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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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geschnitzt, daß man es für das Gitterwerk feinster Spitze halten konnte.
    In all diesen Gebäuden lebte der Hofstaat, der die Kindliche Kaiserin umgab, die Kämmerer und Dienerinnen, die weisen Frauen und Sterndeuter, die Magier und Narren, die Boten, Köche und Akrobaten, die Seiltänzerinnen und die Geschichtenerzähler, die Herolde, Gärtner, Wächter, Schneider, Schuster und Alchemisten. Und ganz oben, auf der höchsten Spitze des gewaltigen Turmes, wohnte die Kindliche Kaiserin in einem Pavillon, der die Gestalt einer weißen Magnolienknospe hatte. In manchen Nächten, wenn der Vollmond besonders prächtig am gestirnten Himmel stand, öffneten sich die elfenbeinernen Blätter weit und entfalteten sich zu einer herrlichen Blüte, in deren Mitte dann die Kindliche Kaiserin saß.
    Der kleine Nachtalb landete mit seiner Fledermaus auf einer der unteren Terrassen, dort, wo die Stallungen für die Reittiere waren. Irgend jemand mußte seine Ankunft offenbar angekündigt haben, denn er wurde bereits von fünf kaiserlichen Tierwärtern erwartet, die ihm aus dem Sattel halfen, sich vor ihm verneigten und ihm dann schweigend den zeremoniellen Begrüßungstrunk reichten. Wüschwusul nippte nur ein wenig an dem Elfenbeinbecher, um der Form Genüge zu tun, dann gab er ihn zurück. Jeder der Wärter trank ebenfalls einen Schluck, dann verneigten sie sich abermals und brachten die Fledermaus in die Stallungen. All das geschah schweigend.
    Als die Fledermaus den Platz erreicht hatte, der für sie vorgesehen war, rührte sie weder Trank noch Futter an, sondern rollte sich sogleich zusammen, hängte sich kopfunter an ihren Haken und fiel in einen tiefen Schlaf der Erschöpfung. Es war ein bißchen viel gewesen, was der kleine Nachtalb ihr abverlangt hatte. Die Wärter ließen sie in Ruhe und gingen auf Zehenspitzen fort.
    In diesem Stall gab es übrigens noch viele andere Reittiere: Einen rosa und einen blauen Elefanten, einen riesenhaften Vogel Greif, dessen vordere Körperhälfte einem Adler glich und die hintere einem Löwen, ein weißes geflügeltes Pferd, dessen Name früher einmal auch außerhalb Phantásiens bekannt war, aber jetzt vergessen ist, einige fliegende Hunde, auch ein paar andere Fledermäuse, ja sogar Libellen und Schmetterlinge für besonders kleine Reiter. In weiteren Stallgebäuden gab es noch andere Reittiere, die nicht flogen, sondern liefen, krochen, hüpften oder schwammen. Und jedes von ihnen hatte besondere Wächter zu seiner Pflege und Wartung.
    Für gewöhnlich hätte man hier eigentlich ein beträchtliches Durcheinander von Stimmen hören müssen: Brüllen, Kreischen, Flöten, Piepsen, Quaken und Schnattern. Aber es herrschte völlige Stille.
    Der kleine Nachtalb stand noch immer auf der Stelle, wo die Wärter ihn verlassen hatten. Er fühlte sich plötzlich niedergeschlagen und mutlos, ohne recht zu wissen warum. Auch er war sehr erschöpft von der langen, langen Reise. Und nicht einmal die Tatsache, daß er als erster angekommen war, munterte ihn auf.
    »Hallo«, hörte er plötzlich ein piepsendes Stimmchen, »ist das nicht Freund Wüschwusul? Wie schön, daß Sie auch endlich hier sind.«
    Der Nachtalb blickte sich um, und seine Mondaugen glühten vor Verwunderung auf, denn auf einer Balustrade, nachlässig gegen einen elfenbeinernen Blumentopf gelehnt, stand dort der Winzling Uckück und schwenkte seinen roten Zylinder.
    »Huhu!« machte der Nachtalb fassungslos und nach einer Weile noch einmal »huhu!« Es fiel ihm einfach nichts Gescheiteres ein.
    »Die anderen beiden«, erklärte der Winzling, »sind bis jetzt noch nicht eingetroffen. Ich bin seit gestern morgen hier.«
    »Wie - huhu! - wie hat man das gemacht?« fragte der Nachtalb.
    »Nun ja«, meinte der Winzling und lächelte ein wenig überlegen, »ich sagte Ihnen doch, ich habe eine Renn-Schnecke.«
    Der Nachtalb kratzte sich mit seiner kleinen rosa Hand das schwarze Fellgestrüpp auf seinem Kopf.
    »Ich muß sofort zur Kindlichen Kaiserin«, sagte er weinerlich.
    Der Winzling blickte ihn nachdenklich an.
    »Hm«, machte er, »nun ja, ich habe mich schon gestern angemeldet.«
    »Angemeldet?« fragte der Nachtalb. »Kann man denn nicht sofort zu ihr?«
    »Ich fürchte, nein«, piepste der Winzling, »man muß lange warten. Es ist - wie soll ich sagen ein enormer Andrang von Boten hier.«
    »Huhu -«, wimmerte der Nachtalb, »wieso?«
    »Am besten«, zwitscherte der Winzling, »Sie sehen sich die Sache selbst an. Kommen Sie, lieber

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