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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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imposante Person. Sein Gesichtsausdruck zeugte von äußerster, allumfassender Resignation. Adam, der auf dem College gewesen war, als ich Reißaus genommen hatte, hielt sich bei meiner Rückkehr im Haus auf.
    Ich kam nämlich während der Weihnachtsferien, und Mutter hatte die Diele ein wenig festlich geschmückt. Adam und ich waren sowohl alt als auch arrogant genug, um Abscheu voreinander zu hegen. Ich redete mir ständig ein, er müsse mich doch ansprechen – beispielsweise Enttäuschung darüber bekunden, dass ich feige weggelaufen war, oder seinem Hass Ausdruck verleihen, weil sich Mutter meinetwegen fast zu Tode gesorgt hatte –, aber nichts dergleichen. Er sagte während der ganzen Ferien kein Wort. Eines frühen Morgens fuhr er mit unserem Vater im Chrysler los, als die Schule wieder begann.
    Durch das Fenster beobachtete ich, wie er das Haus verließ. Mein Gesicht brannte und war rot vor Hitze. Die Augen gingen mir beinahe über. Adam spielte Football, bekam glänzende Zeugnisse und wollte Polizist werden. Ich hatte unseren jüngeren Bruder getötet und die letzte zarte Bande, die die Familie noch zusammenhielt, war mit emotionalem Ballast zum Zerreißen gespannt. Was hätten wir einander schon erzählen können?
    Es ist ein Kommen, sagte mir mal ein Therapeut , und Gehen. Du treibst ziellos umher, Travis. Wirf einen Anker aus und finde Halt, bevor du versuchst, eine konkrete Richtung einzuschlagen. Was notierst du eigentlich ständig auf diesen Blöcken?
    Ein Kommen und Gehen.
    Weil mir der Gedanke, ein Dasein als Obdachloser zu fristen, nicht schmeckte, drückte ich zwei Jahre lang die Schulbank auf einem College zur Berufsvorbereitung, wobei ich mich ungefähr mit der Begeisterung eines Zombies ans Lernen machte. Überraschenderweise erhielt ich gute Noten.
    Immerhin erntete ich dadurch verhaltenes Lob von meinem Vater, der ja gewissermaßen selbst ein Zombie war und sich daraufhin anschickte, mir zwei weitere Jahre an der Universität Towson zu finanzieren. Ich war nicht mit dem Herzen bei der Sache, bekam aber gute Noten und schloss am Ende mit Vorzug ab.
    (Was Towson angeht, erinnere ich mich nur an nächtelanges Saufen mit meinem Mitbewohner, einem unverhohlenen Homosexuellen mit blaugefärbtem Stachelkopf und üblem Mundgeruch. Außerdem muss ich Stunden kotzend auf dem Klo verbracht haben, bis ich dachte, mein Kehlkopf trudle irgendwo im Abflussrohr herum. Ich ging mit Hausschuhen zum Unterricht und trug quasi die ganze Woche lang ein und dasselbe stinkende Sweatshirt. Die Liberalen stilisierten mich deshalb zur geplagten Dichterseele hoch, während ein paar relativ ansehnliche, wenn auch nicht sonderlich gepflegte Girls von der Hochschule der freien Künste Bettgymnastik mit mir betrieben; eine von ihnen wurde schließlich lesbisch, wenn ich mich nicht irre.)
    Irgendwann erreichte ich im Zuge all dessen einen Punkt, an dem ich halbwegs zufrieden war. Auf den besagten Blöcken hielt ich übrigens Dutzende Erzählungen fest. Als ich das College verließ und der Doppelhaushälfte in Eastport für immer den Rücken kehrte, schrieb ich ein paar davon um und bemühte mich um eine Veröffentlichung.
    Wie hatte es F. Scott Fitzgerald einmal in einem Brief ausgedrückt? Literatur sei gut, so man beim Lesen glaube, untergetaucht zu sein und den Atem anzuhalten. Nun, für mich war das stimmig. Ich hatte The Ocean Serene geschrieben, einen Roman über Kyle, und brachte ihn ebenfalls bei einem Verlag unter. Das geschah zu der Zeit, als ich in Georgetown wohnte und Jodie traf, und zum ersten Mal seit Langem sah ich einen Silberstreif am Horizont. Das Schreiben war nicht nur eine Therapie, es war eine Absolution . Endlich konnte ich meine Geister ruhen lassen. (Schlaf, alter Dämon, auch wenn ich weiß, dass du immer noch hungrig bist!)
    Mit Adam klappte es auf persönlicher Ebene mittlerweile auch einigermaßen, falls man nicht sogar von einer normalen Beziehung sprechen konnte. Jedenfalls telefonierten wir regelmäßig miteinander.
    Kyle war stets eine unausgesprochene Präsenz im Raum, wenn wir zu seltenen Gelegenheiten zusammenfanden. Als Adam Beth heiratete, war ich sein Trauzeuge. Ich besuchte ihn nach der Geburt seiner Kinder. Zusammen trugen wir Vater nach seinem kurzen Kampf gegen den Krebs zu Grabe und Adam wurde im darauffolgenden Jahr mein Trauzeuge. Die Stimme meines verfluchten Therapeuten jedoch hallte unterdessen ständig in meinem Kopf wider: Wirf einen Anker aus und finde Halt, bevor du

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