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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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langen und ehrenvollen Geschichte des staatlichen Gesundheitsdienstes geblieben.«
    » Drink?« Somers Rede hatte ihn nicht verärgert, sondern davon überzeugt, dass der Mann nichts von Cranes Verbindung zu den Cambridge-Spionen wusste.
    » Bitte?«
    » Ob Sie noch etwas trinken möchten, Calvin? Auf meine Rechnung, versteht sich.«
    Somers sah auf seine Uhr, das Armband verschlissen, das sommersprossige Handgelenk dünn und bleich.
    » Nee. Ich muss los.« Gaddis sah ihm direkt in die Augen, zwang ihn so, seinen aufmüpfigen Blick zu senken – ein Trick, den er manchmal bei besonders störrischen Studenten anwandte –, und erzielte sogleich die erhoffte Wirkung. Somers schaute verlegen zur Seite und sagte: » Es sei denn, Sie sind noch nicht zufrieden mit dem Gegenwert für Ihr Geld.«
    Gaddis neigte sich kaum merklich zu ihm hinüber. » Eine Frage noch.«
    » Ich höre.«
    Schon wieder drängten sich zwei Raucher an ihrem Tisch vorbei und verschwanden nach draußen. Ein kalter Windstoß fegte zur offenen Tür herein.
    » Wie sind Sie auf Charlotte gekommen? Wie haben Sie sie gefunden?«
    » Ach, das war leicht.«
    » Leicht? Wie meinen Sie das?«
    » Ein Typ namens Neame hat sie mir genannt.«
    » Und haben Sie irgendeine Ahnung, wo ich diesen Neame finde?«

10
    Allem Anschein nach wollte Thomas Neame nicht gefunden werden. Er stand nicht im Telefonbuch. Im Internet war er auch nicht aufzufinden. Charlotte hatte Gaddis nichts über sein Leben erzählt, schon gar nichts über seinen Aufenthaltsort. Er wusste nur, dass Neame Cranes ältester Freund war – sein Beichtvater, wie Charlotte ihn genannt hatte – und sich bereit erklärt hatte, alle Einzelheiten über Cranes Zusammenarbeit mit dem KGB zu enthüllen. Er war » einundneunzig, sah aber aus wie Mitte siebzig« und war immer noch gesund und fit. Wie hatte Charlotte es ausgedrückt? » Hart und zäh, ein Schotte der Kriegsgeneration, so einer raucht vierzig Zigaretten am Tag und klettert vorm Frühstück mal kurz auf den Ben Nevis.«
    Warum ausgerechnet auf den Ben Nevis? War das ein Hinweis? Lebte Neame in Schottland? Dieser Gedanke war Gaddis eines Nachts im Bett gekommen und so schnell wieder verschwunden wie ein Auto, das draußen auf der Straße vorbeirauscht. Was sollte er jetzt tun? Mit dem Nachtzug nach Fort William fahren und dort an sämtliche Türen klopfen? Das wäre das nächste sinnlose Unterfangen.
    Während der nächsten Tage durchsuchte er die Unterlagen, die er von Holly Levette bekommen hatte, doch nirgends war Neames Name erwähnt. Eine nutzlose Suche mündete in die nächste, er kam sich vor wie in einer Warteschlange, in der seit Stunden nichts voranging. Gaddis hatte keinerlei Kontakte innerhalb der Polizei, keinen Freund bei der Finanzbehörde und schon gar kein Geld übrig, um einen professionellen Ermittler zu engagieren, der in Neames Vergangenheit wühlte. Er wusste nicht einmal, wo Neame zur Schule gegangen war. Und im Hinterkopf hatte er immer den beschämenden Gedanken, Calvin Somers dreitausend Pfund für etwas gezahlt zu haben, das letztlich nicht mehr wert war als eine nette Anekdote für eine Dinner-Party.
    Zum Glück war Gaddis von Natur aus weder Defätist noch Melancholiker. Vier Tage nachdem er sich mit Somers in dem Pub getroffen hatte, beschloss er, nicht länger nach Neame zu suchen, sondern sich direkt auf Edward Crane zu konzentrieren. Faktisch bedeutete es, dass er nach einem Mann suchte, den es nicht mehr gab, aber das störte ihn nicht. Historiker sind spezialisiert auf Tote. Sam Gaddis hatte seine gesamte bisherige Karriere damit verbracht, Menschen, denen er nie begegnet war, Gesichter, die er nie gesehen hatte, Namen, über deren Träger er nur etwas in Büchern gelesen hatte, zum Leben zu erwecken. Er war ein Experte der Rekonstruktion. Er wusste, wie man die Fragmente der Existenz eines Fremden zusammenfügte, wie man sich durch ein Archiv arbeitete, verstand es, den Strom der Geschichte auszusieben, um die Goldstücke kostbarer Informationen ans Licht zu bringen.
    Zuerst stattete er dem Zeitungsarchiv der British Library in Colindale einen Besuch ab, fand dort den getürkten Nachruf auf Crane und ließ sich von einem Mikrofilm der Times aus dem Jahre 1992 eine Kopie anfertigen. Der Artikel war nicht von einem Foto begleitet, aber der Inhalt entsprach in etwa dem, was Somers ihm am Ufer des Kanals geschildert hatte: dass Crane am Marlborough College im Internat gewesen war und anschließend am Trinity

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