschend, daß Tertishs Seelenschwert noch halb in der Scheide stak, während sie bereits ausweichen mußte. Die Klinge ritzte ihren linken Handrücken. Erstaunt blickte sie auf das Blut, das über ihre Finger tropfte.
    »Tut mir leid«, meinte Gruuhd.
    »Ich war selbst schuld«, brummte die Amazone. Ein Aufleuchten huschte über ihre Züge. Wer sie kannte, wußte, daß dies ein Zeichen von Belustigung war.
    »Bei uns in Vanga gibt es ein geflügeltes Wort«, sagte sie. »Es heißt:
    Selbst ein stummer Fisch schreit, wenn er an der Angel hängt.«
    Gruuhd wirkte irritiert.
    »Was hat das mit mir zu tun?«
    Die Amazone entblößte ihre Zähne zu einem spöttischen Grinsen.
    »Du wirst gleich zappeln wie ein Fisch am Haken.«
    »Gerrek hat mir gesagt, ich solle auf alles gefaßt sein. Nun verstehe ich, wie das gemeint war.«
    »Der Beuteldrache?« Tertish entsann sich, daß sie Gruuhd in dessen Obhut zurückgelassen hatte. Sollte er schuld daran sein, daß sie sich erneut mit ungeschickten Rohnen befassen mußte?
    »Was hat er dir erzählt?«
    »Sehr viel, was mir fremd war. Ich weiß jetzt, daß es besser ist, für ein Zuhause zu kämpfen, als…«
    Tertishs Seelenschwert zuckte hoch, aber Gruuhd reagierte mindestens ebenso schnell. Die Klinge trennte nur ein Stück seines Ärmels ab. Er lachte, und dieses Lachen machte der Amazone endgültig klar, daß er sich verändert hatte.
    Verbissen und mit wachsender Anspannung führte Gruuhd sein Schwert. Noch war es nicht viel mehr als ein flüchtiges Geplänkel für die Amazone.
    »Für jemanden, der nie zuvor eine Klinge in Händen hielt, machst du dich ganz gut.«
    »Wer sagt dir, daß ich das nicht habe?« Gruuhd parierte einen Hieb, setzte scheinbar zur Erwiderung an, fintierte aber und verblüffte die Amazone durch einen blitzschnellen Ausfall.
    »Du selbst«, meinte Tertish.
    »Das war vor zwei Tagen.« Der Rohne lachte hell auf. »Gerrek hat mich in die Kunst der Schwertführung eingewiesen – er sagte, er kann das mindestens so gut wie jede Amazone, und Pfeil und Bogen seien gewiß nichts für mich. Ich besäße die Statur eines Schwertkämpfers. Die Waffe hat er mir besorgt.«
    Der Verdacht, daß Gerrek sich auf einfache Weise einer unbequemen Aufgabe hatte entledigen wollen, kam zwangsläufig auf. Dagegen sprach allerdings, daß Gruuhd Tertishs schneller gewordenen Hieben noch immer trotzte.
    Lauernd umkreisten sie sich.
    Der Rohne war schweißgebadet, machte seine Sache aber ausgezeichnet. Tertish bekam keine Gelegenheit, einen im Ernstfall tödlichen Hieb anzusetzen.
    Immer mehr Zuschauer fanden sich ein. Andere Rohnen begannen, Gruuhd lautstark anzufeuern.
    Er griff mit einem Kreuzhieb an, dem Tertish sich durch einen tareshenu-Sprung entziehen mußte. Federnd kam

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