Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
beiden Väter einigten sich nunmehr endgiltig über dieselbe.
    Als Maxime über die Sache ausgeholt wurde, empfand er eine gewisse Verlegenheit. Er fand Luise kurzweilig, die in Aussicht gestellte Mitgift verlockte ihn noch mehr. Er sagte Ja und acceptirte Alles, wie es Saccard wünschte, nur um sich in keine Erörterung einlassen zu müssen. Insgeheim war er sich aber klar darüber, daß sich die Dinge nicht in dieser schönen Ordnung weiter entwickeln würden. Renée würde niemals einwilligen, sie wird weinen, ihm Scenen machen und war sehr wohl im Stande, irgend einen großen Skandal heraufzubeschwören, der ganz Paris in Erstaunen setzen würde. Dies war höchst unangenehm und sie flößte ihm bereits Furcht ein. Sie hatte so beunruhigende Augen und beherrschte ihn so despotisch, daß er ihre Krallen sich in seine Schultern versenken zu fühlen glaubte, wenn sie ihre weiße Hand auf dieselbe legte. Ihre geräuschvolle Heiterkeit erschien ihm gezwungen und ihr Lachen klang mitunter, als risse eine Saite in ihrem Inneren. Er befürchtete thatsächlich, daß sie eines Nachts in seinen Armen wahnsinnig werden würde. Bei ihr gelangten die Gewissensbisse, die Furcht ertappt zu werden, die grausamen Freuden des Ehebruches nicht wie bei anderen Frauen durch Thränen und Traurigkeit zum Ausdruck, sondern durch eine noch schlimmere Ausgelassenheit, durch ein noch unwiderstehlicheres Bedürfniß nach Geräusch und Betäubung. Und inmitten ihrer zunehmenden Bestürzung begann man ein Röcheln, das Knacken dieses aus einander gehenden herrlichen, bewunderungswürdigen Mechanismus zu vernehmen.
    Unthätig erwartete Maxime eine Gelegenheit, welche ihn von dieser lästigen Maitresse befreien würde. Wiederholt sagte er, daß sie eine Dummheit gemacht hatten. Wenn ihre Vertraulichkeit ihrer Liebe einen Reiz mehr verliehen hatte, so hinderte ihn dieselbe heute, das Verhältniß abzubrechen, wie er es unbedingt bei einer anderen Frau gethan hätte. Er wäre ganz einfach nicht wiedergekommen, denn dies war seine Art, seine Liebschaften zu lösen, um allen Anstrengungen und Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen. Hier aber fühlte er sich unfähig, einen Bruch herbeizuführen, zumal er sich die Zärtlichkeitsbezeugungen Renée's noch immer gerne gefallen ließ; sie war so mütterlich gut zu ihm, bezahlte für ihn und wird ihn sicherlich stets aus der Verlegenheit befreien, wenn ein Gläubiger zudringlich werden sollte. Da kam ihm wieder der Gedanke an Luise, an die Mitgift im Betrage von einer Million und er sagte sich, selbst während er in den Armen der jungen Frau lag, daß dies Alles recht schön und gut, doch nicht ernst sei und daß dem ein Ende gemacht werden müsse.
    Eines Nachts befand sich Maxime bei einer Dame, bei der oft bis zum Morgen gespielt wurde, so hartnäckig im Verluste, daß er alsbald seinen letzten Franc verspielt hatte und den dumpfen Zorn des Spielers empfand, dessen Taschen leer sind. Er hätte eine Welt darum gegeben, wenn er noch einige Louis auf den Tisch zu werfen vermocht hätte. Er nahm seinen Hut und begab sich mit dem mechanischen Schritte eines Menschen, den ein ausschließlicher Gedanke beherrscht, nach dem Monceau-Park, wo er die kleine Pforte öffnete und alsbald befand er sich im Treibhause. Mitternacht war vorüber. Renée hatte ihm gesagt, er möge sich diesen Abend nicht einfinden. Sie suchte jetzt gar nicht mehr nach einer Erklärung, nach einem Vorwande, wenn sie ihm ihre Thür versagte und er dachte blos daran, seinen Urlaub auszunützen. Er erinnerte sich des Verbotes der jungen Frau erst vor der verschlossenen Glasthür des kleinen Salons. Gewöhnlich wenn er kommen durfte, öffnete Renée diese Thür schon im Vorhinein.
    »Bah!« sagte er sich bei dem Anblicke des beleuchteten Fensters des Ankleidezimmers. »Ich werde pfeifen und sie wird herunterkommen. Ich werde sie nicht stören und wenn sie mir ein Paar Louis geben kann, so gehe ich gleich fort.«
    Damit stieß er einen leisen Pfiff aus. Auf diese Weise pflegte er ihr häufig seine Anwesenheit anzukündigen; heute aber mußte er wiederholt pfeifen, was ihn ärgerlich machte und so pfiff er immer lauter, da er den Gedanken an eine sofortige Anleihe nicht aufgeben wollte. Endlich sah er, wie die Glasthür mit größter Vorsicht geöffnet wurde, ohne daß er vorher irgendwelche Schritte vernommen hätte. In dem Halbdunkel des Treibhauses erblickte er jetzt Renée mit aufgelöstem Haar, kaum bekleidet und barfuß, als hätte sie sich

Weitere Kostenlose Bücher