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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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etwas schwindlig und seltsam im Kopf, weil ich am Abend zuvor mehr getrunken hatte, als ich gewohnt war. Gottschalk saß neben seiner Mutter. Neben mir saß mein junger Schwager Regenzo, Gottschalks einziger Bruder, und als ich dummerweise eine Bemerkung über meinen benommenen Zustand fallen ließ, drängte er mir einen Becher ungemischten Wein auf, weil er meinte, ein Kater sei nur durch Zugießen zu bekämpfen.

    Er selbst genoß auch rasch hintereinander mehrere Becher, weil er zuerst seiner Mutter, dann seinem Vater und schließlich auch noch seinem Bruder zutrank. Dies war auch vermutlich der Grund, daß er mir etwas verriet, was ich niemals hätte erfahren wollen.

    »Sophia«, sagte er gerührt, und seine Aussprache war schon etwas undeutlich, »du bist eine fabelhafte Frau, und ich bin froh, daß du meine Schwägerin geworden bist.« Diesmal war ich es, der er zutrank, und dann rülpste er fröhlich. »Wenn ich bedenke, wie sehr wir haben Gottschalk damals zureden müssen, damit er um deine Hand anhielt, dann muß ich lachen.«
    Und er kicherte in seinen Becher hinein, während ich erstarrte.
    Ich mußte mich sehr um einen harmlosen Tonfall bemühen, als ich nachfragte: »Wie war denn das? Erzähle es mir, ich habe es wohl vergessen, weil ich ein wenig betrunken bin.«
    »Ach, es ist ja auch schon lange her. Als Gottschalk damals aus Byzanz zurückkam, hatte er doch den Wagen bei dem Überfall der Räuber verloren. Meine Eltern hatten viel Geld in diese Reise gesteckt, auch eine Menge geliehenes, und da Gottschalk alles gut verkauft und beste Ware dafür
erstanden hatte, wäre es ja auch ein großartiges Geschäft gewesen.«
    Er rülpste noch einmal und nickte traurig in seinen Becher. »Aber dann kamen ja die Räuber, und alles war weg. Die Schulden aber nicht. Wir wußten lange Zeit nicht, was aus Gottschalk geworden war, nachdem die anderen ihn verwundet zurückgelassen hatten. Wir hatten solche Angst um ihn, daß wir zunächst nicht an die Gläubiger dachten.«
    Ja, meine Angst um Gottschalk hatte mir damals auch den Hals abgeschnürt.
    »Und dann kam er doch nach Hause, und wir waren so glücklich. Wir lieben Gottschalk sehr, weißt du.«
    Darauf wollte er sofort noch einen Schluck trinken, aber sein Becher war leer. Suchend blickte er sich nach der Weinkanne um, aber ich goß ihm flugs statt dessen Wasser ein. Diese Geschichte wollte ich noch zu Ende hören, ehe Regenzo sich unter den Tisch trank.
    »Ups, das ist ja Wasser«, beschwerte er sich entsetzt, nachdem er einen tiefen Zug genommen hatte, aber ich legte ihm beschwichtigend meine Hand auf den Arm.
    »Was war denn dann, Regenzo, erzähle es mir doch!« bat ich ihn.
    »Na ja, meine Mutter hatte schon bei ihren Brüdern Geld geborgt und damit bei den Gläubigern angezahlt, damit sie stillhielten. Dann hatte sie Geld auf unser Haus geliehen und ihnen wieder einen Teil abbezahlt. Aber nun fingen sie an, auf die restliche Bezahlung zu drängen, und wir hatten kein Geld mehr. Es gab auch keinen Kredit mehr für uns, um neue Ware zu kaufen - womit sollten wir jetzt etwas verdienen? So kann durch einen einzigen unverschuldeten Unglücksfall aus einem gutangesehenen, wohlhabenden Kaufmann ein Habenichts werden.«
    Regenzo war solch ein netter, harmloser Junge, blond und schüchtern, das genaue Gegenteil seines um Jahre
älteren Bruders mit seinen wilden schwarzen Locken, den er als sein großes Vorbild anbetete. Er war normalerweise ziemlich still, und nur an diesem Tag habe ich ihn so redselig erlebt - zu meinem Schaden.
    Er betrachtete tiefsinnig sein Messer, schnitt sich ein Stückchen Fleisch herunter und begann dann, den geschnitzten Griff zu polieren. Ich packte ihn am Arm und schüttelte ihn leicht.
    »Und dann, Regenzo, was war dann?«
    »Nun ja, da hörte Mutter sich um, welche reichen Familien denn derzeit heiratsfähige Töchter hatten. Sie machte eine Liste und zeigte sie Gottschalk. Der winkte ab, weil er einfach keine Lust zum Heiraten hatte, aber sie ließ ihm keine Ruhe. Schließlich warf er einen Blick auf die Liste und erklärte, er kenne keines der jungen Mädchen. Dann schaute er noch einmal darauf und erinnerte sich, daß er dich schon einmal getroffen hatte. Ich kann mich jetzt nicht mehr erinnern, bei welcher Gelegenheit, aber du wirst das ja selber wissen. Er meinte jedoch, deine Eltern seien so reich, sie würden ihn nicht als Schwiegersohn wollen.
    Dann fragte er bei drei Tuchhändlersfamilien an - und bekam drei freundliche

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