Die Tramps von Luna
lernen.«
»Segeln – in einem schmutzigen Meer«, maulte Castor.
»Pferde sind zum Essen da.«
»Und dann Baseball«, fuhr Castor fort. »Es ist unpraktisch. Wie kann man sich bei einem g die Wurfkurven ausrechnen? Wir sind keine Wunderkinder.«
»Ich habe Baseball gespielt.«
»Du bist auch bei einem g aufgewachsen; du hast ein verzerrtes Bild von der Physik. Überhaupt, weshalb sollen wir Baseball spielen? Wenn wir heimkommen, nützt es uns überhaupt nichts. Wir würden höchstens das Helmglas dabei zerbrechen.«
Mister Stone schüttelte den Kopf. »Spiele sind ja nicht die Hauptsache. Mir egal, ob ihr euch mit Baseball anfreundet oder nicht. Aber ihr braucht eine Ausbildung.«
»Und bekommen wir die am Luna-City-Technikum nicht? Und wenn nicht, weshalb? Paps, du warst schließlich selbst im Erziehungsbeirat.«
»Nein, war ich nicht – ich war Bürgermeister.«
»Was dich automatisch zum Mitglied ex officio machte – Hazel hat es uns erzählt.«
Mister Stone sah seine Mutter an, aber die schaute interessiert in eine andere Richtung. »Das Technikum ist eine gute Schule«, erklärte er. »aber wir können nicht behaupten, daß wir hier alles zu bieten haben. Schließlich ist der Mond immer noch ein Außenposten, ein Grenzbereich, der …«
»Aber du hast in deiner Abschiedsrede als Bürgermeister gesagt, daß Luna City das Athen der Zukunft und die Hoffnung eines neuen Zeitalters sei«, meinte Pollux.
»Dichterische Freiheit. Das Technikum ist dennoch nicht Harvard. Wollt ihr Jungs denn nicht die großen Kunstwerke der Erde sehen? Wollt ihr nicht die einmalige Literatur kennenlernen?«
»Ivanhoe haben wir gelesen«, sagte Castor.
»Und Die Mühle am Bach interessiert uns nicht«, fügte Pollux hinzu.
»Deine Sachen sind schöner.«
»Meine Sachen? Die haben doch mit Literatur nichts zu tun. Die sind so etwas wie Zeichentrickfilme.«
»Uns gefallen sie«, sagte Castor fest.
Sein Vater holte tief Atem. »Vielen Dank. Das erinnert mich daran, daß ich heute abend noch ein ganzes Kapitel fertigmachen muß. Ich werde die Diskussion also abbrechen. Erstens könnt ihr ohne meinen Daumenabdruck nicht an das Geld heran – von jetzt an werde ich übrigens Handschuhe tragen. Und zweitens seid ihr beide zu jung für eine unbeschränkte Pilotenlizenz.«
»Du könntest eine Erklärung für uns unterschreiben, daß wir das System verlassen dürfen. Und wenn wir zurückkommen, sind wir alt genug für die volle Lizenz.«
»Ihr seid zu jung!«
Castor sagte: »Also, Paps, vor einer halben Stunde hast du mir für dein Kapitel einen Gag abgenommen, in dem ein Elfjähriger ein ganzes Schiff steuert.«
»Ich werde sein Alter heraufsetzen.«
»Dann ist der Gag verpfuscht.«
»Verdammt! Es ist doch nur Unterhaltungslektüre – und miese Unterhaltung obendrein. Kitschiges Zeug, gerade recht für Warenwerbung.« Er sah seinen Sohn plötzlich mißtrauisch an. »Cas, du hast mir den Gag absichtlich aufgeschwätzt. Nur um dir ein Argument bei deinem verrückten Plan zu verschaffen – habe ich recht?«
Castor sah ihn unschuldig an. »Also, Vater, wie kannst du so etwas denken?«
»Sag nicht ›Vater‹ zu mir! Ich kann eine Hawk nicht von einer Hanshaw unterscheiden.«
»Das kann doch jeder«, mischte sich Großmutter Hazel ein. »Die Hawk ist ein reines Handelsschiff, während die Hanshaw hauptsächlich als Sportjacht verwendet wird. Wenn ich es bedenke, Jungs, ist eine Hanshaw vielleicht noch besser als eine Douglas. Mir gefällt die genaue Steuerung und …«
»Hazel!« fauchte ihr Sohn. »Hör auf, die Jungen zu unterstützen. Und gib nicht so an. Du bist nicht der einzige Ingenieur in der Familie.«
»Aber der einzig gute«, erwiderte sie friedlich.
»Tatsächlich? Bisher hat sich noch niemand über meine Arbeit beschwert.«
»Weshalb hast du sie dann aufgegeben?«
»Das weißt du genau. Da plagt man sich monatelang mit ekligen Zahlen, und was hat man am Ende? Eine Reparaturwerft. Oder ein Stampfwerk. Und wen kümmert das?«
»Also, bist du kein Ingenieur. Du bist nur ein Mann, der diesen Beruf zufällig gelernt hat.«
»Und du? Du bist auch nicht dabeigeblieben.«
»Nein«, gab sie zu. »Aber aus anderen Gründen. Ich mußte miterleben, wie drei affige Männer vor mir befördert wurden, obwohl keiner von ihnen eine partielle Integration ohne Bleistift durchführen konnte. Das ließ mich zu der Überzeugung gelangen, daß die Atomenergie-Kommission etwas gegen weibliche Angestellte hatte, auch wenn
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