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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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zu schätzen gelernt. Herrn Heinrichs Gebaren war gar nicht adelsstolz, und er gab sich sehr gern auch mit Leuten ab, die rangmäßig weit unter ihm standen. Oft schlenderte er durch seine Stadt, ging über den Markt, plauderte auch mal mit einer Marktfrau, ob die Zeiten für die Bauern erträglich seien, beriet sich mit seinen Kaufleuten, wie man den Handel nach Sachsen ziehen könne und dergleichen. Er war ein Mann mit vielen Gesichtern: oft sehr herrisch mit den Großen seines Landes; aber vielleicht war das nötig, um sie einigermaßen im Zaum zu halten. Man erzählte sich da schlimme Dinge von einem Grafen, der den eigenen Bruder im Kerker verhungern ließ, um das elterliche Erbe allein einzusacken, und ähnliches. Da schlug der Herzog rasch zu und strafte erbarmungslos. Aber wer sonst hätte für Ordnung sorgen sollen?
    Gottschalk und ich kannten Herrn Heinrich jedenfalls nur von der menschlich gütigen Seite und mochten ihn sehr.

    An diesem Morgen ließ Gottschalk es sich bei einem üppigen Frühmahl auf dem Schiff des Herzogs gutgehen; das Schiff glitt gemächlich über den Strom, am Ufer zogen die Pferde und Lasttiere dahin, ab und zu scholl der Ruf eines der Treiber herüber. Gottschalk erzählte von der Geburt unserer drei Söhne, und daß wir den erstgeborenen auf unbegreifliche Weise verloren hatten. Aber er berichtete auch, daß ich auf neues Leben hoffen durfte.
    »Wie meine Gemahlin«, meinte Heinrich zufrieden.
»Gott gebe, daß ich auch einen kräftigen Sohn vorfinden darf, wenn wir zurückkehren. Oder drei, wenn Gott es so will.« Und er lachte.
    »So gut habe ich lange nicht gegessen, vielen Dank«, sagte Gottschalk, stand auf und streckte sich. Er ging nach vorne zum Bug und blickte auf den Strom. Da sah er, wie das vorderste Schiff plötzlich an Fahrt gewann und sich aus der Richtung drehte, das folgende Schiff auch. Sie waren ahnungslos in eine heimtückische Stromschnelle geraten. Mit großer Mühe brachten die Besatzungen die Schiffe wieder auf Kurs. Das Schiff des Herzogs, das größte von allen, geriet jedoch mitten in den Strudel, drehte sich, dann gab es einen Schlag, und es kenterte. Gottschalk blieb die Luft weg, als er in das eiskalte Wasser tauchte. Er schlug um sich und erwischte eine Bank, die neben ihm trieb, klammerte sich daran fest und tauchte wieder auf. Er schaute sich um; vom Herzog war nichts zu sehen. Nun ist mein Mann ein sehr guter Schwimmer. Unter den Kölner Kaufmannssöhnen ist es sehr beliebt, an den Sommerabenden im Rhein zu schwimmen. Im Januar sieht man sie allerdings eher selten im Wasser.
    Das Schiff lag auf der Seite. Gottschalk tauchte hinunter und sah den Herzog eingeklemmt unter dem Tisch, an dem sie gerade noch fröhlich gefrühstückt hatten. Er tauchte wieder auf, holte ganz tief Luft und glitt dann nach unten, zerrte den Tisch beiseite und zog Herrn Heinrich nach oben. Der Herzog hustete heftig, denn er hatte eine Menge Wasser geschluckt. »Das war knapp«, brachte er dann japsend hervor. Er hustete noch einmal und klapperte mit den Zähnen. Die beiden Männer hielten sich am Rand des Schiffes fest, und man warf ihnen ein Seil vom nächsten Schiff zu, das wild in dem Strudel tanzte. Sie wurden an Bord gezogen und in Decken gehüllt. Alle anderen Schiffe umfuhren nun die gefährliche Stelle und fischten die Verunglückten heraus, die
im kalten Wasser zappelten. Es stellte sich glücklicherweise heraus, daß niemand ertrunken war. Mit sehr viel Mühe wurde das gekenterte Schiff wieder aufgerichtet, nur sein Inhalt war verloren.
    »In der Donau zu ertrinken ist nicht der Heldentod, der mir vorschwebt«, brummte Herzog Heinrich und trank heißen Wein mit Honig aus einem Holzbecher. »Ich bin dir sehr dankbar, Gottschalk, und werde es dir nicht vergessen, daß du mir aus der Klemme geholfen hast - im wahrsten Sinn des Wortes.« Und nun konnte der Löwe schon wieder lachen, daß es laut über die Donau schallte.

    Wenig später kamen sie an Belgrad vorbei und erreichten griechisches Gebiet. Hier verließen sie die Schiffe. Wo der Fluß die Karpaten durchbricht, gibt es eine sehr gefährliche Stelle, Eisernes Tor genannt, mit starken Strudeln, mit denen der Herzog sich nach dem unfreiwilligen Bad in der Donau nicht auseinandersetzen mochte. Mit der bequemen Schifffahrt war es jetzt also vorbei. Die Lasten wurden wieder auf die Wagen gepackt, aber leider stellte sich heraus, daß die Wege sehr schlecht waren. Es ging ständig bergauf, bergab durch den

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