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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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schickte seine düsteren Windböen übers Land, läutete das Ende ein. Die Zeit lief rückwärts, aus Kälte wurde Wärme, aus Eis wurde Wasser. Weiche Frost, bring …
    Er neigte sich in seinem Stuhl nach vorn und scherte sich nicht darum, ob die kühle Luft die Energie und die Kraft aus seinem Körper saugte. Er musste sich nicht für Bridget verschwenden. Auf ihn wartete ein viel erhabeneres Techtelmechtel, er sparte sich lieber für seine Affäre mit dem Wahren WORT auf. Weiße Schatten huschten auf leisen Sohlen durch das Zimmer, das Feuer legte sich, seine Finger schmerzten.
    Bring … Was?
    Das WORT hing in der Luft, quälte ihn, wartete auf seine Offenbarung. Lockte seinen Körper und Geist, schwebte scheinbar unerreichbar vor ihm.
    »Sag mal, worauf wartest du denn noch?«
    Erst dachte Spence, die Zeile wäre seinen eigenen Gedanken entsprungen wie ein Gesprächsfetzen, der sich in die Erzählung hineinschmuggeln wollte. Das Feuer loderte und knisterte, doch noch immer lief es ihm eiskalt den Rücken hinunter. Seine Finger ruhten auf dem Tisch.
    Wieder ertönte die Stimme, die weder seiner Muse noch Bridget noch Korban gehörte. »Mach weiter, Mann. Noch haben wir nicht das verdammte Ende der Welt erreicht.«
    Spence drehte sich um und erblickte den Fotografen, der in der Ecke des Raumes stand, sein Gesicht von Schatten verschleiert. »Zum Teufel noch mal, warum haben Sie nicht angeklopft? Ich kann es nicht ausstehen, wenn man mich bei meiner Arbeit unterbricht.«
    Roths gewohnter Akzent verflüchtigte sich, mit näselnder Stimme meinte er: »In unserer Seele existieren Tunnel, Jeff. Und raten Sie mal, was sich in Ihrem befindet!«
    »Sie sind verrückt«, erwiderte Spence. »Kommen Sie da raus, damit ich Sie richtig sehen kann.«
    Mit seiner Hand deutete der Fotograf auf das Porträt von Korban. »Er sagt, dass Ihnen eine Schreibmaschine gar nichts nützt, denn alle Tasten sind genauso verklemmt wie Sie.«
    Ergriffen von Wut versuchte Spence aufzustehen. Durch seine linke Schläfe fuhr ein schmerzendes Zucken.
    Roth lachte, seine Stimme klang jetzt viel höher als zuvor, wechselte in diesen schrillen, kreischenden Tonfall aus der Vergangenheit, der Spence noch immer quälte. Es war das schadenfrohe Lachen von Mrs. Eileen Foxx, das Roth am ganzen Leib beben ließ.
    »Föxxchen in Söckchen?« fragte Spence verwirrt, sein Herz von Tausenden Stichen durchbohrt. In seiner Leistengegend wurde es angenehm warm, ein Gefühl von Nässe machte sich in seinen Hosen breit.
    »Du solltest das Klassenziel besser erreichen, Jefferson. Ansonsten sehen wir uns nächstes Jahr wieder. Ich werde auf dich warten. Nach dem Unterricht bleibst du noch bei
mir
.« Roth zog sich in die Schatten zurück und war verschwunden. Eileen Foxx' letzte Worte hallten nach, blieben wie eine Drohung in der Luft hängen.
    Spence starrte in das Feuer, bis ihn schließlich die Kälte zwischen seinen Beinen aufschrecken ließ. Er wandte sich wieder der Schreibmaschine zu, blickte auf die Buchstaben, die wie die Symbole einer längst ausgestorbenen Zivilisation auf das Papier gemeißelt waren. Jegliche Bedeutung seines Geschriebenen war verloren gegangen, aber er wusste, dass er noch nicht fertig war. Er brauchte dieses WORT.
    Er musste das WORT finden. Sonst würde er sich zum Gespött der ganzen Klasse machen.

60. KAPITEL
    E in weiteres Mal hob Mason den Spitzmeißel nach oben, den Hammer in seiner routinierten rechten Hand. Bis zu seinen Knöcheln stand er jetzt in den Holzspänen, die er Zentimeter um Zentimeter von der Statue abgeschält hatte. Der Kopf war noch längst nicht fertig, der Torso ein rauer, hässlicher Stumpf, aber die groben Züge waren bereits zu erkennen, Arme und Beine waren sichtbar. Dies hier war ein abscheuliches Meisterwerk, ein Anflug von Genialität, eine kreative Vision, die allen Augen verborgen bleiben sollte.
    Augen.
    Das Ding brauchte auch Augen, damit es sehen konnte. Und wenn es erst einmal sehen konnte, was dann?
    »Du arbeitest nicht, Bildhauer«, sagte die Büste.
    »Ich denke nach«, erwiderte Mason.
    »Ich bestimme, wann Zeit zum Nachdenken ist. Und jetzt vollende dein Werk.«
    Vollenden. Dann könnte er alles haben. Ruhm. Ehre. Glück. Mutters Lob und Anerkennung. Und das Mädchen. Nicht zu vergessen das Mädchen.
    Noch einmal betrachtete er das Gemälde. Anna befand sich jetzt an einer anderen Stelle des Bildes, stürzte mit weit ausgebreiteten Armen in die Tiefe. Der Blumenstrauß entglitt ihren Fingern,

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