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Die unterirdische Sonne

Die unterirdische Sonne

Titel: Die unterirdische Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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frites essen dürfen. Eike hatte seines stehen lassen und nur die Pommes gegessen. Sophia und Conrad hatten sich Eikes Hähnchen geteilt. Sie hätten ihm, Leon, etwas abgegeben, wenn er gewollt hätte. Er war so in Gedanken versunken, dass für seinen Bauch keine Luft mehr übrig geblieben war.
    Dann war er abgeholt worden und die anderen hatten einen Film im Fernsehen geschaut.
    »Sch-schläfst d-du sch-schon?«
    Die Stimme war leise, wie gehaucht. Trotzdem stieß Leon einen Schrei aus und fing an, am ganzen Körper zu zittern.
    In Wahrheit hatte er nicht geschrien, seine Stimme war bloß in seinem Kopf explodiert. Die Angst vor der Strafe, die, so vermutete er, noch viel schlimmer wäre als alles, was er sonst ertragen musste, passte auf Leon auf wie ein Kuscheltier. Niemals hätte er in der Nacht einen Laut von sich gegeben oder sonst etwas Verbotenes getan.
    »Sch-Schuldigung«, flüsterte Maren.
    Wann sie sich neben ihn gelegt hatte, war Leon nicht klar. Er umklammerte die Decke und drückte seinen Kopf tief ins Kissen. Irgendwie machte Maren dasselbe, direkt neben ihm, auf seinem Kissen. Als sie ihre Hand auf seinen Hinterkopf legte und mit ihren Lippen sein Ohr berührte, hielt er wieder die Luft an. So lange, bis er glaubte, zu ersticken. Dann wurde ihm die Berührung ihres Mundes an seinem Ohr bewusst und er machte keinen Mucks. Genau wie Maren.
    Nach einer Zeit, die ihm ewig vorkam, dachte er, dass diese Berührung das Schönste war, was er seit einem Jahr erlebt hatte. Niemals würde er jemandem davon erzählen, nicht einmal Maren.
    Wenn die Männer ihn – weil er einen Fehler begangen hatte oder sie ihn nicht mehr brauchten oder einfach nur so – töten sollten, würde er in der letzten Sekunde an Marens Lippen an seinem Ohr denken.
    »H-hab eine B-Bitte.«
    Leon blieb stumm. Es kam ihm vor, als könnte er ihren Atem bis in seinen Bauch spüren. Mit der Hand, die vorher an seinem Hinterkopf gewesen war, umschloss sie nun seine Ohrmuschel. »H-halt bitte d-deine H-Hand an meinen B-Bauch, b-bitte, Leon.«
    Er begriff nicht, was sie damit meinte. Er wusste es, aber seine Vorstellung reichte nicht an ihre Worte he-ran.
    Behutsam drehte er den Kopf in ihre Richtung. Die Augen hielt er geschlossen, als wäre Maren dann weniger nah. Mit einer langsamen, umständlichen Bewegung knickte er seinen linken Arm ab und schirmte mit der Hand seinen Mund ab.
    »Versteh ich nicht«, sagte er leise. Er glaubte nicht, dass Maren ihn verstanden hatte.
    »S-so.« Mit ihren kalten Fingern nahm sie seine immer noch zitternde Hand und zog sie auf ihren Bauch, unter ihr Sweatshirt. Er schämte sich sofort. Ganz fest hielt sie seine Hand dort, mit ihrer obenauf.
    Zum dritten Mal wagte er nicht zu atmen, was ihm diesmal nur ein paar Sekunden gelang. Sein Herz schlug so wild, dass er glaubte, es wäre durch die Mikrofone bis nach oben zu hören.
    »D-danke, L-Leon. Ist sch-schon b-besser.«
    Die Furcht, was passieren würde, falls einer der Erwachsenen die Szene auf dem Monitor mitkriegte, verscheuchte Leon mit dem Gedanken an Marens Lippen an seinem Ohr.
    Ihr Bauch war jetzt wärmer als vorher, dachte er. Nach einer Weile überlegte er, ob er seine Hand ein winziges Stück bewegen sollte.
    Als hockte plötzlich ein Depp in seinem Kopf, der was mitzubestimmen hatte, rannen ihm Tränen über die Wangen.
    Leon unterdrückte ein Schluchzen und presste die Lippen aufeinander. Das dämliche Heulen machte seinen Handwunsch kaputt.
    Aber er nahm die Hand nicht weg. Marens Bauch hob und senkte sich. Leon glaubte schon, sie wäre direkt neben ihm eingeschlafen.
    »D-danke«, flüsterte sie. »T-tut jetzt n-nicht mehr so w-weh. Ich g-geh jetzt w-wieder r-rüber.«
    Sie rückte von ihm weg und er drückte seine Hand auf ihren Bauch.
    »Warte.« Er horchte. Jemand schnaufte, bestimmt Conrad. Sonst war es still. Er beugte sich über Marens Kopf und berührte mit seinen Lippen ihr Ohr, das, wenn seine Nase nicht durchgeknallt war, nach Pflaumenkuchen roch. »Ich verrat dir was, nur dir.«
    Sekundenlang traute er sich nicht, weiterzuflüstern.
    »Ich hab heut Geburtstag.«
    Als wäre die Situation für ihn nicht schon verwirrend genug, fuhr Marens Kopf herum, und bevor er einmal Luft holen konnte, drückte sie ihm einen Kuss auf den Mund.
    Im nächsten Moment war sie verschwunden, so lautlos im Dunkeln, wie sie gekommen war. Leon lag auf dem Rücken, schnupperte an seiner Hand und dachte, dass er schon ewig nicht mehr so viele Geschenke an

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