Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
weiteren Schiffen. So hatten keine Piraten auch nur daran denken können, die einzigartige Beute zu erobern.
Auch ich stand in der Menge und sah, wie Königin Alienor ihr Schiff verließ. Sie hatte sich sorgfältig zurechtgemacht, das längst graue Haar war nicht unter einer Haube verborgen, sondern nur von einem durchsichtigen Schleier bedeckt, auch eine Krone zierte ihr Haupt. Natürlich war
sie inzwischen alt geworden, aber ich fand sie noch immer schön. Sie hielt sich sehr aufrecht, lächelte und grüßte in die Menge, die ihr zujubelte. Erzbischof Adolf, gerade gewählt, aber noch nicht inthronisiert, trat auf sie zu und begrüßte sie ebenso höfisch wie ehrerbietig. Er reichte ihr den Arm und führte sie die paar Schritte zu der wartenden Sänfte. Sie bestieg sie mit der Leichtigkeit und Anmut einer sehr viel jüngeren Frau, schob sofort die Vorhänge zurück und winkte lächelnd nach allen Seiten. Ich stand in der ersten Reihe hinter den absperrenden Soldaten und konnte sie sehr gut sehen. Gerne würde ich jetzt erzählen, daß sie mich sah und wiedererkannte, aber das wäre schlicht gelogen. Wie hätte sie auch eine Frau, eingehüllt in einen dicken Mantel und eine warme Kapuze, von der kaum mehr zu sehen war als die Nasenspitze, mit einem jungen Mädchen aus ferner Vergangenheit in Verbindung bringen können? Sie hatte mich vermutlich in dem Augenblick für immer vergessen, als ich den Palast in London verließ. Aber ich hatte mich immer wieder in Gedanken mit ihr beschäftigt.
Nun, dies war das letzte Mal, daß ich jemand aus der englischen Königsfamilie gesehen habe. Der Erzbischof reiste bald darauf mit der Königin und den Silberschiffen ab, um sich bei Kaiser Heinrich für Richards Freilassung zu verwenden. Im Monat Februar kehrten sie, ohne das Silber, aber dafür mit König Richard, zurück. Drei Tage lang wurde im erzbischöflichen Palast ein rauschendes Fest für die hohen Gäste gefeiert. Davon bekam ich aber nichts mit, denn ich hatte mir beim stundenlangen Warten in der Eiseskälte bei der Ankunft der Königin eine so schlimme Erkältung geholt, daß ich noch immer nicht das Haus verlassen konnte. Das tat mir sehr leid, denn ich hätte gar zu gern den englischen König, Mathildes geliebten Bruder, gesehen.
Ehe der König mit seiner Frau Mutter Richtung Antwerpen
abreiste, verlieh er den Kölner Bürgern ein bedeutsames Privileg, nämlich allgemeine Abgabenfreiheit in seinem Herrschaftsgebiet, besonders in der Gildehalle zu London. Bis jetzt mußten dort bei jedem Besuch zwei Solidi gezahlt werden. Außerdem durften sie frei (und gebührenfrei) in seinem Land reisen.
Ich sehe schon, der riesige Silberschatz beschäftigt dich noch. Du fragst, was denn der Kaiser und der Herzog mit soviel Geld angefangen haben? Nun, Kaiser Heinrich finanzierte damit seinen Kriegszug nach Sizilien, eroberte es und plünderte es aus. Herzog Leopold hingegen gründete die österreichische Münze, die aus dem ganzen vielen Silber schöne Geldstücke prägte. Mit diesem Geld baute Leopold seine Städte aus, vor allem Wien.
Übrigens hat dem Papst die ganze Sache wenig gefallen. Schließlich hatte er selbst für die Sicherheit und Unversehrtheit der Kreuzfahrer gebürgt. Wer würde in Zukunft schon noch wagen, auf den Ruf des Heiligen Vaters ins Heilige Land zu ziehen? Papst Coelestin ärgerte sich sehr, als er erfuhr, um welche gewaltige Summe Kaiser und Herzog den König von England geschröpft hatten, und verlangte unter Androhung der Exkommunikation, sie sollten das Geld an König Richard zurückzahlen. Übrigens, ich vermute, daß sich der Herr Papst besonders darüber geärgert hat, daß er von dem Lösegeld nichts abbekommen hatte.
Der Kaiser antwortete bedauernd, er wäre natürlich gern der Anregung des Heiligen Vaters gefolgt, aber leider habe er das ganze Geld schon für seinen Kriegszug ausgegeben.
Herzog Leopold, schon wesentlich schüchterner, meldete ebenfalls, das Geld sei bis auf einen kleinen Rest ausgegeben. Nun erlitt er aber Ende des Jahres einen schlimmen Sturz vom Pferd und sah dem Tod ins Auge. Er zitterte davor,
als Gebannter niemals das Himmelstor durchschreiten zu dürfen. Auf dem Totenbett schwor er darum, gemeinsam mit seinem Sohn Friedrich, daß sie den Engländern das Geld zurückgeben würden. Daraufhin nahm der Papst die Exkommunikation zurück, und Leopold starb erleichtert und mit ruhigem Gewissen.
Tatsächlich wollte Friedrich von Österreich nach dem Tod
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