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Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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Penumbra zumindest vor.
    Kurze Zeit später steigen sie die Baustelle hinauf. Corvina trägt die Truhe. Auf der anderen Seite der riesigen Öffnung entdeckt sie der Nachtwächter der Embarcadero-Baustelle. Er ruft: »Hey! Ihr da! Was macht ihr da?«
    »Nicht stehen bleiben«, flüstert Corvina. Direkt vor ihnen befindet sich eine Reihe orangefarbener Absperrkegel und dahinter der Gehweg, auf dem Paare in Mantel und Schal vorüberhasten, ohne den Schlund neben sich auch nur eines Blickes zu würdigen. Dahinter versperrt die dunkle Wand des Embarcadero Freeway den Blick auf den Himmel. Auf beiden Fahrbahnen rauschen hupend und mit quietschenden Reifen Autos durch die Nacht. Das Licht und der Lärm sind wie Balsam nach dem Tunnelgang.
    Penumbra wendet sich dem Wachmann zu und tippt an seinen Schutzhelm. »Gab noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen! Sie wissen ja, wie das ist. Festina lente! « Und dann haben sie die Kegel hinter sich gelassen, betreten den Gehweg und sind frei.
    Die Kunst der Wahrsagerei gehört ihnen.

EINE MILLION ZUFALLSZAHLEN
    D iesmal scheucht Mo sie wirklich nach draußen. Die Langhaarigen murren und maulen, aber er bleibt hart: »Ein paar Meter die Straße rauf gibt es eine wunderschöne Buchhandlung. Auch wenn die Lichter aus sind, nicht abwimmeln lassen … einfach weiter anklopfen. Fragt nach Lawrence.«
    Penumbra räumt den breiten Schreibtisch frei, und Corvina breitet ihre Beute, den Inhalt der Truhe, darauf aus: sieben Bände, jeder trocken und unversehrt, jeder eingeschlagen in Kalbsleder. Mo ist gespannt. Sie sind alle gespannt. Nacheinander wickeln sie die Schätze aus.
    »Madrigal!«, ruft Mo. Und dann, noch lauter: »Brito! Er war einer aus der ersten Generation!«
    Eins der Bücher ist in Leder gebunden. Es ist identisch mit dem Kassenbuch, nur hat das eine römische Fünf auf dem Buchrücken und das hier eine Eins. Mo dreht es in seinen Händen hin und her. »Das erste Logbuch«, sagt er mit flüsternder Stimme. »Hier sind unsere ersten Kunden verzeichnet. Es heißt, dass Mark Twain einer von ihnen gewesen ist. Jetzt werden wir es erfahren.«
    Corvina wickelt einen der letzten Bände aus und reicht ihn wortlos an Penumbra weiter. Er ist mattgrau, an manchen Stellen völlig ausgebleicht, wie eine aus ihrem Kokon geschlüpfte Raupe. Auf dem Umschlag steht in schlichten Großbuchstaben T ECHNE T YCHEON . Penumbra schlägt die erste Seite auf.
    Sie enthält ein Durcheinander aus Zeilen und Spalten mit kurzen Sätzen. Jeder scheint nur ein Fragment zu sein: DER GROSSE FLUSS, VERZWEIGEN UND VERSCHMELZEN, BRÜLLEN DES TYRANNISCHEN LÖWEN, KEINE MAU ERN OHNE STEINE, DER LACHENDE SCHÄDEL DEINES TOTEN GROSSVATERS  …
    Er blättert zur nächsten Seite – das Gleiche. D ER P RINZ WAR SCHON IMMER EINE E IDECHSE . Schlägt wahllos eine Seite in der Mitte auf – das Gleiche. DEINE ZÄHNE FALLEN AUS , EINER NACH DEM ANDEREN . Jede Seite besteht aus einem grobmaschigen Gitternetz, und jedes Viereck in dem Netz enthält irgendein Fragment, irgendein Bild.
    Es ist unverständlich.
    Penumbra begreift, dass das Buch der Weissagung aufwendig verschlüsselt ist. Sein Herz sinkt. Er hat solche Bücher schon gesehen. Okkult-Lit. 337 widmete sich Codes und Chiffren . Er schaut das Tycheon an und sieht Hausaufgaben. Er sieht Jahre mühseliger Plackerei.
    Mo lächelt aufmunternd. »Wenn es einen Code gibt, dann kann man ihn auch knacken, Mr. Penumbra. Vielleicht kann ich Mr. Fedorov für diese Aufgabe interessieren …«
    Penumbras Kopf fährt herum. »Moment … Was soll das heißen?«
    »Er ist unser fähigster Codeknacker«, sagt Mo. »Er hat schon früher schnelle Ergebnisse geliefert, und mit etwas Glück …«
    »Aber ich habe vor, das Buch ins Galvanic College mitzunehmen.« Penumbras Worte hängen in der Luft. Corvina streckt eine Hand aus und drückt sie fest auf das Tycheon .
    »Mr. Penumbra, dieses Buch gehört uns«, sagt Mo. »Es gehörte uns am Tag, als die William Gray sank. Dass es die Kleinigkeit von hundert Jahren verschüttet war, ändert nichts an dieser Tatsache.«
    Penumbra schüttelt den Kopf. »Die anderen können Sie gerne behalten, aber ich konnte das Geld für unser Vorhaben nur deshalb auftreiben, weil mein Arbeitgeber an diesem einen Buch interessiert ist. Es gehört in unsere Bibliothek, wo Wissenschaftler es entschlüsseln werden. Es kann nicht hierbleiben. Das …« Er macht eine ausladende Handbewegung. »Das hier ist nur eine Buchhandlung.«
    Mos Gesicht zuckt,

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