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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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Erinnerungen.
     
    Wir schwiegen lange. Das letzte Tageslicht schwand, Heinrich zündete eine Kerze an; ihr schwaches Licht auf dem Tisch flackerte müde.
    »Mathilde gehörte zu den beneidenswerten Menschen, die ihren Lebensweg ganz klar und deutlich vor sich sehen«, begann ich zögernd. Und ich erzählte dem Herzog von
der blutjungen, fast noch kindlichen Prinzessin, wie ich sie in London kennengelernt hatte; die eisern entschlossen gewesen war, den Mann, welchen ihre Eltern ihr bestimmt hatten und den sie noch nie gesehen hatte, zu lieben bis ans Ende ihrer Tage - und so war es dann ja auch gekommen. Heinrich lachte, als ich von unseren Unterrichtsstunden berichtete. »Herr Heinrich, Euer Anblick erfreut mein Herz - das war das erste, was sie später zu mir sagte, und sie hat mich damit doch sehr verblüfft. Nun höre ich, daß ihr beide das so abgesprochen und eingeübt hattet«, sagte er erheitert.
    »Mathilde hat sich immer vor dem Tag gefürchtet, der ihr ihren geliebten Löwen entreißen würde«, sagte ich. »Diesen Tag hat sie jetzt niemals erleben müssen. Wem ist es schon beschieden, seinem Partner in Liebe verbunden zu sein, jeden Tag, bis zum Tod?«
    Heinrich wandte mir sein Gesicht zu und blickte mich aufmerksam im schwachen Licht der Kerze an.
    »Das klingt so, als gehörtest du nicht zu diesen?« fragte er behutsam.
    Ich zögerte. Ich war nicht gewohnt, über meine persönlichen Schwierigkeiten zu reden. Aber dies war offenbar eine Stunde des Vertrauens, von denen es nicht viele im Leben gibt.
    »Ich liebe meinen Mann und wäre sehr froh, wenn ich mir seiner Zuneigung auch so unerschütterlich sicher sein könnte, wie Mathilde es war. Freilich bin ich nicht so schön, wie sie es gewesen ist, und vermutlich auch nicht so liebenswert.«
    Ich war froh, daß es fast dunkel war.
    Heinrich legte den Arm um mich und wiegte mich wie ein kleines Kind.
    »Liebe kleine Sophia«, sagte er sanft, »du bist sogar sehr liebenswert.«

    »Nein«, sagte ich, entschlossen, alle meine Fehler auf einmal aufzudecken. »Ich bin neugierig, rechthaberisch und ungeduldig mit allen, die langsamer denken als ich. Kein Wunder, daß mein Mann gelegentlich nach anderen Frauen schaut.«
    Fast erwartete ich, daß der Herzog mich auslachen würde, aber das tat er nicht.
    »Sophia«, sagte er liebevoll zu mir, »wir haben alle unsere Schwächen, und wir machen auch alle Fehler. Gott hat keinen von uns vollkommen geschaffen. Es kommt immer darauf an, wie es unter dem Strich aussieht - so wie in deinen Geschäftsbüchern. Ich weiß, wie penibel du sie führst, denn ich habe die Haushaltsbücher gesehen, die du für meine Mathilde angelegt hast. Und unter dem Strich des Buches Sophia sieht es sehr gut aus, da ist ein erhebliches Guthaben: Freundlichkeit, Witz, Treue, Klugheit - und, wenn ich nicht irre, auch Verzeihenkönnen. Das ist eine Kunst, die nicht viele beherrschen.«
    »Ich beherrsche sie auch nicht. Aber wenn es nötig ist, kommt meine Mutter und stutzt mir den Kopf zurecht«, erklärte ich.
    Jetzt lachte der Herzog doch.
    »Da hast du aber Glück.« Und er legte den Arm um meine Schultern, so daß ich meinen Kopf bequem an ihn lehnen konnte. »Erzähle mir noch ein wenig von euren Jungmädchengeheimnissen, Sophia«, bat er. Und ich erzählte, was auch immer mir über unsere geliebte Mathilde einfiel. Die Nacht schritt fort, und ich redete noch immer. Von Zeit zu Zeit hob ich den Kopf und sah nach, ob der Löwe mir noch zuhörte oder vielleicht eingeschlafen war, aber er schaute mich jedesmal ganz wach und aufmerksam an. Schließlich fiel mir nichts mehr ein, und ich wurde auch müde.
    »Danke, Sophia«, sagte der Herzog einfach. Und dann ist es passiert, ich weiß noch heute nicht, wie es dazu kam. Wir
umarmten uns, in Erinnerung an die Frau, die uns beiden so viel bedeutet hatte. Und dann liebten wir uns. Keiner von uns beiden hatte das vorausgesehen oder gar beabsichtigt, es geschah einfach. Da war nichts von der heftigen, manchmal schmerzlichen Leidenschaft, die ich von Anfang an und bis zu seinem Tod für deinen Vater empfunden habe, da war nur sachte, zärtliche Anteilnahme am andern, vertrauensvolle Zuwendung und liebevolles Verstehen.
     
    Du wendest dich von mir ab und machst ein böses Gesicht, meine Methildis? Ich würde an deiner Stelle wohl ebenso reagieren. Einmal, weil du dir deine Mutter durchaus nicht in dieser Situation vorstellen möchtest; und dann, weil jede Tochter der Mutter grollt, wenn diese ihren

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