Die Treue Des Highlanders
rechten einen Teller mit Lachsschnittchen balancierte. Gerade beendete der Regisseur seine halbstündige Rede mit den Worten: »Und ich glaube, wir sind uns alle einig, dass Patrick Sandler in diesem Film wieder Tausende von Frauenherzen zum Schmelzen bringen wird. Mein persönlicher Dank gilt ihm, und ich freue mich sehr, schon in wenigen Wochen erneut mit Patrick drehen zu können.«
Bla, bla, bla, dachte Anna und krauste unwillig die Stirn. Obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, jemals etwas anderes als Schauspielerin zu sein, gingen ihr dieser aalglatte Smalltalk und die Speichelleckerei auf die Nerven. Auch ihre Enttäuschung darüber, statt nach Kalifornien ins kühle Schottland zu reisen, hatte sich noch nicht gelegt, und Anna fand insgesamt wenig Gefallen an der Party. Sie schlenderte zu Bruce hinüber, der mit einem platinblonden Rauschgoldengel ins Gespräch vertieft war.
»Störe ich?«, fragte Anna spitz und stellte den Teller auf einem Stehtisch ab.
»Aber nein, mein Schatz, ich habe dich bereits vermisst. Anna, du kennst doch Lilian Graham?«
Annas und Lilians Finger berührten sich nur flüchtig, und beide Frauen lächelten sich reserviert an. Lilian Graham war die neue Assistentin des Drehbuchautors. Sie war erst in den letzten Wochen mit ins Boot gekommen, wie es in der Branche hieß, aber vom ersten Tag an derartig auffällig um Bruce herumgeschlichen, dass es Anna beinahe schlecht geworden war. Bruce fühlte sich offensichtlich sehr geschmeichelt durch die Aufmerksamkeit der gerade mal zwanzigjährigen kurvenreichen Lilian. Darauf angesprochen, hatte er Anna jedoch versichert: »Sie zeigt doch nur Interesse an mir, weil sie selbst Schauspielerin werden möchte. Du machst dir viel zu viele Gedanken, Anna.«
Auf dieser Party sprach Anna nun zum ersten Mal mit dieser Lilian und kam bereits nach wenigen Minuten zu der Erkenntnis, dass sie zwar hübsch, aber ansonsten dumm wie Bohnenstroh war.
»Es muss traumhaft sein, in den Armen von Patrick Sandler zu liegen«, flötete sie. »Ach, ich würde alles dafür geben, nur einen Tag mit dir tauschen zu können, Anna.«
»An mir soll es nicht liegen, vielleicht fragst du mal den Regisseur? Eventuell kann er dir eine kleine Rolle im nächsten Film geben, denn auf eine Darstellerin wie dich wartet er seit Jahren. Ich bin sicher, Patrick wird mit Freuden zustimmen«, gab Anna ironisch zurück.
Die blonde Lilian riss ihre babyblauen Augen weit auf. »Meinst du wirklich, ich sollte das tun? Aber nein, du machst ja nur Spaß, ein so berühmter Schauspieler beachtet mich doch gar nicht.«
Lilian kicherte kokett, und es lag Anna auf der Zunge, zu sagen, dass Patrick Sandler alle zu sich ins Bett holte, die nicht bei drei auf den Bäumen waren. Stattdessen wandte sie sich an Bruce und sagte: »Du entschuldigst mich, Liebling, aber ich werde mir ein Taxi rufen und nach Hause fahren. Ich habe Kopfschmerzen und möchte mich ein wenig hinlegen. Außerdem muss ich noch packen, wenn wir morgen Früh nach Schottland fahren wollen.«
»Ach, das tut mir aber Leid, wenn du dich nicht wohl fühlst.« Besitz ergreifend hängte sich Lilian bei Bruce ein und strahlte ihn verträumt an. »Wegen der Dreharbeiten in Schottland bin ich schon sehr aufgeregt, ich war nämlich noch nie so weit im Norden. Bruce, du musst mir unbedingt alles erzählen, was du über das Land weißt. Sind Männer im Kilt wirklich so unwiderstehlich, wie man allgemein sagt und ...«
Anna wandte sich ab und strebte auf den Ausgang zu. Sie war nicht eifersüchtig, denn sie kannte Bruce. Ein so naives Mädchen wie Lilian war eindeutig nicht nach seinem Geschmack, mochte sie auch über aufregende Kurven und einen süßen Schmollmund verfügen. Anna sehnte sich nach ihrem Bett, und während sie im Fond des Taxis saß und durch das nächtliche London fuhr, begann sie sich ein wenig auf die kommenden Wochen in Schottland zu freuen. Schließlich würde Bruce sie begleiten, und eigentlich war es ganz egal, wo sie mit ihm allein war. Vier, fünf Wochen lang gehörte Bruce nur ihr ganz allein! Keine Crewmitglieder, die immer etwas wissen wollten, kein dauernd klingelndes Handy, sondern nur die Ruhe und Einsamkeit der schottischen Highlands.
Klack-klack-klack ... Die Scheibenwischer des Sportcabriolets vermochten kaum die daumennagelgroßen Regentropfen so schnell zu vertreiben, wie sie auf die Windschutzscheibe prasselten. Anna starrte mit zusammengekniffenen Lippen auf die Straße. Die Wolken hingen so tief, dass
Weitere Kostenlose Bücher