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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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und steht nicht nur kommandierend auf einem Hügel herum.«
    Mir fiel die Szene vor Mathildes Hochzeitstag ein, deren unfreiwillige Zeugin ich damals war.
    »Davon hat er nicht zu dir gesprochen, damals -« entfuhr es mir. Ach, ich hatte noch immer nicht gelernt, meinen Mund zu halten, wenn es richtig gewesen wäre.
    Aber Mathilde war mir nicht böse.
    »Jeder Tag ein Fest, jede Nacht ein Traum, ja, das hat er mir verheißen. Aber im Alltag kann es nicht jeden Tag ein Fest geben. Wenn Heinrich kämpft und streitet, dann weiß ich, er tut es für die Zukunft unserer Kinder. Sein Onkel, der alte Welf, hat nach dem Tod seines einzigen Sohnes jedes Interesse verloren, hat sich nicht mehr um sein Land und dessen Bewohner gekümmert, hat gepraßt, gesoffen und krakeelt und sich mit seiner Frau gestritten, weil ihm sein Leben sinnlos erschien.

    Meinem Löwen hingegen ist auch jetzt noch keine Mühe, keine Plage zuviel, um sein Land erblühen zu lassen, denn es ist das Erbe unserer Kinder. Und wenn er erfahren muß, wie schändlich diese ausländischen Rotten in unserem Land hausen, dann trifft ihn das bis ins Mark. Weißt du, was sie tun, diese erzbischöflichen Truppen? Sie morden, brennen und schänden, weder Kirchen noch Klöster, nicht einmal Friedhöfe sind vor ihnen sicher. Sie rauben die Kirchen leer und tun den Nonnen Gewalt an. Ich kann nur hoffen, daß der allmächtige Gott diese christlichen Erzbischöfe dafür zur Verantwortung zieht, und es wäre mir lieber, wenn es nicht erst bei ihrer Prüfung im Himmel, sondern schon hier auf der Erde geschehen könnte, und je schneller, desto besser.
    Jedenfalls sind sie alle vor Haldensleben aufmarschiert, das zum Glück von einem unserer treuesten Männer, nämlich Bernhard von der Lippe, verteidigt wird. Ich kann nur hoffen, daß er der Belagerung der Übermacht widerstehen kann. Außerdem hat mein Löwe ein Heer nach Halberstadt geschickt, damit Bischof Ulrich christliche Demut lernen soll. Von dort haben wir noch nichts gehört.«
    Lothar und Otto stritten sich um ein Spielzeugpferd. Lothar riß es an sich, und Otto begann zu schreien.
    »Ruhe!« erklang es streng aus der Ecke, wo Richenza noch immer mit dem Finger den Zeilen in ihrem Buch folgte.
    »Hört ihr nicht, daß unsere Mutter sich große Sorgen um den Krieg im Land macht? Kann sie dann nicht wenigstens in unserer Burg Frieden haben?«
    Verblüfft blickten Mathilde und ich uns an. Wir hatten geglaubt, daß die Kinder unserer Unterhaltung keinerlei Aufmerksamkeit schenken würden. Daß aber die siebenjährige Richenza alles mitangehört und verstanden hatte, war erstaunlich. Rasch zählte ich die übriggebliebenen Äpfel in der Schale - vier, gut so! und verteilte sie an die Kinder. Da
saßen die Buben nebeneinander und kauten einträchtig, und der von Richenza gewünschte Friede war wiederhergestellt.
    »Ich habe eine Lösung«, teilte ich Mathilde mit.
    »Laß die Apfelernte im Land einsammeln und an die Heere senden, und der Krieg ist aus.«
    Aber Mathilde konnte leider nicht darüber lachen.

    In der folgenden Woche durfte ich nach dem strengen Urteil des Arztes und dem noch strengeren meiner Freundin Mathilde zum erstenmal wieder aufstehen. Ich war noch schwach und elend, aber das ständige Liegen war mir inzwischen unerträglich langweilig. Außerdem rührte sich langsam mein Appetit wieder, und ich freute mich auf das Festmahl, das meine Freundin für mich ausrichten wollte. Gottschalk hatte inzwischen alle Waren verkauft und war zu mir auf die Burg gezogen. Er war schon fertig angezogen und sah mir zu, wie Mathildes Kammerfrau mir sanft und vorsichtig das lange Haar kämmte und aufsteckte und statt der festen Haube einen Schleier mit Silberfäden aus Mathildes Kleidertruhe darüber befestigte. Mathilde hatte mir auch angeboten, mir eins ihrer schönen Kleider zu leihen, aber darüber lachte ich fast Tränen. Meine Freundin war einen guten Kopf größer als ich, und ich wäre ständig über das viel zu lange Gewand gestolpert. Ich war auch mit dem einen Festkleid zufrieden, das ich im Gepäck hatte. So ging ich an Gottschalks Arm in die große Halle, die festlich geschmückt war, obwohl es nur ein Familienfest war und wir im kleinen Kreis bleiben würden.

    Bei Tisch durfte ich an der Seite des Löwen sitzen. Die Mägde hatten bereits den ersten Gang hereingebracht, ein gebratenes Wildschwein, das verlockend duftete. Der Herzog hob seinen Becher auf mich und suchte offenbar nach den passenden Worten, um

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