Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (German Edition)
Rundblick um den Saal. »Auf ein Wunder dürfen sie nicht hoffen.«
»Man muss ihnen Zeit lassen. Sie werden zur Einsicht kommen. Wie wir. Wozu die Eile? Zeit ist nicht mehr Geld.«
»Geld ist nicht mehr wichtig, Zeit schon. Man sollte an die Ernte denken, eine Mühle einrichten, Vorsorge treffen für die Stallfütterung im Winter.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Alles nicht so wichtig, Coker. In den Städten muss es noch gewaltige Mehlvorräte geben und, allem Anschein nach, sehr wenige Verbraucher. Wir können noch lange vom Kapital leben. Zuerst müssen die Blinden einmal arbeiten lernen, bevor sie wirklich eingesetzt werden können.«
»Trotzdem muss hier etwas geschehen, sonst brechen die Sehfähigen in absehbarer Zeit zusammen. Es brauchen nur zwei auszufallen, und das Chaos ist da.«
Das konnte ich nicht bestreiten.
Am späten Nachmittag gelang es mir, Miss Durrant ausfindig zu machen. Niemand schien etwas von Michael Beadley und seinen Leuten zu wissen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er weggefahren war, ohne einen Fingerzeig für Nachzügler zu hinterlassen. Miss Durrant war nicht erfreut. Zuerst glaubte ich, sie würde jede Auskunft verweigern. Nicht nur deshalb, weil ich der anderen Gruppe den Vorzug gab. Unter den herrschenden Umständen stellte der Ausfall eines sehfähigen Mannes einen ernsten Verlust dar. Dennoch forderte sie mich nicht auf zu bleiben; sie wollte keine Schwäche zeigen. Zuletzt sagte sie kurz: »Sie wollten nach Dorset, irgendwo in die Nähe von Beaminster. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
Ich ging zurück und teilte es Coker mit. Er blickte noch einmal in die Runde. Dann schüttelte er bedauernd den Kopf.
»Okay«, sagte er. »Dann wollen wir also morgen früh aus diesem Kaff abhauen.«
»Das ist ein Wort«, schloss ich.
Am nächsten Morgen hatten wir um neun Uhr schon an die zwölf Meilen hinter uns; wie zuvor fuhren wir in unseren Lkw. Wir hatten erwogen, ob wir nicht handlichere Fahrzeuge nehmen und die Lastautos in Tynsham lassen sollten, aber ich konnte mich nicht entschließen, das meine aufzugeben. Ich hatte es selbst beladen und wusste, was auf dem Wagen war. Abgesehen von dem Material zur Triffidbekämpfung hatte ich mir auch sonst bei dieser letzten Fracht etwas mehr Freiheit genommen und eine Reihe von Dingen geladen, die außerhalb einer größeren Stadt schwer aufzutreiben waren, darunter eine kleine Lichtmaschine, einige Pumpen und mehrere Kisten mit guten Werkzeugen. Dinge, die später gewiss leicht zu beschaffen waren, aber es kam ja nun zunächst eine Zeit, wo es nicht ratsam war, eine größere Stadt zu betreten. In Tynsham konnte man Nachschub aus Städten holen, die die Seuche bisher verschont hatte. Da spielten zwei Ladungen mehr oder weniger keine Rolle, und so fuhren wir fort, wie wir gekommen waren.
Das schöne Wetter hielt an. Auf höherem Terrain war die Luft noch immer rein und ohne Geruch. Schlimm war es in den Dörfern. Selten sahen wir Leichen auf freiem Feld oder am Straßenrand; wie in London schien auch hier ein Instinkt die Leute in ein Versteck getrieben zu haben. Die Dorfgassen waren meist leer und die Felder ringsum so verlassen, als wären Menschen und Tiere durch Zauberei beseitigt worden. Bis wir nach Steeple Honey kamen.
Wir fuhren einen Hang hinunter und konnten von der Landstraße aus das Dörfchen überblicken. Es begann jenseits einer steinernen Brücke, die einen schmalen, glitzernden Wasserlauf überspannte. Ein stiller kleiner Ort, mit einem verschlafenen Kirchlein in der Mitte, von weiß getünchten Bauernhäusern gesäumt. Nichts schien je seinen Frieden gestört zu haben. Nun lag es leblos wie die anderen Dörfer, kein Rauch stieg empor. Doch als wir auf halber Höhe waren, gewahrte ich etwas, das sich bewegte.
Links von uns, jenseits der Brücke, etwas schräg zur Straße, stand ein einzelnes Haus mit einem Wirtshausschild an einem Mauerhaken. Und aus dem Fenster oberhalb dieses Schildes wurde etwas Weißes geschwenkt. Als wir näher kamen, erblickte ich auch den Mann, der, weit vorgebeugt, uns mit einem Handtuch heftig zuwinkte. Ich nahm an, dass er blind war, da er uns sonst auf der Straße aufgehalten hätte. Nach seinen kräftigen Bewegungen schien er nicht krank zu sein.
Ich gab Coker ein Signal und hielt an, als wir die Brücke passiert hatten. Der Mann am Fenster ließ das Handtuch fallen, schrie uns etwas zu, das bei dem Motorenlärm nicht zu verstehen war, und verschwand. Wir schalteten beide
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