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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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Gläser verschüttete er eine Menge, dann hob er seines an und betrachtete es. »Auf den Weltfrieden.«
    Gemeinsam kippten wir einen nach dem anderen. Es schmeckte nach Pisse mit Flüssiganzünder. Ich fühlte, wie sich meine Eingeweide verkrampften.
    »Tut mir leid, was geschehen ist«, sagte ich zwischendurch, als der abartige Geschmack nachließ.
    »Es braucht dir nicht leidzutun.«
    »Lass mich ausreden«, bat ich. »Tut mir leid, was mit deiner Familie geschehen ist, aber ich traue dir immer noch nicht über den Weg.«
    »Das ist gut«, antwortete Dentman, »weil ich teilweise immer noch scharf drauf bin, dir dein Gesicht zu zerquetschen.«
    »Scheiße. Hätten wir besser mal auf gute Freundschaft getrunken.«
    Zu meiner Überraschung brach Dentman in Gelächter aus. Es war ein tiefes Dröhnen, der Sound eines Rasenmähers oder besser noch eines Pick-up-Motors, auch wenn man es als Lachen erkannte. Als sein Lachen erstarb, sprach er: »Ich bin dir wohl, was manches betrifft, meinen Dank schuldig.«
    »Warum das?«
    Er machte ein Schnalzgeräusch mit der Zunge. »Meine Schwester braucht mich. Jemand muss nach ihr schauen. Es geht ihr nicht gut.«
    Ich fragte mich, ob er wusste, dass ich seine Aussage durch die Spiegelwand mitverfolgt hatte.
    »Unsere Mutter starb, als wir noch sehr jung waren, bei einem Autounfall. Ich erinnere mich nicht mehr sonderlich deutlich an sie.« Nüchtern sah er mich an – direkt in mich hinein, möchte ich wetten. »Mein Vater war ein schlechter Mensch.« Er schüttelte langsam seinen massigen Kopf, als versuche er, Erinnerungen loszuwerden. »Wie war deiner so?«
    Mein Vater war warmherzig und verständnisvoll, obwohl er seine Launen hatte und gereizt wurde, wenn er trank. Vor Kyles Tod hatte er sich als guter Dad erwiesen – ich hasste mich plötzlich, weil ich unfähig war, mich an etwas anderes zu erinnern außer an jenen Tag, da er mich mit seinem Gürtel grün und blau geschlagen hatte.
    »Ein ganz normaler Kerl«, sagte ich.
    »Unser Vater«, sprach er, und es klang wie ein auswendig gelerntes Gebet, »war geisteskrank, noch bevor er offiziell für verrückt erklärt wurde. Dieser Irre war in der Lage, seine Kinder, als sie noch klein waren, an Bäume im Wald zu fesseln. Wenn du ein Geschirr zerbrichst, kriechst du in den Splittern. Wenn du den Herd schmutzig hinterlässt, bekommst du die heißen Platten zu spüren. Mit deinen Händen. Lange. So lange, bis du deine Lektion gelernt hast.« Er schob das Kinn vor. »Hast du es auch auf die Tour lernen müssen, als du ein Kind warst?«
    »Nein, nicht auf diese Weise.«
    »Er zwang mich dazu, Dinge zu tun, die kein Erwachsener – vor allem kein Vater – je von einem Kind verlangen sollte. Veronica tat er weit Schlimmeres an. Dinge, die er mit mir nicht machen konnte.«
    Dies rief so bestürzende, brutalste Bilder in meinem Kopf hervor, dass mir speiübel wurde. Wie Gift breitete sich dieses Gefühl vom Magen aus und rauschte durch meine Adern. Was für entsetzliche Dinge Veronica in diesem Haus widerfahren sein mussten …
    »Als ich alt genug war, brach ich aus, kehrte aber für Veronica wieder zurück. Ich durfte nicht zulassen, dass er … dass er weiterhin … Ich musste wiederkommen. Das Zimmer im Keller? Das hinter der Wand? Er hat es für sie gebaut. Sie fürchtete sich davor, doch er sperrte sie jeden Abend dort ein.«
    »Mein Gott …«
    »Manchmal blieb er dort unten bei ihr«, fügte er hinzu. »Im Dunkeln.«
    »Stopp«, hörte ich mich selbst sagen, wie von fern und leidlich überzeugend – wie das Miauen einer Katze, die sich im Wald verirrt hatte.
    »Ich kam zurück, um sie mitzunehmen. Wir kehrten ihm gemeinsam den Rücken. Aber zum Teufel mit ihm, sie war ein einziges Wrack.« Dentman klang angewidert, schien aber trotzdem auf seltsame Weise daran gewohnt zu sein, sich derart zu öffnen. »Sie tat sich schwer und verbrachte eine Menge Zeit in Kliniken. Natürlich geriet sie auch an Leute, die nicht verstanden, wie empfindsam sie war. Sie wurde schwanger und bekam Elijah.« Seine Stimme klang befremdlich abweisend und dennoch voller Zuneigung. Ich brauchte einen Augenblick, bis ich begriff, dass er den Jungen wahrscheinlich auf eine verdrehte, schwer zu ergründende Weise geliebt hatte.
    David schenkte zwei weitere Bourbons ein und stürzte seinen hinunter, ehe ich überhaupt zum Glas greifen konnte.
    »Als sie erfuhr, dass er erkrankt war, meinte sie, wir müssten zurückkehren, denn es sei ihre Pflicht als

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