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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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zeigen konnte, das ihre kleinen, schlappen Münder zum Schweigen bringen und ihre dummen, grausamen Augen vor Neid überquellen lassen würde. Hier hatte er den Beweis für seine Überlegenheit.
    Sein Bauch schmerzte, unter seinen Achseln bildeten sich Rinnsale, seine Schädeldecke prickelte. Die von den Geistern verursachte Aufruhr wirkte so elektrisierend, dass sich die Haare auf seinem Handrücken aufstellten. Er drückte eine weitere Taste und neben dem
F
schlug sich das
E
ins Papier.
    Er war davon ausgegangen, dass das eine wahre WORT selten und erhaben sein würde, mit sieben oder mehr Silben, eine Schöpfung, zu der nur wahre Meister der Literatur oder Verfasser von Wörterbüchern in der Lage wären. Komischerweise war das WORT aber sehr gebräuchlich, ein elementarer Begriff, eine Urgewalt. Aber die Meinung von Spence hatte hier keinerlei Bedeutung.
    Er war nur das Instrument, das Schwert und das Zepter, der Stift, das Sprachrohr, die Zündquelle. Das WORT war der Anfang und das Ende aller Dinge.
    Weiche Frost, bring Fe …
    Er hämmerte auf das
U
, musste weinen, weil er sein Werk bald vollendet hatte. Er konnte die bekannte Leere bereits spüren, realisierte, dass er Bridget schon bald wieder brauchen würde. Dass er auf jemanden angewiesen sein würde, der ihn vor sich selbst beschützte.
    Er schaute nach oben zu Ephram Korban, in sein gütiges Gesicht, seine ermunternden Augen und seine großzügigen Lippen, die ihm jedes einzelne wundersame Wort dieses herrlichen Manuskripts geschenkt hatten.
    »Vielen Dank, Sir«, sagte Spence.
    Die Geister waren jetzt fort. Keine Ablenkung mehr. Keine Ausreden. Nur er und das WORT und Korban. Als er erneut zu ihm aufblickte, verdunkelte sich das Porträt wie das Bild eines alten Röhrenfernsehers, der den Geist aufgegeben hat.
    Blind vor Tränen tastete er auf der Schreibmaschine nach dem nächsten Buchstaben und legte seinen plumpen, wertlosen Finger in die feine Vertiefung der Taste.

69. KAPITEL
    S ylva fühlte die Energie durch ihre Venen schießen, spürte, wie Erschöpfung und Müdigkeit aus ihrem Körper wichen, genoss den süßen Saft der Jugend, der sie wie ein rauschender Wasserfall erfrischte. Lachend neigte sie den Kopf nach hinten. Möge Miss Mamie doch zu Staub zerfallen. Ephram liebte nur eine von ihnen beiden, und zwar diejenige, die bereit gewesen war, Opfer zu bringen. Diejenige, die glaubte. Diejenige, die das blutbefleckte Totenhemd ihrer eigenen Tochter in Fetzen gerissen hatte, um es mit Eulenknochen, Rabenfedern, Grieswurzel und Dutzenden anderen Substanzen zu einer ganz besonders explosiven Mischung zu vermengen.
    Diejenige, die Ransom mit unheilvoller Magie ins Verderben gestürzt hatte. Diejenige, die Ephram mit ihrer Gabe, die mächtiger als jedes Gebet war, eine Brücke zur hiesigen Welt geschlagen hatte. Diejenige, die all die Zaubersprüche aufgesagt hatte. Diejenige, die ihre geheimnisvollen Worte vom Wind fort tragen ließ, um Anna herbeizurufen und ihr einen tiefen Stich ins Herz zu versetzen, um sie zu blenden, damit ihr Tod den Kreis für immer schließen konnte.
    Ja, Sylva glaubte, und sie wollte die Früchte ihres Glaubens ernten.
    Sie wollte Ephram zurück.
    Sie erhob sich als Sechzehnjährige, die gewillt war, ihre neu erlangte Jungfräulichkeit wieder dem Mann zu opfern, der sie ihrer Seele entraubt, der in ihrem Herzen ein immerwährendes Feuer entfacht hatte. Sie schleuderte eine Brise ihres Zauberpulvers in Richtung Statue und malte sich aus, wie sie diese muskulösen Arme umschlangen, wie diese rauen Lippen ihren Körper liebkosten, wie sie auf ewig in diesen Augen versank.
    »Sag es«, forderte die Statue.
    Am ganzen Körper zitternd flüsterte sie: »Weiche Frost, bring Feuer.«

70. KAPITEL
    A ls Sylva die Worte ausgesprochen hatte, verschmolzen die vier Rauchschwaden aus den Schornsteinen zu einem dicken, grauen Nebelschleier, der seine ausgefransten Finger nach Anna ausstreckte, sich hindurchschlängelte zwischen Mason, Sylva und der Statue, in der ein Teil der Seele von Ephram Korban verborgen war. Die Büste, in welcher der andere Teil des unsichtbaren und ewigen Ichs von Ephram steckte, lächelte Anna mit masochistischer Zuneigung an.
    Mason schlug mit beiden Händen nach dem grauen, vom Mondlicht schimmernden Dunst, der jedoch an ihm vorbeizog und seine Finger wie kalte Regenwürmer über Anna gleiten ließ. Als sie zu ihrer Kehle vorgedrungen waren, versteiften sie sich und packten sie mit dem sanften Druck eines

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