Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
lehrte Mathilde alle Waffen in seiner Sprache. »Falls Ihr ihm seine Rüstung herauslegen sollt«, meinte ich. Mathilde glaubte zwar, dies sei eher die Aufgabe seines Knappen, aber sie wollte trotzdem jede seiner Waffen benennen können. Vater ging zum Hafen, wo soeben ein Schiff der Familie Quattermart aus Köln angelegt hatte, und erwarb dort hochwertige Erzeugnisse unserer Waffenschmiede. Die brachte er dann ins Schloß und erklärte Prinzessin Mathilde, wie die einzelnen Gegenstände hießen und wozu man sie benutzte.
»Ich sehe, Ihr nehmt Eure Aufgabe sehr ernst«, bemerkte Königin Alienor dazu und kaufte die schönen Stücke für ihre jungen Söhne, nachdem sie sich mit deren Waffenmeister beraten hatte.
Bei dem Eifer, den die Prinzessin an den Tag legte, machte sie rasche Fortschritte; sie äußerte nun den Wunsch, etwas über die Geschichte ihrer zukünftigen Familie, nämlich des welfischen Hauses, zu erfahren.
Das war eine schwierige Sache. Ich beriet mich abends noch lange mit meinen Eltern. Es galt ja nicht nur, die Angelegenheiten dieser mächtigen und bedeutenden, aber Köln
doch nicht allzu nahe stehenden Fürstenfamilie zu kennen; wichtig war auch, was besser verschwiegen werden sollte. So erzählte ich Prinzessin Mathilde, daß der Vater ihres Bräutigams, Heinrich der Stolze, die einzige Tochter des Kaisers Lothar von Supplinburg geheiratet hatte und ein großer Fürst als Herzog von Sachsen und Bayern war. Aber ich verschwieg ihr, daß im Jahr 1138 der neu gewählte König Konrad auf dem Hoftag in Köln Heinrich dem Stolzen nur eins seiner beiden Herzogtümer zugestehen wollte, obwohl er doch das bayrische ererbt und das sächsische erheiratet hatte. An die Szene, wie Herzog Heinrich zornentbrannt davongeritten war, konnten sich meine Eltern gut erinnern. Ich war mir aber sicher, daß Mathilde diese Schmach des welfischen Hauses kränken würde, und sagte darum kein Wort darüber.
Ich gewann die zarte Prinzessin Mathilde sehr lieb. Sie war so eifrig und gelehrig und ließ mich den Standesunterschied niemals merken. Einmal waren wir im Garten gewesen, um die Namen der Pflanzen zu lernen, und die herbstlichen Winde hatten uns das Haar zerzaust. Als wir die Kemenate wieder betraten, griff ich, ohne mir etwas dabei zu denken, nach einem Kamm und wollte Mathildes Locken wieder in Ordnung bringen. Aber sie nahm ihn mir sanft aus der Hand, legte ihn beiseite und bemerkte freundlich: »Du bist nicht meine Kammerzofe, sondern meine hochgeachtete Lehrerin und Freundin.« Das rührte mich sehr.
Nachdem wir uns näher kennengelernt hatten, fragte mich Mathilde auch nach meinem Bräutigam. Aber darüber wollte ich nicht mit ihr reden. Statt dessen erzählte ich ihr, wie mein Vater meine Mutter umworben hatte und wie glücklich sie miteinander waren. Da seufzte die Prinzessin und preßte die Lippen zusammen. Ich erschrak, denn mir dämmerte, daß
sie wohl an ihre eigenen Eltern dachte, und deren Eheglück war ja nicht gerade beispielhaft. Ich hatte inzwischen auch begriffen, warum Königin Alienor unsere schöne grüne Seide keines Blickes gewürdigt hatte: König Heinrich hatte eine Geliebte namens Rosamund, die bevorzugt grüne Kleidung trug, weil sie grüne Augen und schwarzes Haar hatte. Die Königin ließ sich niemals anmerken, daß sie von der Untreue ihres Gemahls wußte; aber daß sie die grüne Farbe konsequent mied, verriet sie.
»Es war dumm von mir, von meinen Eltern zu erzählen«, entfuhr es mir. Aber Mathilde hatte sich schon wieder gefangen. Ihre Unterlippe zitterte noch etwas, aber sie sagte tapfer:
»So soll meine Ehe auch werden - so innig. Ich hoffe sehr, daß mein Gemahl mich ebenso lieben wird, wie dein Vater deine Mutter liebt. Kannst du mir verraten, wie sie das macht?«
Ich dachte lange nach. Die Liebe meiner Eltern zueinander und zu mir waren mir so völlig selbstverständlich, daß ich mir niemals Gedanken darüber gemacht hatte, auf was sie beruhte.
»Ich glaube«, begann ich dann zögernd, »daß meine Eltern sich sehr achten. Darum schimpfen und streiten sie nicht miteinander. Wenn sie verschiedener Meinung sind, sagen sie sich das freundlich, und dann denkt jeder über die Ansichten des anderen nach, statt nur die eigenen behaupten zu wollen. Und dann bemühen sich beide, den anderen zu erfreuen. Mein Vater kommt niemals von einer Handelsfahrt ohne ein kleines Geschenk für meine Mutter. Und sie achtet bei all ihrer vielen Arbeit immer darauf, daß er es behaglich
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