Die Tuchhaendlerin von Koeln
einen Sohn, der meine Freude und meine Hoffnung war. Alles ist anders gekommen, als ich es gedacht habe, und ich habe beide gar zu früh verlieren müssen - aber mir ist klargeworden, daß ich sie ja wiedersehen werde. Und je mehr ich mir jetzt Mühe gebe und gute Werke tue, um so kürzer wird meine Zeit im Fegefeuer sein, und um so schneller kann ich dann für immer bei Marcmann und Meginzo bleiben.«
Ich habe dir ja schon von Constantins Stiefsöhnen, Theoderich und Heinrich, erzählt. Du kanntest sie nicht, beide waren älter als ich und starben vor deiner Geburt. Ihre Mutter Durechin hatte als Witwe meinen Vetter Constantin geheiratet; sie war zehn Jahre älter als er, und ganz Köln zerriß sich das Maul über diese Heirat und meinte, wenn sie nicht die Tochter des überaus reichen Gerard Unmaze gewesen wäre, der seine Finger in jedem Geschäft mit viel Gewinn hatte, so hätte Constantin sie nicht genommen. Mag ja sein, daß dies eine Rolle gespielt hat, denn Constantin hatte riesige Pläne: Er pachtete das Amt des Zollmeisters und des Münzmeisters vom Erzbischof. Damit war sehr viel Geld zu verdienen, allerdings war die Pachtsumme ungeheuerlich. Aber niemand kann bestreiten, daß Constantin sehr freundlich und achtungsvoll mit Durechin umging; und ihren Söhnen war er ein großartiger Stiefvater, das kann man nicht anders sagen.
Er widmete ihnen viel Zeit und liebevolle Fürsorge, auch nachdem ihm Durechin eigene Kinder geboren hatte. Sie dankten ihm das mit leidenschaftlicher Liebe und blieben in seinem Haushalt. Immer wieder schlug er ihnen vor, ihnen das Haus zu überlassen, das ja ihrer Mutter gehört hatte, und ihnen eine passende Braut zu suchen; aber keiner von beiden wollte je etwas davon wissen, weiß der Himmel, warum. Sie fühlten sich sehr wohl in unserer Familie und unserem Handelsunternehmen, obwohl sie auch ihren Platz in der Familie Unmaze hätten haben können. Beide liebten ihre Halbgeschwister über alles, Constantins Tochter Engilradis, die später Hildeger Hardefust geheiratet hat, und ganz besonders den kleinen Bruder Fordolf, der als kleines Kind so schwer erkrankte, daß er hilflos wie ein Neugeborenes wurde. Ich erinnere mich noch gut, mit welch unendlicher Geduld Theoderich dem Kleinen wieder beibrachte, zu laufen und zu sprechen. Daß Fordolf langsam wieder zum Gebrauch seines Körpers und seines Verstandes kam, verdankte er in erster Linie seinem Bruder und dann Constantins zweiter Frau, Friederun, die sich auch mit unermüdlicher, liebevoller Fürsorge um ihn kümmerte. Das kannst du dir heute sicher gar nicht vorstellen, weil du ihn nur als gelehrten und klugen Mönch kennst.
Jedenfalls überraschten Theoderich und Heinrich ihren Stiefvater mit der Mitteilung, daß sie zu Engilradis und Gertrudis ziehen wollten. Besorgt bot Constantin ihnen zum hundertsten Mal an, ihnen das Haus ihrer Mutter zu überlassen, er könne sich selbst ein neues kaufen; aber Theoderich lachte nur darüber.
»Dein nächstes Wort wird dann wieder sein, daß wir heiraten sollen, und das hat keiner von uns beiden vor. Kaum zu glauben, wie dringend es dir ist, uns endlich loszuwerden!
Laß nur, Vater. Eckebrechts Haus ist viel zu groß für die beiden Frauen, und bei dir wird es im Lauf der Zeit wohl
reichlich eng bei den vielen Kindern, die Elizabeth dir zu schenken gedenkt. Außerdem muß sich auch jemand um den Handel kümmern, wo Fordolf nicht mehr da ist. Du wirst es nicht glauben, aber Engilradis und Gertrudis möchten uns gern bei sich haben!«
Daran hätte Constantin auch gar nicht gezweifelt.
1174
Z u Beginn des Jahres 1174 stand wieder eine Handelsfahrt nach Braunschweig für Gottschalk, Theoderich und Heinrich an.
»Ach, wie gerne würde ich mitfahren«, sagte ich zu meiner Mutter. »Es wäre so schön, Mathilde wiederzusehen, und ich bräuchte auch einmal wieder anderen Wind um die Nase.«
»Dann tu es doch«, sagte Mutter aufmunternd.
»Ich kann doch nicht. Die Kinder …«
»Ich traue mir ohne weiteres zu, für eine Weile deine kleinen Schlingel zu beaufsichtigen. Vielleicht gelingt es mir ja während deiner Abwesenheit, Gunther und Richolf dazu zu bringen, sich vor dem Essen die Hände zu waschen und die Nase zu putzen. Und seit Gerhard laufen kann, ist er so damit beschäftigt, jeden Winkel genau zu erforschen, daß er gar nicht merken wird, wenn du nicht da bist.«
Der Gedanke, daß meine Kinder mich gar nicht vermissen würden, war mir nun auch wieder nicht recht, und ich
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