Die Unschuld der Rose
können es sich nicht länger leisten, dir den Kaffee zu verkaufen. Sie werden sich nach einem anderen Käufer umsehen.“
„Nein! Das dürfen sie nicht. Der Kaffee ist wirklich etwas Besonderes. Das wissen auch unsere Kunden.“ In einer Geste der Versöhnung legte sie eine Hand auf den Tisch. Sogleich zog Grace sie wieder zurück. Diese Frau wollte keine Versöhnung, sie brauchte Geld. „Bitte sag ihr, dass alles ein großes Missverständnis sein muss. Ich kenne noch nicht die Hintergründe. Ich werde jedoch herausfinden, was passiert ist. Das verspreche ich. Ich werde die Sache überprüfen.“
„Überprüfen?“, fragte er sarkastisch. „Was gibt es da zu überprüfen?“
„Du hast die Konten gesehen. Du weißt, was wir zahlen.“
„Gesehen habe ich, dass du dem Händler, der den Kaffee importiert, einen hohen Betrag bezahlst.“
„Willst du damit andeuten, dass unser Geld nicht weitergeleitet wird? Dass der Händler, den mein Vater ausgesucht hat, unehrlich ist?“
Rafael lächelte dünn. „Oh, ich glaube nicht, dass er da der Einzige ist. Seine Preise liegen weit über Marktniveau. Ich bin sicher, viele profitieren davon. Leider gehört die fazenda nicht dazu.“
Ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet. „Willst du andeuten, wir hätten einen dubiosen Deal mit dem Händler abgeschlossen? Er berechnet uns zu viel und wir teilen die Differenz?“
„So sieht es aus.“
„Du beschuldigst mich des Betrugs.“
„Ja“, entgegnete er in seidigem Tonfall. Ihr wachsendes Entsetzen schien ihn völlig kaltzulassen. „Das tue ich.“
„Und es kommt dir nicht in den Sinn, dass es vielleicht noch eine andere Erklärung gibt?“, fragte sie, während sie die Ungeheuerlichkeit seiner Anschuldigung zu verkraften versuchte.
„Welche?“
Grace biss sich auf die Unterlippe. „Ich habe keine. Noch nicht, aber bald werde ich eine finden.“
„Wenn du genügend Zeit hattest, dir eine auszudenken?“
„Nein, so meinte ich das nicht. Wenn ich die Wahrheit herausgefunden habe.“
„Vielleicht stehst du auch einfach nur auf den Händler.“ Sein Blick wanderte zu ihrem Mund, dann zu ihren Brüsten. Kein Zweifel, was er damit andeuten wollte.
Die unverhohlene Anspielung auf das leidenschaftliche Zwischenspiel im Dschungel brachte Grace zum Erröten. Sie öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, dann schloss sie ihn wieder. Was nützte es, ihm zu sagen, dass sie sich normalerweise nicht so verhielt? Es würde nur seinem ohnehin schon überdimensionierten Ego schmeicheln. Glauben würde er ihr auch nicht. „Irgendetwas geht hier vor sich, da stimme ich dir zu. Und ich kann dir nicht verdenken, dass du glaubst, ich sei darin verwickelt. Die Beweise sprechen offenbar gegen mich. Ich muss dringend ein paar An rufe machen.“
„Das musst du nicht. Deine Firma ist erledigt. Deshalb brauchst du dir allerdings keine Sorgen zu machen. Ich denke, du kannst deinen Lebensunterhalt hervorragend als Schauspielerin verdienen. Du bist sehr überzeugend.“ Rafael unterdrückte ein Gähnen und stand auf. „Wir müssen zurück zum Haus, bevor es dunkel wird.“
Die Dunkelheit und die Gefahren, die im Regenwald lauern mochten, waren ihr gleichgültig. In ihrem Unternehmen war irgendetwas schiefgelaufen. Wenn Rafael recht hatte, und daran hegte sie keinerlei Zweifel, waren die Bücher manipuliert worden.
Wie hatte jemand das tun können? Und wer?
Sobald sie Rafael Cordeiro von ihrer Unschuld überzeugt hatte, würde Grace nach Antworten suchen und sie finden.
Spielte es eine Rolle, was er über sie dachte?
Im Augenblick zählte, dass diese freundlichen Menschen vor ihr sie für schuldig hielten.
Und vielleicht bin ich das in gewisser Weise auch, dachte sie unglücklich.
Sicher, sie hatte das Geld nicht genommen. Trotzdem war es ihre Firma, und Grace hatte nichts bemerkt.
Erschüttert von der Tatsache, dass sie für das Leiden dieser Menschen verantwortlich war, ließ sie sich auf die Knie sinken und ergriff Filomenas Hand.
„Ich werde herausfinden, was passiert ist. Und ich werde Ihnen das Geld bezahlen, das ich Ihnen schulde“, versprach sie. An Rafael gewandt, sagte sie: „Übersetz das für mich.“
Seine Augen blickten kalt. „Ich wecke nicht gern falsche Hoffnungen.“
„Übersetz es für mich!“ Jetzt schienen die Emotionen in ihrer Stimme eine Wirkung zu haben. Nachdem er sie lange gemustert hatte, zuckte er die Schultern und sagte etwas auf Portugiesisch zu der Frau.
Zögernd legte Filomena
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