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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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Welt hätte er diesen Schatz wieder hergegeben. Er wollte nur noch eines : weiterlesen, um wieder bei Mondenkind zu sein, um sie wiederzusehen.
    Er ahnte nicht, daß er sich damit nun unwiderruflich auf das ungewöhnlichste und wohl auch gefährlichste Abenteuer einließ. Aber auch wenn er es geahnt hätte - es wäre ganz gewiß kein Grund für ihn gewesen, das Buch zuzuklappen und wegzulegen und nie wieder anzurühren. Mit zitterndem Finger suchte er die Stelle, wo er aufgehört hatte, und fuhr fort zu lesen.
    Die Turmuhr schlug zehn.



Keines Wortes mächtig stand Atréju da und blickte auf die Kindliche Kaiserin. Er wußte nicht, wie er beginnen, nicht, wie er sich verhalten sollte. Oft hatte er versucht, sich diesen Augenblick vorzustellen, hatte sich Worte zurechtgelegt, aber all das war plötzlich in seinem Kopf ausgelöscht.
    Schließlich lächelte sie ihm zu und sagte mit einer Stimme, die so leise und zart klang wie die eines kleinen Vogels, der im Schlaf singt:
    »Du bist zurückgekehrt von der Großen Suche, Atréju.«
    »Ja«, brachte Atréju heraus und senkte den Kopf.
    »Grau ist dein schöner Mantel geworden«, fuhr sie nach einer kleinen Stille fort, »grau dein Haar und deine Haut wie Stein. Aber alles soll nun wieder werden wie früher und noch schöner. Du wirst sehen.«
    Atréjus Kehle war wie zugeschnürt. Er schüttelte nur kaum merklich den Kopf. Dann hörte er die zarte Stimme sagen:
    »Du hast meinen Auftrag erfüllt…«
    Atréju wußte nicht, ob diese Worte als Frage gemeint waren. Er wagte nicht aufzublicken, um es aus ihrer Miene zu lesen. Langsam griff er nach der Kette mit dem goldenen Amulett und nahm sie von seinem Hals. Mit ausgestreckter Hand hielt er sie der Kindlichen Kaiserin hin, den Blick immer noch zu Boden gesenkt. Er versuchte, sich auf ein Knie niederzulassen, so wie es die Boten in den Erzählungen und Liedern machten, die er in den Zeltlagern seiner Heimat gehört hatte, aber sein verwundetes Bein versagte, und er fiel der Kindlichen Kaiserin vor die Füße und blieb mit dem Gesicht auf dem Boden liegen.
    Sie beugte sich vor, hob AURYN auf, und während sie die Kette durch ihre weißen Finger gleiten ließ, sagte sie:
    »Du hast deine Sache gut gemacht. Ich bin sehr zufrieden mit dir.«
    »Nein!« stieß Atréju fast wild hervor, »es war alles umsonst. Es gibt keine Rettung.« Eine lange Stille trat ein. Atréju hatte das Gesicht in der Beuge seines Arms vergraben, und ein Zittern lief durch seinen Körper. Er fürchtete, einen Schrei der Verzweiflung von ihren Lippen zu hören, einen Wehlaut, vielleicht auch bitteren Tadel oder gar einen Zornesausbruch. Er wußte selbst nicht, was er erwartete - aber ganz gewiß war es nicht das, was er nun hörte: Sie lachte. Sie lachte leise und vergnügt. Atréjus Gedanken verwirrten sich, für einen Augenblick glaubte er, sie sei wahnsinnig geworden. Aber es war nicht das Lachen des Wahnsinns. Dann hörte er ihre Stimme sagen:
    »Aber du hast ihn doch mitgebracht.«
    Atréju hob den Kopf.
    »Wen?«
    »Unseren Retter.«
    Er blickte ihr forschend in die Augen und konnte nichts darin finden als Klarheit und Heiterkeit. Sie lächelte wieder.
    »Du hast deinen Auftrag erfüllt. Ich danke dir für alles, was du getan und gelitten hast.« Er schüttelte den Kopf.
    »Goldäugige Gebieterin der Wünsche«, stotterte er und benützte jetzt zum ersten Mal die offizielle Anrede, die Fuchur ihm empfohlen hatte, »ich… nein wirklich, ich begreife nicht, was du meinst.«
    »Das sieht man dir an«, sagte sie, »aber ob du es nun begreifst oder nicht, du hast es fertiggebracht. Und das ist doch die Hauptsache, nicht wahr?«
    Atréju schwieg. Ihm fiel nicht einmal mehr eine Frage ein. Er starrte die Kindliche Kaiserin mit offenem Mund an.
    »Ich habe ihn gesehen«, fuhr sie fort, »und auch er hat mich angeblickt.«
    »Wann war das?« wollte Atréju wissen.
    »Eben, als du eingetreten bist. Du hast ihn mitgebracht.«
    Atréju schaute sich unwillkürlich um.
    »Wo ist er denn? Ich sehe hier niemand als mich und dich.«
    »Oh, es gibt noch manches, was für dich unsichtbar ist«, antwortete sie, »aber du kannst es mir glauben. Noch ist er nicht in unserer Welt. Aber unsere Welten sind einander schon so nah, daß wir uns sehen konnten, denn für die Dauer eines Blitzstrahls wurde die dünne Wand, die uns noch trennt, durchsichtig. Bald wird er ganz bei uns sein und mich bei meinem neuen Namen rufen, den nur er mir geben kann. Dann werde ich gesund

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