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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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er sich wieder besonders über Thomas geärgert hatte, den törichten Ausruf: ›Ach, wenn mich doch jemand von diesem gräßlichen Menschen befreien wollte!‹ Ich glaube nicht, daß er dies wörtlich gemeint hat, aber vier seiner Ritter nahmen es ernst. Sie erschienen in der
Kathedrale von Canterbury, ergriffen Thomas, schleppten ihn hinaus, um in der Kirche kein Blut zu vergießen, und spalteten ihm den Schädel.
    Natürlich schob man Vater die Verantwortung für diesen abscheulichen Mord zu. Meine Mutter meint, er habe diese Untat nicht befohlen; aber da es ihm sehr gelegen kam, von dem ewigen Unruhestifter befreit zu sein, glaubte niemand an seine Unschuld. Mein Vater wurde auf das heftigste angegriffen und mußte sich vor zwei Jahren der strengsten Kirchenbuße unterziehen. Denk dir nur, er, der König, wurde öffentlich ausgepeitscht! Obwohl er sich als bußfertiger Sünder darstellte, verzieh man ihm nicht.«
    Mathilde blieb stehen, seufzte leise, rieb sich den Rükken und sah sich nach einer Sitzgelegenheit um. Ich nahm meinen Umhang ab und legte ihn auf einen umgefallenen Baumstamm. Zufrieden ließ sich Mathilde darauf nieder und reckte das Gesicht in den Sonnenschein.
    Ich entdeckte ein paar Schneeglöckchen und pflückte sie für Mathilde. Sie lächelte mich an und fuhr fort.
    »Ja, und da hatte ich eine Idee. Erinnerst du dich, daß du mir einmal erzählt hast, daß dein Vetter Constantin den großartigen Einfall hatte, die Heiligsprechung Karls des Großen könnte Kaiser Friedrich sehr von Nutzen sein? Und wie sein bester Freund, euer Erzbischof Rainald von Dassel, diese Idee aufgriff und durchführte, und wie ganz Europa nach Aachen strömte, um am Grab des neuen Heiligen zu beten, und wie dessen Glanz auf Barbarossa fiel?«
    »Natürlich erinnere ich mich. Aber was hat das mit eurem Thomas Becket zu tun?«
    Mathilde lachte leise.
    »Ich habe die Idee deines Vetters gestohlen. Weißt du, ich liebe und bewundere meinen Vater sehr. Für meine Mutter tut es mir weh, daß er kein treuer Ehemann ist, aber als König ist er wirklich groß, und er war auch sehr lieb zu
mir, als ich noch ein kleines Mädchen war. Als ich mir den Kopf zermartert habe, wie man seinen Ruf wiederherstellen könnte, da fiel mir dein kluger Vetter ein. Und da habe ich meinem Vater geraten, er solle verbreiten lassen, daß er einen Traum hatte.«
    »Was für einen Traum denn?«
    »Ihm sei sein ehemaliger Freund Thomas Becket im Traum erschienen und habe ihm verziehen und verheißen, er wolle um ihrer alten Freundschaft willen fortan sein Schutzpatron sein. Ich selbst habe mich bei Papst Alexander sehr dafür eingesetzt, Thomas als Märtyrer und Heiligen anzuerkennen, und das ist letztes Jahr auch geschehen.«
    »Wie bitte? So bald nach seinem Tod schon?«
    »Nun ja, der Papst ist schon sehr auf Unterstützung angewiesen, wo der Kaiser ihn doch nicht anerkennen will … Mein Vater wird nun in diesem Jahr einen überall angekündigten Bußgang nach Canterbury machen und dort innige Versöhnung mit seinem heiligen Freund zelebrieren. Das wird eine gewaltige Wirkung haben.«
    Mir fiel etwas ein.
    »Man könnte das Bild des heiligen Thomas auf Stoff malen und rahmen und verkaufen.«
    Mathilde dachte kurz nach.
    »Eine ausgezeichnete Idee«, befand sie dann. »Und da deine Familie mit Tuch handelt, bestelle ich bei dir tausend Bilder. Ich schicke meinen Haushofmeister mit euch nach Köln, er hat Thomas Becket gut gekannt und kann euch angeben, wie er aussah. Außerdem kann er den Stoff und die Rahmen dazu auswählen.«
    »Ist das eine Aufgabe für einen Haushofmeister?« fragte ich zweifelnd.
    Mathilde lachte schadenfroh.
    »Eigentlich nicht; aber so bin ich ihn eine Weile los. Er ärgert mich nämlich mit seinem Getue. Ja, er kann die Lieferung
nach England selbst überwachen, dann ist er noch eine Weile länger fort. Vielleicht kannst du einmal überschlagen, wieviel das kosten wird?«
    »Weißt du, Mathilde, ich möchte aus unserer Freundschaft eigentlich kein Geschäft machen«, sagte ich zögernd. Aber Mathilde wedelte meinen Einwand fort.
    »Ich bin dir sehr dankbar für diesen guten Gedanken. Außerdem werde ich diese Heiligenbilder ja auch verkaufen lassen, den Erlös stifte ich dann zu Ehren des Heiligen, für Messen und Ewige Lampen und dergleichen …«
    Mühsam erhob sie sich, und wir gingen weiter.
    »Ich bin froh, wenn Vater wenigstens um diese Sorge erleichtert wird. Weißt du, meine Eltern vertragen sich gar nicht mehr gut.

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