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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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ebenfalls verkauften.
    Sie nähte ausgesucht schöne Patchworkdecken, die als Kunstobjekte gehandelt wurden. Die Quilts wurden in Galerien verkauft und Henry vermutete, dass sie den
Großteil ihres Einkommens ausmachten, obwohl die beiden keineswegs reich waren.
    All das wusste Henry aus den Gedichten seines Bruders. Harte Arbeit und das Leben auf dem Bauernhof lieferten ihm die Themen für seine Verse. Jim war der Letzte in einer langen Tradition amerikanischer Bauernliteraten.
    Als er dem unbefestigten Weg zwischen dem Haus und der Scheune folgte, sah Henry seinen Bruder mit einer Axt Klafterholz spalten. Eine Schubkarre voller Holzscheite stand neben ihm. Er parkte und stieg aus dem Landrover.
    Jim versenkte die Axt in dem Stumpf, den er als Hackklotz benutzte, und ließ sie dort stecken. Er zog seine Arbeitshandschuhe aus abgetragenem Leder aus und sagte: »Mein Gott, Henry?«
    Sein ungläubiger Gesichtsausdruck entsprach nicht ganz der Begeisterung, die sich Henry erhofft hatte. Aber dann lächelte er strahlend und kam auf ihn zu.
    Als er ihm zur Begrüßung die Hand hinhielt, war Henry überrascht und erfreut, dass Jim ihn stattdessen an sich drückte.
    Henry trainierte mit Gewichten und auf dem Laufband, doch Jim hatte die bessere und kräftigere Muskulatur. Jims Gesicht war von Wind und Wetter gegerbt und noch vom Sommer gebräunt.
    Nora kam aus dem Haus auf die Veranda, weil sie sehen wollte, was los war. »Gütiger Himmel, Jim«, sagte sie, »du hast dich klonen lassen.«
    Sie sah gut aus mit ihrem seidigen weißblonden Haar
und Augen, deren Blau dunkler als der Himmel war. Ihr Lächeln war bezaubernd, ihre Stimme wohlklingend.
    Sie war fünf Jahre jünger als Jim und hatte ihn laut der biografischen Angaben in den Gedichtbänden vor zwölf Jahren geheiratet. Henry war ihr nie begegnet und hatte auch kein Foto von ihr gesehen.
    Sie nannte ihn Claude, doch er verbesserte sie schnell. Er benutzte nie seinen ersten Vornamen, sondern hörte nur auf den zweiten.
    Als sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte, roch ihr Atem nach Zimt. Sie sagte, sie hätte gerade an einer Zimtschnecke geknabbert, als sie den Landrover kommen hörte.
    Drinnen lagen auf dem Küchentisch neben dem Teller mit den Zimtschnecken fünf Mehrzweckmesser, von denen Henry vermutete, dass man sie auf einer Farm benutzte.
    Als Nora Kaffee einschenkte, sagte sie nichts über die Messer. Auch Jim äußerte sich nicht dazu, als er sie, zusammen mit zwei schartigen Schleifsteinen, vom Tisch auf eine Arbeitsfläche in der Nähe räumte.
    Nora bestand darauf, dass Henry bei ihnen wohnte, warnte ihn jedoch, das aufklappbare Sofa in dem beklemmend kleinen Zimmer, das Jim als sein Büro bezeichnete, sei die einzige Schlafgelegenheit, die sie ihm zu bieten hätten.
    »Seit neun Jahren haben wir keinen Gast mehr gehabt, der über Nacht geblieben ist«, sagte Jim, und Henry kam es so vor, als tauschten Mann und Frau einen vielsagenden Blick.
    Bei selbst gebackenen Zimtschnecken und Kaffee am Küchentisch kamen die drei mühelos ins Gespräch.
    Nora erwies sich als charmant, und ihr Lachen war ansteckend. Ihre Hände waren von der Arbeit kräftig und rau und doch feminin und wohlgeformt.
    Sie hatte nichts mit den Hyänenweibern gemein, die in Henrys Kreisen in der Stadt verkehrten. Er freute sich für seinen Bruder.
    Doch während er noch darüber staunte, wie herzlich sie ihn willkommen hießen und ihm das Gefühl gaben, er sei hier zu Hause und unter seinen Angehörigen – ein Gefühl, das er bei Jim bisher noch nie gehabt hatte –, war Henry nicht ganz wohl zumute.
    Sein undefinierbares Unbehagen entsprang zum Teil dem Eindruck, Jim und Nora führten ein Privatgespräch, das keine Worte brauchte, sondern sich auf verstohlene Blicke, kleine Gesten und subtile Körpersprache beschränkte.
    Jim staunte darüber, dass jemand Henrys Aufmerksamkeit auf seine Gedichte gelenkt hatte. »Wie kommen die Leute überhaupt auf den Gedanken, wir seien miteinander verwandt?«
    Sie trugen nicht beide den Nachnamen Rouvroy. Nach der Scheidung ihrer Eltern hatte Jim offiziell den Mädchennamen seiner Mutter angenommen und hieß fortan Carlyle.
    »Tja«, sagte Henry trocken, »vielleicht liegt es an deinem Foto auf dem Umschlag.«
    Jim lachte über seine eigene Begriffsstutzigkeit, und obwohl ihm das Lob seines Bruders peinlich zu sein schien,
sprachen sie über seine Gedichte. Henrys Lieblingsgedicht, »Die Scheune«, schilderte das bescheidene Innere dieses Gebäudes

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