Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
schwieg eine Weile und schaute aus dem Fenster in den Schloßgarten, wo Bischof Ulrich, auf des Herzogs Arm gestützt, ein paar Schritte im Schnee spazierenging.
Inzwischen schien er ein Herz und eine Seele mit seinem Gastgeber zu sein.
»Es ist nicht so aussichtslos, wie du jetzt denkst«, meinte sie schließlich. »Sein Stiefvater, der Herzog Heinrich Jasomirgott von Österreich, hat sich vor vielen Jahren König Konrad gegenüber ebenso verhalten, und er hat Erfolg gehabt. Das kann meinem Mann auch gelingen.« Es klang aber nicht wie eine Feststellung, sondern eher wie ein Wunsch.
Mathilde beugte sich über ihren Stickrahmen. Nur hier am Fenster war es hell genug, um das schwierige Muster der Altardecke zu erkennen. Aber es kam so kalte Luft herein, daß ihre Finger steif waren und sie sich ständig stach. Ungnädig warf sie die Arbeit beiseite und rieb sich die klammen Hände.
»Ich will dir anvertrauen, daß Heinrich letzten Sommer mit dem Kaiser zusammengetroffen ist. Zwar folgte er nicht der Ladung zum Reichstag nach Magdeburg, wo seine Gegner wie die Schmeißfliegen auf ihn lauerten, aber wie zufällig ritt er nach Haldensleben, also ganz in die Nähe. Dort bat er Barbarossa um eine Unterredung, und die Vettern haben sich getroffen. Mein Mann bat Friedrich um Unterstützung, und der schaute ihn lange an. Sein Blick sagte: ›Chiavenna, Heinrich! Chiavenna! Da habe ich dich angefleht, und du wolltest mir nicht helfen, oder doch nur für einen zu hohen Preis.‹ Aber so etwas würde Kaiser Friedrich natürlich niemals aussprechen. Statt dessen sagte er: ›Ich bin stets, wie immer, bereit, dir zu helfen, Vetter. Nur kannst du nicht erwarten, daß ich das Gericht der Fürsten etwa bevormunde.‹
Genau das hatte Barbarossa zwar seit jeher getan, aber - gut.
›Aber natürlich will ich gerne vermitteln. Nur hat das seinen Preis. Du hast schließlich erhebliche Schäden bei deinen Gegnern angerichtet, die müssen bezahlt werden.‹
Das waren Töne, die Heinrich noch nie vernommen hatte.
Er schluckte und fragte dann trocken: »Wieviel, Vetter?« Und Barbarossa sagte, wie nebenbei, als handele es sich um eine Geringfügigkeit:
›Nun, ich denke, mit fünftausend Silbermark könnten die Fürsten sich beruhigen …‹«
Ich schlug die Hände zusammen. »Fünftausend Silbermark?« fragte ich entsetzt.
»Das ist eine riesige Summe. Die konnte der Herzog wohl nicht aufbringen?«
Mathilde schloß mit einem Knall das kleine Fenster mit seinen bunten Scheiben.
»Darum ging es nicht, Sophia. Sollte alle Welt sagen, daß Heinrich nur bestehen könne, nachdem er sich das Wohlwollen seines kaiserlichen Vetters mit Geld erkauft hatte? Und es wären weitere Forderungen gekommen: Der Magdeburger, der Kölner, sie hätten ja nicht nur Ersatz für ihre erlittenen Verluste verlangt, die im übrigen geringer waren als die Schäden, die sie in Heinrichs Landen angerichtet haben. Sie hätten auch noch die Kosten zurückgefordert, mit denen sie den Krieg in unser Land getragen haben: den Sold, die Pferde, die Verpflegung, die Waffen … Nichts wäre uns geblieben. Friedrichs Vermittlungsangebot war eine Falle, keine Großzügigkeit. Das hat mein Löwe erkannt, und darum ritt er wortlos davon.«
Mathilde stand auf.
»Komm, Sophia, wir gehen hinunter in den Garten zu meinem Löwen und Bischof Ulrich. Ein paar Schritte an der Winterluft werden uns auch guttun.«
Auch im Laufe des Januars kam keine Nachricht von Gottschalk. Ich wußte, daß dies viele Gründe haben konnte und nicht unbedingt das Schlimmste bedeuten mußte. Aber was half es, daß mein Kopf dies sagte, wenn doch mein Herz sich täglich ängstigte? Ich war verzagt und unglücklich, und
Mathilde bemühte sich nach Kräften, mich zu trösten und zu beruhigen. Noch nie hatte ich mich so elend gefühlt, wenn ich ein Kindchen trug. Ich war sehr dünn, nur das Bäuchlein wuchs langsam, und die Kammerfrau beriet täglich mit der Köchin, womit mein Appetit wohl angeregt werden könnte, dabei war ich doch wirklich keine wichtige Person am Hof.
Und dann kam der Donnerschlag. Die Fürsten traten in Würzburg zusammen und fällten ihr Urteil über den, der weit mächtiger war als die meisten von ihnen. Selbst Heinrichs Onkel, der alte Welf aus Ravensburg, war dabei. Der Kaiser konnte zufrieden sein: Einstimmig sprachen sie Heinrich schuldig.
Schuldig wessen?
Er habe die Majestät beleidigt, indem er trotz dreier Vorladungen nicht erschienen sei.
Er habe die
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