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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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eine fundierte Kaufmannslehre bei seinem Stiefvater Ludwig Crop erhalten, es sprach also nichts gegen eine Ehe zwischen ihm und Blithildis. Gottschalk meinte zuerst, das eile wohl nicht so; wie die meisten Väter sah er seine Tochter nur als Kind. Ich aber hatte längst bemerkt, daß Blithildis zum Weibchen geworden war und ihre Schmeichelkünste nicht auf ihren Vater allein beschränkte. Darum schien es mir richtig, ihr rasch die neuen Aufgaben einer Ehefrau zu übertragen.
    Also luden wir halb Köln zur ersten Hochzeit eines unserer Kinder ein.
    Du wußtest gar nicht, daß dein Schwager Werner ein Hardefust ist? Ja, ich weiß auch nicht, wie es kam, aber er wird immer nur Overstolz genannt, seit er in unsere Familie eingetreten ist. Vielleicht kommt es daher, daß Blithildis in dieser Ehe das Sagen hat und Werner ihr treu ergeben und gehorsam ist, gleichsam ein Anhängsel zu Blithildis Overstolz?

    Dein Vater hatte für diese Hochzeitsfeier das Bürgerhaus gemietet, das war bei der großen Anzahl an Gästen unumgänglich. Und natürlich blieb dem jungen Paar der Brauch auch nicht erspart, der den meisten jungen Bräuten gar
nicht gefällt: daß nämlich die gesamten Hochzeitsgäste, davon wahrlich nicht ein einziger mehr nüchtern (außer mir allerdings), sie zum Brautlager geleiten wollten. Sie zogen also hinter den Neuvermählten her zu ihrem neuen Haus, ein Geschenk meiner Eltern. Dort hielten sie grölend inne, umgeben von sämtlichen Fackelträgern, die Köln aufzubieten hatte, und machten die üblichen derben Späße, über die Grenze des Anstands hinaus. Unsere Kinderfrau hatte das Haus gehütet und öffnete nun, hielt Salz und Brot für das junge Paar bereit und wünschte ihnen alles Glück der Welt für ihren beginnenden Ehestand.
    Blithildis brach ein Stückchen von dem Brot ab, tunkte es in das Salz, ließ Werner davon abbeißen und steckte die andere Hälfte in den Mund. Dann hob Werner sie hoch und trug sie über die Schwelle, unter dem Jubel der Hochzeitsgäste, die hinterherdrängen wollten. Aber da hatten sie nicht mit Blithildis gerechnet. Drinnen sprang die Braut flugs aus Werners Armen und rief: »Und nun, gute Leute, geht nach Haus und schlaft euren Rausch aus. Wir kommen vermutlich auch ohne eure Hilfe zurecht. Und daß mir morgen keiner kommt, um das Brautlaken zu inspizieren, ich würde ihn auf der Stelle hinauswerfen.«
    Damit schmetterte sie die Tür ins Schloß. Ja, meine Tochter ist schneidig, das muß man ihr lassen.

    Gottschalk schüttelte den Kopf und lachte, als wir die wenigen Schritte zu unserem Haus gingen. Er war etwas angeheitert und schien mir noch recht unternehmungslustig.
    »Nun sind wir also Schwiegereltern, meine Sophia«, sagte er. »Glaubst du, du kannst mir dennoch die Freuden spenden, die auch unsere Tochter heute hoffentlich erfährt?«
    Und hoffentlich zum erstenmal, dachte ich. Aber laut sagte ich: »Nur, wenn du entweder eine Buße auf dich nimmst oder bei der Beichte ziemlich vergeßlich wirst.«

    Gottschalk blieb stehen. Im Mondlicht sah ich, wie er nachdenklich die Stirn runzelte. Dann hellte sich seine Miene auf.
    »Meinst du etwa damit …«
    »Ja, wir machen dem jungen Paar noch einmal vor, wie man zu Eltern wird.«
    Da lachte Gottschalk, hob mich hoch, schwenkte mich herum und sagte fröhlich: »Deshalb hast du also den ganzen Tag den Weinkrug an dir vorbeigehen lassen, ich habe mich schon gewundert. Komm, Liebste, wir feiern das jetzt zusammen; und bis zur nächsten Beichte habe ich es dann vergessen, angetrunken, wie ich jetzt bin …«

Februar 1190
    D er Winter dieses Jahres war so kalt, daß dicke Eisschollen im Rhein trieben und Schiffahrt folglich nicht in Frage kam. Wegen der bitteren Kälte verschoben wir auch unsere Fahrten zu Lande, denn es lag überall eine hohe Schneedecke. Die Jugend fragte sich schon, ob der Rhein ganz zufrieren würde und der Umzug zur Fastnacht über den Strom führen könnte. Ich sage dir ganz ehrlich, dies ist zwei- oder dreimal während meines Lebens geschehen, aber nichts auf der Welt hätte mich dazu bringen können, über eine Eisdecke zu gehen, von der ich nicht sicher war, ob sie nicht doch brach und die Menschen in der eisigen Tiefe versinken ließ. Dies ist zwar nicht geschehen, solange ich lebe, aber niemand kann sicher sein, ob es nicht doch eines Tages passiert.

    Es kam jedenfalls nicht dazu, denn mit dem Februar wurde es plötzlich warm und trübe. In wenigen Tagen schmolzen die Eisschollen dahin, grauer

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