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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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Irrer.
    Ich drehte mich auf die Seite und kroch zum Ufer, dabei bebte ich vor unterdrücktem Gekicher. Sobald ich nahe genug war, griff ich nach einem Ast, der über den See ragte. Als meine Füße endlich Halt fanden, zog ich mich hoch und spürte wieder festen Boden unter mir. Obwohl mich keine Menschenseele beobachtet hatte, fühlte ich mich wie ein Schwachsinniger.
    Hinter den Bäumen vor mir brach ein Zweig.
    Ich stockte. Erneut war mir, als ob sich etwas zwischen den ineinander verhakten Ästen bewegte, doch genau sagen konnte ich es nicht. »Hallo?«, rief ich mit zittriger Stimme. »Ist da wer? Ich könnte etwas Hilfe gebrauchen.«
    Niemand antwortete. Niemand regte sich.
    Ich fixierte die Stelle im Geäst, ohne etwas zu sehen. Ein Reh vielleicht? Irgendein Waldkriechtier, das durchs Unterholz kroch? Was auch immer, wenn ich weiter darüber nachdachte, fror ich mir den Arsch ab.
    Zitternd, wegen der Kälte, die meinen Körper langsam vom tauben linken Bein aus vereinnahmte, begab ich mich die verschneite Böschung hinauf zurück zum Haus.
     

 
    Kapitel 5
     
    Es heißt, die Natur kenne kein Aussterben – wenn man einmal gelebt habe, existiere man ewig , und zwar jeder einzelne Teil des Selbst, ob gesondert oder als Ganzes mit allen anderen. Mag eine dicke Staubschicht auf der Menschheitsgeschichte lasten, so bleibt die Erinnerung dennoch unbescholten.
    Man stelle sich einen geräumigen, quadratischen Konferenzsaal vor, mit blaugrünem Teppich und alabasterner Akustikdecke. Schaut euch um. Ihr bemerkt, dass die Bänke aus Mahagoni unter den heißen Scheinwerfern glanzlos geworden sind. Herein gelangt man durch zwei breite Doppeltüren mit schräg angebrachten Messinggriffen, die jemand frisch poliert hat.
    An der hinteren Wand steht betont würdevoll eine Menschentraube in einer Kleidung, die sie unsinnigerweise für ihre förmlichste halten, und pendeln unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Die Männer mit unbeholfen gescheiteltem Haar, eingefettet und nach hinten gekämmt. Die Handflächen der Frauen mit halbmondförmigen Einkerbungen übersät, weil sie verbissen die Fäuste ballen. Ihre Frisuren sind aus der Mode, und die Tatsache, dass ihnen das nicht auffällt, weist sie allzu deutlich als bornierte Kleinstädter aus. Das sind die Leute meiner Mutter, die aus Amerikas Vororten stammen und endlich zu dieser Gelegenheit in der Metropole zusammenkommen, der Welt meines Vaters.
    Gegenüber im Saal steht eine Art breite Bühne, einzelne Pulte und Bänke aus Teak mit fleckigen Korduan-Polstern. Das Holz ist erst kürzlich mit Schellack gewachst worden. Dort sitzen eine Menge Leute oder stehen dichtgedrängt im Hintergrund, als wollten sie sich gegenseitig Wärme spenden. Für die Erzählung genügt es, wenn ich mich auf vier Personen beschränke, denen wir uns eingehender widmen werden: Zuerst ist da der Vater, ein Mann mittleren Alters mit leerem Blick und Falten im Anzug, die seinen Gram widerzuspiegeln scheinen; die Mutter hat offenbar ebenfalls Schwierigkeiten damit, sich zu konzentrieren und ihre Augen überhaupt auf irgendetwas zu fokussieren, obwohl sie verbissen vor sich hinstarrt. Bleiben noch die beiden heranwachsenden Söhne des Paares, von denen der dreizehnjährige Junge mit den abstehenden Ohren und fahrigen Händen besonders auffällt.
    Er sucht den Blick seines Vaters. Sein Mund ist ausgetrocknet, er hatte nicht bemerkt, dass er die Schlaufe, an welcher der Plastikknopf seines Blazers befestigt war, aufgemacht hat, weshalb er den Knopf nun krampfhaft mit dem rechten Daumen und Zeigefinger festhält. Just bevor er ihn an seine Lippen führt, zuckt seine Hand wieder, und der Knopf fällt auf den Teppich.
    Er merkt, dass niemand unter den Trauernden dieses Malheur aufgefallen ist, außer ihm selbst. Irgendwie empfindet er dies als tröstlich, als verheiße es ein sicheres Versteck weit weg von allen Menschen – selbst seinem Vater, seiner Mutter, seinem älteren Bruder sowie dem kalten Leib des jüngeren, dem Kleinsten der Familie, der vorne im Sarg aufgebahrt liegt. Schaut er nun hinüber in die ausnahmslos steifen, stoisch starrenden Gesichter, fürchtet er sich nur geringfügig weniger.
    Es ist ein Kommen und Gehen auf dieser Welt.
    Im Laufe der Monate nach Kyles Tod wurde ich missmutig und verschlossen. Zunächst mutete es nicht außergewöhnlich an, dass ich mich vor lauter Kummer von Adam und auch von meinen Eltern zurückzog, aber selbst wenn es noch schlimmer geworden wäre,

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