Die Treue Des Highlanders
seine Verdienste bei der Schlacht von Flodden erhielt. Er kam von Skye, ließ sich dann aber in der lieblicheren Gegend der Highlands nieder. In jungen Jahren hat mein Vater einmal die weite Reise unternommen, aber seitdem war niemand mehr auf der Insel.« Er sah Anna besorgt an. »Ich weiß nicht, was uns dort draußen erwartet. Vielleicht werden wir kein Dach über dem Kopf haben, denn das einstige Herrenhaus steht seit Jahrzehnten leer. Anna, noch ist es nicht zu spät – ich kann dich zurück zum Glen-Mal-Loch bringen. Wenn wir erst auf Skye sind, weiß ich nicht, wie lange es dauert, bis wir zurückkehren können. Der Weg nach Hause könnte dir so auf lange Zeit versperrt sein.«
Anna legte ihren Kopf an Duncans Brust. »Ich habe meine Entscheidung getroffen. Mein Zuhause ist dort, wo du bist«, sagte sie schlicht.
»Ist das schön!« Anna zügelte ihr Pferd, und gemeinsam blickten sie von dem Hügel in ein grünes Tal, durch das ein Fluss mit torfig-braunem Wasser rauschte und in dem üppiges Grün die Erde bedeckte. Im Hintergrund erhob sich blau und majestätisch eine Bergkette, um deren Gipfel sich weiße Wolken rankten. Im Tal drängte sich eine Ansammlung von Hütten um ein lang gestrecktes, zweistöckiges Steinhaus mit einem strohgedeckten Dach.
»Willkommen im Tal der Cruachans!« Stolz schob Duncan das Kinn nach vorne und machte eine umfassende Handbewegung. »Wenn ich gewusst hätte, wie bezaubernd es hier ist, hätte ich unserem alten Besitz schon längst einen Besuch abgestattet.«
Langsam trabten sie Seite an Seite den Pfad ins Tal hinab. Als sie in Sichtweite der Hütten kamen, öffneten sich die Türen, und Männer und Frauen kamen zögernd heraus. Anna fiel die Sauberkeit dieses kleinen Dorfes auf, hier gab es keinen Schlamm und Dreck zwischen den Häusern, und die Luft war klar und duftete nach Torf.
Ein rothaariger Hüne trat zögernd auf Duncan zu, in seinen Händen hielt er eine Mistgabel, und sein Gesicht drückte Misstrauen aus. Er sagte ein paar Worte, die Anna nicht verstand.
»Sprechen sie Gälisch?«, raunte Anna, und Duncan bestätigte ihre Vermutung mit einem Nicken und antwortete in derselben Sprache. Daraufhin warf der Mann die Mistgabel fort, rief den anderen etwas zu und machte eine einladende Handbewegung auf das Haus zu.
Duncan und Anna stiegen ab, sofort wurden ihre Pferde von einem jungen Burschen am Halfter genommen und fortgeführt. Ein zweiter, offenbar sehr alter Mann trat vor Duncan, beugte sein Knie, und aus den Gesten, die seine Worte begleiteten, schloss Anna, dass er Duncan willkommen hieß.
Duncan nickte wohlwollend. Während er und Anna auf das größere Haus zugingen, sagte er: »Die Menschen hier sind uns gegenüber skeptisch, was ich verstehen kann, denn es verirren sich nur selten Besucher auf die Insel. Der Alte aber hat das Wappen der Cruachans auf unseren Satteldecken erkannt und mich als seinen Herrn begrüßt und anerkannt.«
»Na, dann bin ich aber froh, dass sie nicht über uns hergefallen sind«, sagte Anna und sah sich vorsichtig um. »Sehr Vertrauen erweckend erscheinen mir die Leute nicht.«
»Du wirst lernen, sie zu verstehen. Das Leben auf Skye ist hart und entbehrungsreich, kaum einer von ihnen hat je das Festland betreten, aber ich bin überzeugt, dass sie grundanständige Menschen sind.«
»Hoffentlich!«, seufzte Anna.
Ihr Wortwechsel war mit Interesse verfolgt worden, und ein paar Frauen begannen aufgeregt miteinander auf Gälisch zu tuscheln. Obwohl Anna die Sprache nicht kannte, verstand sie doch ein Wort:
Sassenach
– das gälische Schimpfwort für eine Engländerin. Auch Duncan hatte es gehört. Er fuhr herum und wies die Frauen mit scharfer Stimme zurecht, dann sagte er zu Anna: »Sie vermuten, dass du aus England kommst, und sind deswegen skeptisch, aber ich habe ihnen gesagt, dass du meine Frau und die Herrin von Cruachan bist. Das werden sie akzeptieren.«
»Deine Frau ...« Anna lächelte wehmütig. »Beinahe wäre ich es geworden.«
Duncan legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie in das Haus. »Wir holen es so schnell wie möglich nach. Ich bin sicher, hier in der Gegend gibt es einen Geistlichen und auch eine Kirche.«
Der Zustand des einstigen Herrenhauses war besser als erwartet. Von draußen trat man direkt in eine kleinere Halle, die die gesamte Höhe des Hauses einnahm und im zweiten Stock von einer hölzernen Galerie gesäumt war, von der mehrere Türen abgingen. Der Fußboden bestand aus unebenen Steinquadern, die
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