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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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Deckel, so dass die Nägel ihm ins Fleisch dringen. Dann fangen diese Teufel das herausrinnende Blut in Behältnissen auf, um es in ihr rituelles Backwerk zu mischen.‹«
    Henry II blickte auf: »Nicht sehr angenehm, Aaron.« Er konsultierte wieder das Pergament. »Oh, und lachen tut ihr auch noch dabei.«
    »Ihr wisst, dass das nicht wahr ist, Mylord.«
    Der König nahm den Einwurf des Alten so wenig zur Kenntnis, als wäre er nur ein weiteres Klicken auf einem Abakus gewesen.
    »Aber
dieses
Jahr Ostern, Aaron, dieses Jahr Ostern habt ihr begonnen, sie zu kreuzigen. Jedenfalls behauptet unser wackerer Roger aus Acton, dass man das Kind, das gefunden wurde, gekreuzigt hat – wie hieß das Kind noch gleich?«
    »Peter aus Trumpington, Mylord«, antwortete der Oberschreiber prompt.
    »Dass Peter aus Trumpington gekreuzigt wurde und dass daher vermutlich auch die anderen zwei vermissten Kinder das gleiche Schicksal ereilt hat. Kreuzigung, Aaron.« Der König sprach das ungeheure und schreckliche Wort ganz sanft aus, aber eshallte die kalte Galerie entlang und gewann auf seinem Weg mehr und mehr an Kraft. »Es gibt bereits Bestrebungen, den kleinen Peter zum Heiligen zu machen, als hätten wir nicht schon genug davon. Bis jetzt werden zwei Kinder vermisst, und ein ausgebluteter, zerfetzter kleiner Körper wurde in meinem Sumpfland gefunden, Aaron. Das ist ziemlich viel Backwerk.«
    Henry sprang vom Tisch, schritt die Galerie entlang und ließ, dicht gefolgt von dem alten Mann, das Feld mit den Grillen hinter sich. Der König zog einen Hocker unter einem Fenster hervor und stieß ihn mit dem Fuß in Aarons Richtung. »Setzt Euch.«
    Auf dieser Seite war es ruhiger. Feuchtkalte Luft drang durch die unverglasten Fenster herein und ließ den alten Mann frösteln. Aaron war der eleganter Gekleidete der beiden. Henry II sah aus wie ein Jäger mit einem Hang zur Nachlässigkeit. Die Höflinge seiner Königin salbten sich das Haar mit Ölen und dufteten nach Blumenessenzen, doch Henry roch nach Pferd und Schweiß. Seine Hände waren ledrig, sein rotes Haar kurz geschoren und sein Kopf so rund wie eine Kanonenkugel. Und doch, so dachte Aaron, sah jeder in ihm sogleich den, der er war: Gebieter über ein Reich, das sich von den Grenzen Schottlands bis zu den Pyrenäen erstreckte.
    Aaron liebte ihn beinahe und hätte ihn wirklich lieben können, wenn der Mann nicht so erschreckend unberechenbar gewesen wäre. Wenn der König in Wut geriet, biss er in Teppiche, und Menschen starben.
    »Gott hasst euch Juden, Aaron«, sagte Henry. »Ihr habt Seinen Sohn getötet.«
    Aaron schloss die Augen und wartete.
    »Und Gott hasst mich.«
    Aaron öffnete die Augen.
    Die Stimme des Königs erhob sich zu einem Klagegesang, der die Galerie wie eine Posaune der Verzweiflung erfüllte. »Gütiger Gott, vergib diesem unglückseligen und reuigen König. Du weißt, dass Thomas Becket sich mir in allem widersetzt hat, so dass ich in meiner Raserei seinen Tod herbeiwünschte.
Peccavi, peccavi
, denn einige Ritter missverstanden meinen Zorn, sie brachen auf und töteten ihn, mir zum Gefallen. Für diese Missetat hast Du in Deiner Gerechtigkeit Dein Antlitz von mir abgewendet. Ich bin ein Wurm,
mea culpa, mea culpa, mea culpa
. Ich winde mich in Deinem Zorn, während Erzbischof Thomas eingegangen ist in Deine Herrlichkeit und sitzet zur Rechten Deines barmherzigen Sohnes Jesus Christus.«
    Gesichter wandten sich ihnen zu. Schreibfedern verharrten über Zahlenkolonnen, Abakusse standen still.
    Henry hörte auf, sich auf die Brust zu schlagen. Im Plauderton sagte er: »Und ich könnte mir denken, dass er dem Herrn genauso auf den Sack geht wie mir.« Er beugte sich vor, legte Aaron aus Lincoln einen Finger unter das Kinn und hob es sachte an. »In dem Augenblick, als diese Bastarde Becket erschlugen, bin ich verwundbar geworden. Die Kirche sinnt auf Rache, sie will meine Leber, warm und dampfend, sie will Wiedergutmachung und muss sie bekommen, und unter anderem verlangt sie etwas, was sie schon immer verlangt hat, nämlich die Vertreibung der Juden aus der Christenheit.«
    Die Schreiber hatten sich wieder ihrer Arbeit zugewandt.
    Der König wedelte mit dem Dokument in seiner Hand vor der Nase des Juden. »Das ist eine Petition, Aaron, mit der Forderung, alle Juden aus meinem Reich zu vertreiben. In diesem Augenblick ist eine Abschrift, gleichfalls von Master Acton verfasst, mögen die Höllenhunde seine Eier fressen, auf dem Weg zum Papst. Das ermordete

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