Die Treue Des Highlanders
der Gewalt ihres Stiefbruders. Daraufhin zog Bothwell in Windeseile alles, was noch treu zur Königin stand, zusammen, aber es war ein kläglicher Haufen. Maria ritt an der Spitze der armseligen Truppe gen Edinburgh, am fünfzehnten Juni wurden sie an den Hügelketten von Carberry Hill gestoppt. Bothwell und Maria standen Hunderten von bis an die Zähne bewaffneten Männern gegenüber. Ein Kampf war aussichtslos, und Maria wollte nicht noch mehr Blut vergießen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als auf die Forderung, sich von Bothwell zu trennen, einzugehen. Moray versprach Bothwell freies Geleit und Maria die Wiedereinsetzung in ihr Amt, wenn sie sich jetzt und hier von ihrem Mann trennte.«
»Und die Königin ging zum Schein darauf ein«, unterbrach Duncan bitter. »Tatsächlich verließ Bothwell seine Frau, nicht um Schottland wie vereinbart zu verlassen, sondern um Truppen zusammenzuziehen und Moray zu ermorden. Es stellte sich aber schnell heraus, dass sich alle von ihm distanzierten und keiner bereit war, an einem erneuten Komplott mitzuwirken.«
»Auch Moray spielte ein falsches Spiel, denn er hatte keinen Augenblick vor, seine Stiefschwester weiter als Königin herrschen zu lassen«, fuhr Anna fort. »Maria Stuart wurde statt in ihren Palast nach Holyrood in Gefangenschaft gebracht.«
Der Mann hob verwundert den Kopf. »Woher wisst Ihr das, Mylord?« Der Händler blickte verwundert von Anna zu Duncan, aber Duncan ging auf die Frage nicht ein und fragte:
»Was ist mit Bothwell geschehen?«
Der Händler zuckte mit den Schultern. »Er ist verschwunden, seit er feststellen musste, dass es niemanden mehr gibt, der auf seiner Seite steht. Manche sagen, er habe das Land nun tatsächlich verlassen. Er soll nach Norwegen gesegelt sein, um dort Unterstützung zu finden.«
Anna senkte die Augen, damit ihr Blick sie nicht verriet, denn sie wusste, dass Bothwell niemals wieder nach Schottland zurückkehren würde. Maria Stuart würde zwar die Flucht aus Loch Leven Castle gelingen, aber es würden ihr nur wenige Tage in der Freiheit vergönnt sein. Nach einer verheerenden kurzen Schlacht mit Hunderten von Toten würde sie, nur mit einer letzten Hand voll Getreuer, über die Grenze nach England flüchten, wo das letzte Kapitel ihres tragischen Lebens eingeläutet werden würde.
Der Händler hob den Becher und prostete Duncan zu. Seine Stimme troff vor Ironie, als er sagte: »Schottland hat einen neuen König. Er ist am neunundzwanzigsten Juli in Stirling gekrönt worden. Abermals liegt die Krone in den Händen eines schwachen Säuglings, der von machthungrigen Männern umgeben ist. Trinken wir also auf James, den sechsten seines Namens auf Schottlands Thron. Möge er ein langes und glückliches Leben haben.«
Duncan brummte etwas Unverständliches. Es war offensichtlich, dass der Händler ein treuer Anhänger Maria Stuarts und mit den Ereignissen auf dem Festland alles andere als einverstanden war. Duncan konnte aber nicht riskieren, zu viel von seiner eigenen Meinung und Einstellung preiszugeben.
Anna bemerkte seinen Zwiespalt und fragte: »Was ist mit den katholischen Familien im Land? Werden sie von Moray verfolgt?«
Der Händler schüttelte den Kopf. »Der Earl von Moray hat jedem, der sich offen zur protestantischen Kirk und König James bekennt, Straffreiheit versprochen. Auch er ist den Kampf müde und möchte, dass in Schottland wieder Ruhe einkehrt. Ihr könnt von Glück sagen, Mylady, in der Abgeschiedenheit auf Skye zu leben. Meine Freunde und ich werden den Sommer hier verbringen, bis sich die Lage auf dem Festland stabilisiert hat.«
»Es ist spät, meine Herren.« Duncan erhob sich. »Die Magd wird Euch ein Zimmer zuweisen, meine Frau und ich würden uns freuen, wenn Ihr die nächsten Tage unsere Gäste seid.«
Die Händler dankten und versprachen Anna, dass sie sich als Dank einen besonders schönen Stoff aus ihrem Warenangebot aussuchen durfte.
Während sich Anna entkleidete, stand Duncan am Fenster und starrte in die Nacht hinaus. Anna streifte sich das Nachthemd über und trat neben ihn. Durch den geöffneten Flügel drang milde Nachtluft herein, irgendwo schrie ein Käuzchen. Sie legte eine Hand auf Duncans Arm. »Du musst aufhören, dir Vorwürfe zu machen«, sprach sie seine Gedanken aus. »Wir haben getan, was in unserer Macht stand, aber nun wird es bald vorbei sein. Die Ära von Maria Stuart ist vorbei, und wir sind hier in Sicherheit. Ich bin sicher, deiner Familie geht es gut. Deine Mutter ist
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