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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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Gewalt antun. Nur wenn es von selbst in deine Hand springt wie jetzt eben, darfst du es gebrauchen - was auch immer dir drohen mag. Es wird deine Hand führen und aus eigener Kraft tun, was zu tun ist. Wenn du es aber je nach deinem Willen aus seiner Scheide ziehst, dann wirst du großes Unheil über dich und Phantasien bringen. Vergiß das niemals.«
    »Ich werde es nicht vergessen«, versprach Bastian.
    Das Schwert fuhr in seine Scheide zurück und sah nun wieder alt und wertlos aus. Bastian band sich den Lederriemen, an dem die Scheide hing, um die Hüfte.
    »Und nun, Herr«, schlug Graógráman vor, »laß uns zusammen durch die Wüste jagen, wenn es dir gefällt. Steige auf meinen Rücken, denn jetzt muß ich hinaus!«
    Bastian schwang sich hinauf und der Löwe trottete ins Freie. Die Morgensonne stieg über dem Wüstenhorizont auf, der Nachtwald war längst schon wieder zu farbigem Sand zerstäubt. So fegten sie nun gemeinsam über die Dünen hin wie ein tanzender Feuerbrand, wie ein glühender Sturmwind. Bastian fühlte sich, als ritte er auf einem flammenden Kometen durch Licht und Farben. Und abermals kam es über ihn wie ein wilder Rausch.
    Gegen Mittag hielt Graógráman plötzlich an.
    »Dies ist die Stelle, Herr, wo wir uns gestern begegnet sind.«
    Bastian war noch ein wenig betäubt von der wilden Jagd. Er blickte herum, konnte aber weder den ultramarinblauen, noch den feuerroten Sandhügel entdecken. Auch von den Buchstaben war nichts mehr zu sehen. Die Dünen waren jetzt olivgrün und rosa.
    »Es ist alles ganz anders«, sagte er.»Ja, Herr«, antwortete der Löwe, »so ist es jeden Tag immer wieder anders. Ich wußte bisher nicht, warum es so ist. Aber nun, da du mir erzählt hast, daß Perelïn aus dem Sand wächst, kann ich auch das verstehen.«
    »Aber woran erkennst du, daß es die Stelle von gestern ist?«
    »Ich fühle es, wie ich eine Stelle an meinem Leib fühle. Die Wüste ist ein Teil von mir.« Bastian stieg von Graógramáns Rücken und setzte sich auf den olivgrünen Gipfel. Der Löwe lagerte sich neben ihn, er war nun ebenfalls olivgrün. Bastian stützte das Kinn in die Hand und schaute nachdenklich zum Horizont.
    »Kann ich dich etwas fragen, Graógramán?« sagte er nach langem Schweigen. »Dein Diener hört«, gab der Löwe zur Antwort.
    »Bist du wirklich schon seit immer hier?«
    »Seit immer«, bestätigte Graógramán.
    »Und die Wüste Goab, hat es sie auch immer schon gegeben?«
    »Ja, auch die Wüste. Warum fragst du?«
    Bastian dachte eine Weile nach.
    »Ich versteh’s nicht«, gab er schließlich zu. »Ich hätte gewettet, daß sie erst seit gestern morgen da ist.«
    »Wie meinst du das, Herr?«
    Und nun erzählte ihm Bastian alles, was er erlebt hatte, seit er Mondenkind begegnet war. »Es ist alles so sonderbar«, schloß er seinen Bericht, »mir kommt irgendein Wunsch und dann passiert immer gleich etwas, das dazu paßt und den Wunsch erfüllt. Ich denk’ mir das nicht aus, weißt du? Das könnte ich gar nicht. Nie hätte ich all die verschiedenen Nachtpflanzen in Perelïn erfinden können. Oder die Farben von Goab - oder dich! Alles ist viel großartiger und wirklicher, als ich mir’s vorstellen könnte. Und trotzdem, alles ist immer erst da, wenn ich mir was gewünscht habe.«
    »Das kommt, weil du AURYN, den Glanz, trägst«, sagte der Löwe.
    »Was ich nicht verstehe, ist etwas anderes«, versuchte Bastian zu erklären. »Ist das alles erst da, wenn ich mir was gewünscht habe? Oder war es vorher schon da und ich hab’s nur irgendwie erraten?«
    »Beides«, sagte Graógramán.
    »Aber wie kann denn das sein?« rief Bastian fast ungeduldig. »Du bist doch schon wer weiß wie lang hier in der Farbenwüste Goab. Das Zimmer in deinem Palast hat auf mich seit jeher gewartet. Das Schwert Síkanda war seit undenklichen Zeiten für mich bestimmt - das hast du doch selbst gesagt!«
    »So ist es, Herr.«
    »Aber ich, ich bin doch erst seit gestern nacht in Phantasien! Dann gibt es das alles doch nicht erst, seit ich hier bin!«
    »Herr«, antwortete der Löwe ruhig, »weißt du nicht, daß Phantasien das Reich der Geschichten ist? Eine Geschichte kann neu sein und doch von uralten Zeiten erzählen. Die Vergangenheit entsteht mit ihr.«
    »Dann müßte ja auch Perelïn schon immer bestanden haben«, meinte Bastian ratlos. »Von dem Augenblick an, da du ihm seinen Namen gabst, Herr«, erwiderte Graógramán, »hat er seit jeher bestanden.«
    »Willst du damit sagen, daß

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