Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
zurücklehnte, betrachtete A. J. sein Profil. Es war nicht schwierig zu erkennen, was ihre Mutter so sehr für diesen Mann einnahm.
„Sie wissen am besten, wie liebenswert Clarissa ist“, fuhr er fort.
„Allerdings.“ Um Zeit zu gewinnen, nahm A. J. einen Schluck Kaffee und suchte nach den richtigen Worten. Keines, das sie sich zuvor zurechtgelegt hatte, schien zu passen. Entschlossen atmete sie tief durch und griff den Faden wieder auf. „Clarissa ist eine wundervolle, warmherzige Frau. Sie ist etwas ganz Besonderes. Aber es ist schwer für mich, mit dieser Situation umzugehen. Sie kennen sich doch erst seit so kurzer Zeit.“
„Um mich zu verlieben, habe ich keine fünf Minuten gebraucht.“
Seine Worte waren so schlicht und ehrlich, dass A. J. erfolglos nach einer passenden Antwort suchte.
„Miss Fields.“ Er lächelte verbindlich. „A. J.“, verbesserte er sich dann. „Mir erscheint es seltsam, Sie ‚Miss Fields‘ zu nennen. So, wie es aussieht, werde ich ja bald Ihr Stiefvater.“
Ihr Stiefvater? Diesen Aspekt hatte sie noch gar nichtbedacht. Wie vom Donner gerührt, hielt sie in ihrer Bewegung inne und starrte ihn an.
„Ich habe einen Sohn in Ihrem Alter“, erzählte er unbeirrt. „Und eine Tochter, sie ist etwas jünger. Deshalb kann ich mir durchaus vorstellen, was jetzt in Ihrem Kopf vorgeht.“
„Es geht, äh, es geht hier ja nicht um mich.“
„Doch, natürlich geht es auch um Sie. Schließlich liebt Clarissa Sie sehr, ebenso wie ich meine Kinder. Clarissa und ich werden auf jeden Fall heiraten. Aber sie wäre froh, wenn unsere Entscheidung Ihre Zustimmung fände.“
Nachdenklich blickte A. J. in ihren Becher, in dem der Kaffee dunkel glänzte. Dann stellte sie ihn abrupt ab. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Sie lachte unsicher. „Eigentlich habe ich geglaubt, ich wüsste es genau. Mr Marshall, Alex, Sie sind seit mehr als zwanzig Jahren Journalist. Sie haben die ganze Welt bereist und dabei manchmal schreckliche Dinge gesehen. Clarissa aber ist trotz ihrer Fähigkeiten eine einfache Frau.“
„Sie ist ein Mensch, bei dem man sich sofort wohlfühlt, gerade wenn man, so wie ich, ein aufregendes Leben führt. Wissen Sie, ich hatte schon vorher geplant, meinen Job an den Nagel zu hängen und mich zur Ruhe zu setzen. Alles war mir zu anstrengend geworden.“ Er lachte zufrieden auf, als er daran dachte, wie Clarissa in seinen Handlinien gelesen und ihm seine Ruhestandspläne auf den Kopf zugesagt hatte. „Niemand wusste davon, nicht einmal meine Kinder. Ich hatte es so satt, immer nur auf Schlagzeilen zu schauen und unter Termindruck zu stehen. Nachdem ich Clarissa kennengelernt hatte, wusste ich, dass ich nur auf sie gewartet hatte. Ich will den Rest meines Lebens mit ihr verbringen.“
Schweigend ließ A. J. die Worte auf sich wirken. Konnte man sich mehr wünschen, als so vorbehaltlos geliebt zu werden? Wie glücklich musste eine Frau sich schätzen, wenn sie genauso akzeptiert wurde, wie sie war – und zwar wegen und nicht trotz ihrer Persönlichkeit.
Nachdem sie eine Weile einfach nur dagesessen und auf ihre Hände gestarrt hatte, spürte A. J., wie ihre Anspannung sich langsam löste. Als sie aufblickte, brachte sie sogar ein kleines Lächeln zustande. „Alex, hat meine Mutter schon jemals für Sie gekocht?“
„Natürlich. Ich verstehe die Frage nicht.“ Verwundert sah er sie an. „Mehrmals sogar. Heute Vormittag hat sie eine Spaghettisoße für den Abend vorbereitet. Ich finde, Clarissa kocht genauso … einzigartig und ungewöhnlich, wie sie selbst ist.“
Mit einem befreiten Lachen streckte A. J. ihm die Hand hin. „Ich glaube, meine Mutter hat das ganz große Los gezogen.“
Voller Herzlichkeit ergriff Alex die dargebotene Hand und überraschte A. J. damit, dass er ihr einen Kuss auf die Wange drückte. „Danke.“
„Seien Sie gut zu ihr. Verletzen Sie sie nicht“, bat sie leise. Einen Moment lang hielt sie seine Hand fest umschlossen, dann erhob sie sich vom Sofa. „Wir sollten besser zurückgehen. Die anderen fragen sich bestimmt schon, wo wir bleiben.“
„Ich schätze, Clarissa hat eine gewisse Vorahnung“, scherzte er.
„Stört Sie das nicht?“ An der Tür blieb sie stehen und wandte sich noch einmal zu ihm um. „Ich meine, die Tatsache, dass sie wahrsagen kann?“
„Warum sollte es? Das ist ein Teil von Clarissa, der siezu dem Menschen macht, der sie ist.“
„Sie haben recht.“ Sie versuchte, nicht über sich selbst
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