Die Vampir-Brüder
Fremder, der irgendwo lauschte.
Nichts!
Oder doch?
Jetzt, wo er sich konzentrierte, war auch der Wind zu hören, der um die Ecken des Hauses strich. Ein leises Säuseln, beinahe schon ein Heulen oder Wimmern, als hätten sich irgendwelche Geister darangemacht, ihre Welt zu verlassen.
An Geister glaubte er nicht. Wollte er einfach nicht glauben. Das war ihm zu weit weg. Und das passte auch nicht in sein Leben hinein. Trotzdem kam ihm der Gedanke immer wieder, wenn er den Film sah. Aber Geister gab es nicht. Und wenn doch, dann waren sie unsichtbar. Auch in Umrissen hätten sie nie auf dem Film zu sehen sein können.
Nein, das waren andere Gestalten. Um das herauszufinden, hatte er sich mit Bill Conolly in Verbindung gesetzt.
Neben Fernseher und HiFi-Anlage stand eine kleine fahrbare Bar. Die Flaschen verteilten sich dort, und der einsame Mann hatte die Qual der Wahl. Er wollte sich einen Drink gönnen. Vielleicht konnte er dann einige Stunden schlafen.
Auf seinen Reisen hatte er den französischen Cognac schätzen gelernt. Einige Flaschen davon befanden sich immer in seinem Haus. So griff er zu und füllte den kleinen Schwenker fast bis zur Hälfte. Das widersprach dem Stil, aber hier schaute ihm keiner zu. Mit dem Glas in der Hand und auch trinkend näherte sich Dolan dem Fenster. Er blieb davor stehen und schaute nach draußen.
Außenlampen hatte er nicht eingeschaltet. Auch im Zimmer gab nur die Wandleuchte über der Bar Licht ab. So fühlte er sich durch die Helligkeit nicht gestört.
Wonach er suchte, wusste er selbst nicht. Eigentlich nach dem Nichts. Luke hoffte zumindest, dass niemand in der Nähe seines Hauses herumschlich und ihn beobachtete.
Er trank wieder.
Warm strömte der Alkohol in Richtung Magen. Die Wärme tat ihm gut, aber der Drink beruhigte ihn nicht. Seine Nerven konnten einfach nicht entspannen.
Dolan sah nichts, doch er war sich irgendwie sicher, dass da draußen etwas umhergeisterte, das ihm nicht gefallen konnte. Es war die Bedrohung, die Vorahnung, die sensiblen Menschen zu Eigen war, und zu dieser Gruppe zählte er sich.
»Unsinn, da ist nichts!«
Der Klang der eigenen Stimme beruhigte ihn keineswegs – und er sah auch die Bewegung.
Die rechte Hand mit dem Glas sackte ab. Dabei stieg der Cognac in die Höhe und glitt über den Rand hinweg, wo er dann seine Finger kurz nässte.
Luke hatte sich nicht geirrt. Er glaubte es nicht, auch wenn ihm die schattenhafte Bewegung nicht mehr auffiel. Sie war jetzt abgetaucht in die Dunkelheit.
Er trank wieder.
Durch seinen Atem war die Scheibe beschlagen, so dicht stand er vor dem Fenster. Die leichten Kopfschmerzen wollten ebenso wenig weichen wie der Druck in seinem Magen. Ihm war kalt geworden und zugleich auch warm. Über seinen Rücken kroch etwas hinab, das Spinnenbeine zu besitzen schien.
Er wartete. Er strengte seine Augen an, aber von der Bewegung war nichts mehr zu sehen. Dolan wusste nicht, wer oder was sich dort bewegt hatte. Ob Mensch oder Tier, das war nicht festzustellen gewesen. Dabei hoffte er auf ein Tier.
Plötzlich fühlte er sich vor dem Fenster nicht mehr sicher. Zwar war er keine perfekte Zielscheibe, aber seine Umrisse malten sich schon ab, und das wollte er nicht.
Um sicher zu gehen, ließ er die Rollos vor den Scheiben herab. Jetzt ging es ihm besser, wenn auch nicht gut, aber er fühlte sich zumindest nicht unter Beobachtung.
Mit langsamen Schritten verließ er das Wohnzimmer. Im Flur machte er Licht. Der Bereich des Eingangs wurde aus der Dunkelheit gerissen. Neben der Tür und nicht weit von der Treppe nach unten entfernt, befand sich ein schmales Fenster mit einer Milchglasscheibe.
Er ging dort hin.
Den Grund kannte er nicht. Es trieb ihn einfach in die Nähe der Tür. Unterwegs stellte er sein nicht leergetrunkenes Glas ab und dämpfte selbst im eigenen Haus die Schritte.
Warum bleibe ich vor der Tür stehen?, fragte er sich. Warum? Was hat mich hierher getrieben?
Keiner gab ihm Antwort. Komischerweise hatte sich bei Dolan die Nervosität noch gesteigert, und er glaubte plötzlich, noch in dieser Nacht Besuch zu erhalten, obwohl er keinen erwartete.
Dann hörte er das Geräusch der Klingel!
So schrill und überlaut, dass er zusammenfuhr. Es stand jemand vor der Tür, ein Fremder, denn Freunde besuchten ihn nach Mitternacht nicht unangemeldet.
Er öffnete das Seitenfenster nicht und hielt auch die Tür geschlossen. So fragte er nur: »Wer sind Sie?«
»Machen Sie auf!«
»Warum?«
»Ich habe
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