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Die unterirdische Sonne

Die unterirdische Sonne

Titel: Die unterirdische Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Einschlafen gestern Abend sicher gewesen, er würde gleich wieder unterwegs sein und wild herumfahren, ohne Ziel und Furcht. Er saß dann auf dem Beifahrersitz, die Landschaft kam ihm vertraut vor, obwohl ihm gleichzeitig klar war, dass er sie noch nie gesehen hatte. Den Mann neben ihm kannte er, auch wenn er vergessen hatte, woher und wie er hieß. Der Mann sprach kein Wort. Der Einzige, der redete, war Conrad. Er konnte seine Stimme hören, die anders klang als sonst und trotzdem aus seinem Mund kam. Das war alles seltsam. Aber auch logisch und schön. Irgendwann wachte er dann immer auf und sah noch eine Weile die Straße, die Berge und das flimmernde Licht in seinem Bett, und in seinem Kopf klang seine Stimme nach, ganz deutlich.
    Heute Morgen war alles farblos und still gewesen. Sekundenlang hatte er nicht gewusst, wo er sich befand. Das Licht hatte gebrannt. Jemand war im Bad und putzte sich die Zähne. Leon natürlich. Conrad hatte die Decke über den Kopf gezogen und versucht, in den Traum zurückzukehren. Unmöglich, dass keiner da war.
    Conrad träumte, seit er sich erinnern konnte.
    Davon würde er den anderen gern erzählen.
    Dass Leon ihn anstarrte, störte ihn. Er senkte den Kopf und sah zur Eisentür. Wenn er nicht bald seinen Traum wiederfand, würde er sterben, falls die Tür aufging und er an der Reihe war.
    »O-okay.« Maren schaute in die Runde. »D-dann erzählt h-halt j-jeder seinen T-Traum von h-heut Nacht, und n-nicht sch-schwindeln!«
    Wie blöd war das eigentlich? Taucht sein Vater im Dorf auf, bringt alles durcheinander, säuft wie blöd und will Kohle. Eike schmückte die Geschichte inzwischen aus. Das bedeutete nicht, dass sie deswegen nicht mehr stimmte. Alles war genau so passiert, manche Momente ohne ihn als Zeugen. Deswegen nahm er seine Fantasie zu Hilfe.
    Auch wegen der Dauer der Geschichte. Bei den ersten Malen hatte er festgestellt, dass er im Kopf zu früh fertig war und den Rest der Zeit alles mitbekam, was sie mit ihm anstellten. Das passierte ihm drei oder vier Mal, dann nie wieder.
    Der Film begann, wenn Eike abgeholt wurde, und ging nach seiner Rückkehr in den Keller noch einige Minuten weiter. Da lag er schon wieder unter seiner Decke, mit angezogenen Beinen und, weil anscheinend jeder Knochen seinen eigenen Schmerz haben wollte, wie blöde zitternd.
    Perfekt.
    Biegt der schwarze Schrottopel in die Einfahrt ein und bleibt stehen. Vor dem Schuppen, in dem der Riemer sein Zeug lagert, Mistgabeln, Schaufeln, Schubkarren, Mähmaschinen, massenhaft Kübel und Eimer. Und wer steigt aus? Mein Alter. Schwarze Lederhose, schwarzes Hemd, schwarze Lederjacke, schwarze Stiefel. So steht der da wie der Schwarze Mann und wartet auf was.
    Siehst du den? Ich seh ihn vom Fenster aus, hab grad Hausaufgaben gemacht, Englisch, erste Klasse auf dem Gymnasium. Meine Mutter will, dass ich mal gut Geld verdien in einem richtigen Beruf. Mein Bruder geht auf die Realschule, der ist nach einem Jahr wieder runter vom Gymnasium. Ist nicht damit zurechtgekommen. Der kommt mit einer Menge Sachen nicht zurecht. Darüber reden wir später.
    Steht also mein Alter da. Freitagmittag. Zündet sich eine Fluppe an, mit einem Zippo, das kenn ich, und schaut sich um. Da kommt der alte Riemer aus seinem Schuppen, in Gummistiefeln, weißt schon, die er immer im Saustall anhat oder eigentlich dauernd, und sagt zu meinem Alten: Parken geht hier nicht.
    Sagt mein Alter: Und wer sind Sie?
    Sagt der Riemer: Ich bin der Grundbesitzer.
    So ist der. Die zwei stehen sich eine Zeit lang gegenüber –
    – Natürlich hat er seine Kiste trotzdem weiter da geparkt, und der Riemer ist zu meiner –
    – Wir haben uns fast ein Jahr nicht mehr gesehen, mein Alter und ich, er lebt hauptsächlich in Berlin, arbeitet auf dem Bau. Er ist Polier, die Leute sagen, er kennt sich aus und ist ein guter Boss. Kann ich nicht beurteilen. Meine Mutter und er telefonieren öfter. Seit sie mit Linus und mir aufs Land gezogen ist, kommt er nur noch selten in die alte Stadtwohnung, wo wir früher alle zusammen gelebt haben, in Berg am Laim.
    Überraschung!, sagt er zu meiner Mutter. Sie ist noch im Geschäft und bedient grad einen Kunden. Sie küssen sich und der Kunde sagt: Sie sind der Vater von Eike und Linus. Und dann sagt der Typ noch: Muss Ihnen was verraten, ich dachte lang, Eike ist ein Mädchen.
    Was für ein Blödmann. Eike kommt von Icke, sagt mein Alter, und das bedeutet Ich. Also bin ich ich, Icke Eike. Das kapieren die in dem Dorf

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