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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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Regen spülte die Schneeklumpen
von den Straßen, es troff von allen Dächern. Ich saß in meinem Kontor, träumte aber vor mich hin, statt zu arbeiten. Eine kleine Glutpfanne wärmte meine Füße, und ich dachte an das Kind, das ich trug. Auch Blithildis sah Mutterfreuden entgegen, aber mein scharfes Auge erkannte, daß dieses Kind im rechtmäßigen Abstand zur Eheschließung das Licht der Welt erblicken würde.

    Da wurde die Tür aufgerissen. Gottschalk stand da, die Haare zerzaust, das Gesicht gerötet vom raschen Lauf.
    »Schnell, zieh dich an und komm! Die Kreuzfahrer nähern sich! Bald werden ihre Schiffe im Hafen sein. Wir wollen gleich hin!«
    Verwirrt zog ich mir meine Stiefel an, schlug ein warmes Tuch über die Haube und nahm meinen Umhang. Wie konnten sie denn schon zurück sein? Ich wußte doch nur zu gut, wie lange der Weg ins Heilige Land dauerte, und im Handumdrehen hatten die Kreuzfahrer doch wohl Jerusalem nicht erobert?

    Als wir zum Hafen kamen, stand dort bereits eine dichtgedrängte Menge. Die übergroßen Schiffe waren schon in der Ferne zu erkennen. Alle Treidelpferde, welche die Gegend aufzubieten hatte, waren im Einsatz, um die Seeriesen nach Köln zu schleppen. Als sie endlich, eins nach dem anderen, an den Stegen festmachten, erhob sich ein ohrenbetäubender Lärm, ein Winken und Schreien zwischen Land und Schiffen.
    »Schau mal, Gottschalk«, sagte ich betroffen, »die Schiffe haben aber sehr viel weniger Bemannung als bei der Ausfahrt!«
    So war es. Die Mannschaft des ersten Schiffes ging von Bord. Ich war zu klein, ich konnte nichts sehen; aber Gottschalk meinte, er entdecke kein bekanntes Gesicht. Vermutlich
waren es die Ritter des Kölner Umlandes, von denen wir nicht viele kannten. Beim zweiten Schiff war es ebenso.
    Als die Besatzung des dritten Seeriesen ausgeschifft wurde, meinte Gottschalk, nun kämen ihm einige Gesichter bekannt vor. Auf diesem Schiff waren offenbar vor allem die jungen Ministerialen des Erzbischofs. Noch immer hatte Gottschalk niemand aus der Kaufmannschaft entdeckt.
    »Du bist doch so groß, du kannst doch über alle hinwegblicken«, schimpfte ich.
    »Schon, aber trotzdem habe ich noch niemand von den Unseren entdeckt. Sie werden sicher auf dem letzten Schiff sein.«
    Auf dem vierten Schiff waren noch weniger Männer als auf den anderen, aber Gottschalk hatte recht, nun kamen die Kölner Kaufleute. Die Menschen um uns herum gerieten in Aufregung; jeder, der einen seiner Lieben entdeckt zu haben glaubte, schrie und winkte. Gottschalk drängte rücksichtslos nach vorn und zog mich hinterher. Noch immer keiner von den Unseren! Und dann kamen die Letzten. Die Menge um uns war nun deutlich lichter geworden, nachdem viele ihre Angehörigen entdeckt und mit diesen davongezogen waren.
    »Da ist Waldever, der ist auch gleich aus dem Hochzeitsbett davongezogen, um nur ja nichts zu verpassen.« Und Gottschalk drängte zu dem jungen Kaufmann hin.
    »Waldever, wir suchen nach den Unsrigen. Weißt du, wo mein Bruder Regenzo ist?«
    Waldever zögerte. Dann sagte er sanft: »Ich habe keine gute Nachricht für dich, Gottschalk Overstolz. Dein Bruder Regenzo ist gefallen.«
    Gottschalk erstarrte und wurde kreideweiß. Ich schlang meine Arme um ihn und brach in Tränen aus. Waldever wandte sich zum Gehen, aber ich hielt ihn flugs am Ärmel fest.

    »Und mein Verwandter, Constantin Crop? Weißt du etwas über ihn?«
    Waldever schüttelte traurig den Kopf.
    »Auch er ist tot, Sophia.«
    Ich schnappte nach Luft und brachte nur mühsam heraus: »Und mein Vetter Hermann Scherfgin?«
    »Er war unser Führer und fiel an unserer Spitze. Es tut mir sehr leid.«
    Und Waldever ging mit müden Schritten davon und ließ Gottschalk und mich verzweifelt zurück. Da kam meine Base Engilradis angelaufen, mühsam, denn auch sie war hochschwanger.
    »Warte, Waldever; ich suche meinen Bruder Theoderich!«
    Aber Waldever hatte nicht mehr die Kraft, weitere Todesbotschaften zu verkündigen. Er schüttelte nur stumm den Kopf, schlug ein Kreuz und ging. Engilradis blieb fassungslos bei uns zurück.

    Wir standen am Hafen, hielten uns eng umschlungen und weinten lange. Männer, die die Schiffe entluden, rempelten uns an und schimpften, weil wir ihnen nicht aus dem Weg gegangen waren. Es waren zwar wenige Männer aus Köln zurückgekehrt, aber die Beute war sehr beachtlich. Die Schlange der Träger, welche Kisten und Ballen auf Karren zum Lagerhaus brachten, nahm kein Ende. Das interessierte uns jedoch

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