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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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machte eine Pause, wartete, bis das frenetische Hämmern eines schweren Maschinengewehrs in der Nähe erstorben war, und sprach dann sehr ruhig und sehr ernst weiter. »Captain Bryceland, Sie können sich auch nicht annähernd eine Vorstellung davon machen, wie wichtig es ist, daß ich mit Ihrem Colonel spreche. Singapur bedeutet nichts – verglichen mit meiner Angelegenheit.« Er langte unter das Hemd und hielt plötzlich eine schwere Pistole in der Hand. »Sollte ich ihn selbst suchen müssen, so werde ich das da benutzen und ihn finden; doch ich denke, das wird nicht nötig sein. Sagen Sie Ihrem Colonel, Brigadekommandeur Farnholme sei da. Er wird kommen.«
    Bryceland sah ihn eine Weile zögernd an, dann nickte er und entfernte sich wortlos. Innerhalb von drei Minuten war er zurück und trat an der Tür beiseite, um dem Mann, der hinter ihm herkam, den Vortritt zu lassen.
    Der Colonel war, nach Farnholmes Schätzung, ein Mann von etwa Vierzig – höchstens Fünfzig. Er sah aus wie Siebzig, und er bewegte sich in der schwingenden, fast betrunken wirkenden Gangart eines Mannes, der allzulange im Zustand der Erschöpfung gelebt hatte. Es fiel ihm schwer, die Augen offenzuhalten, doch es gelang ihm, ein Lächeln zustande zu bringen, während er langsam quer durch den Raum kam und dem Besucher höflich die ausgestreckte Hand hinhielt.
    »Guten Abend, Sir. Wie in aller Welt sind Sie denn hierhergekommen?«
    »'n Abend, Colonel.« Farnholme, der sich inzwischen erhoben hatte, überhörte die Frage. »Sie kennen mich also?«
    »Ich weiß, wer Sie sind. Ich hörte erstmalig von Ihnen – ja, genau vor drei Tagen.«
    »Sehr gut.« Farnholme nickte befriedigt. »Das erspart uns eine Menge Erklärungen – und für Erklärungen habe ich keine Zeit. Ich möchte sofort zur Sache kommen.« Er wandte sich halb zur Seite, als die Detonation einer ganz in der Nähe einschlagenden Granate den Raum erzittern ließ, wobei der Luftdruck die Kerzen fast auslöschte, und wandte sich dann wieder an den Colonel. »Ich brauche eine Maschine, die mich aus Singapur hinausfliegt, Colonel. Es ist mir einerlei, was für eine Maschine das ist, es ist mir einerlei, wen Sie 'rausschmeißen müssen, damit ich an Bord komme, und es ist mir gleichgültig, wohin die Maschine fliegt – nach Burma, Indien, Ceylon, Australien – das ist mir alles einerlei. Ich möchte eine Maschine haben, die mich aus Singapur hinausfliegt – und zwar sofort.«
    »Sie möchten eine Maschine haben, die Sie aus Singapur hinausfliegt.« Der Colonel wiederholte die Worte tonlos, seine Stimme war genauso hölzern wie der Ausdruck seines Gesichts, und dann lächelte er plötzlich, müde, als ob ihn dieses Lächeln große Anstrengung gekostet habe. »Möchten wir das nicht alle?«
    »Sie verstehen mich nicht.« Langsam, mit einer Geste unendlich disziplinierter Geduld, drückte Farnholme seinen Stumpen in einem Aschbecher aus. »Ich weiß, daß Hunderte von Verwundeten und Kranken, Frauen und Kinder –«
    »Die letzte Maschine ist längst fort«, unterbrach ihn der Colonel. Er fuhr sich mit dem nackten Unterarm über die ermüdeten Augen. »Vor einem Tag oder vor zweien – ich weiß es nicht mehr genau.«
    »Am 11. Februar«, kam ihm Bryceland zu Hilfe. »Die Hurricans, Sir. Sie starteten nach Palembang.«
    »Richtig, richtig«, sagte der Colonel. »Die Hurricans. Sie hatten es mächtig eilig.«
    »Die letzte Maschine …« Farnholme sprach ohne jede Erregung. »Die letzte Maschine. Aber – es gab doch noch andere, wie ich weiß. Brewster-Fighters, und –«
    »Alle fort, alle zerstört.« Der Colonel betrachtete Farnholme jetzt mit einer gewissen Neugier. »Doch selbst wenn es nicht der Fall wäre, so würde das auch keinen Unterschied machen. Seletar, Sembawang, Tengan – alle diese Flugplätze sind in der Hand der Japaner. Ich weiß nicht, wie es mit dem Flughafen Kalang ist – aber ich weiß, daß es keinen Zweck hat.«
    »Ich verstehe. Ich verstehe in der Tat.« Farnholme starrte nach unten auf den Handkoffer, der neben ihm stand, dann sah er wieder hoch. »Und die Wasserflugzeuge, Colonel? Die Catalinas?«
    Der Colonel schüttelte langsam und endgültig den Kopf. Farnholme sah ihn mehrere Sekunden lang an, ohne mit der Wimper zu zucken, nickte verstehend und gefaßt und warf dann einen Blick auf die Uhr. »Kann ich Sie allein sprechen, Colonel?«
    »Aber natürlich«, sagte der Colonel ohne jedes Zögern. Er wartete, bis sich die Tür leise hinter

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