Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig
Foote und richtete den gesunden Daumen auf Sandy.
»Wegen dir baut mein Vater das Trampolin ab!«, jammerte sie verschnupft. Ihre Insektenohrringe zitterten vor Empörung.
»Das hättest du sehen sollen«, rief Fumio Chen lachend von hinten. »Dwight ist vom Trampolin geflogen - direkt auf den Gehweg.«
»Das war gar nicht witzig«, brummte Foote. »Meine Kamera hätte kaputtgehen können.«
»Jetzt ist es auch nicht mehr witzig«, sagte Sandy und rückte ihre Mimik zurecht. »Außerdem hatte dich niemand auf mein Trampolin eingeladen.«
»Ich schwör’s«, kicherte Fumio. »Er ist auf dem Kopf gelandet, hat sich aber den Arm gebrochen - es ist mir echt ein Rätsel.«
»Ich hab mir die Speiche glatt gebrochen«, sagte Foote und strich mit dem Zeigefinger über den Gips. »Dafür wird ihr Dad zahlen, oder mein Dad wird ihre Familie vor Gericht um Kopf und Kragen bringen.«
»Vollidiot!«, rief Sandy.
»Gut, beruhigt euch«, gebot Dumloch, watschelte durch die Gänge und verteilte den Geruch seines billigen Parfüms und einen unangekündigten Test mit zehn Fragen. »Augen nach vorn. Ihr habt eine Viertelstunde Zeit.«
Die Klasse stöhnte einstimmig auf. Dumloch schob sich wieder hinter seinen Schreibtisch, setzte sich, starrte an die Decke und kaute mit seinen furchtbaren Zähnen die Farbe von seinem Bleistift. Trotz dieser Ablenkung schaffte ich den Test in knapp fünf Minuten mit voller Punktzahl. Die Schule war ein Klacks verglichen mit dem Unterricht, den Mom mir zu Hause gegeben hatte.
Der Vormittag schleppte sich endlos dahin, und mittags war ich am Verhungern. Dwight Foote setzte sich in der Kantine neben mich, zeigte auf seinen Gipsverband und fragte, ob ich ihm die Hühnerbrust auf seinem Teller klein schneiden könnte.
»Auch das noch«, stöhnte ich, legte mein Tomatenbrot beiseite und säbelte sein Fleisch in acht Stücke.
»Danke, Svet. Es macht dir doch nichts aus, wenn ich dich Svet...«
»Das macht mir allerdings etwas aus.« War ich vielleicht ein Haustier?
»Also... danke, Svetlana.« Blinzel. Blinzel. Er schob sich Fleisch und Soße in den Mund und sah mich mit großen Kulleraugen an.
Am anderen Ende der Kantine folgte Miss Larch gerade Dumloch durch die Schwingtür in die Lehrerlounge. Sandy Cross stolzierte vorbei, bedachte Foote mit einem drohenden Blick und sah auch mich nicht viel freundlicher an, doch das störte mich nicht. Sie setzte sich mit dem Rücken zu uns an den nächsten Tisch, und gleich gesellten sich Marsha und Madison zu ihr, die uns vernichtende Blicke zuwarfen. Alle drei trugen diese abscheulichen Marienkäferohrringe. Ich hörte sie halblaut kichern und lästern. Ihr Gezwitscher ließ mich an ein Nest bettelnder Küken denken. Sollten das die coolen Kids sein? Ich hatte gedacht, MTV hätte mir einen Vorgeschmack
auf die Blödheit der Schule gegeben, doch ich war völlig unvorbereitet.
Der Schultag kroch im Schneckentempo dahin.
In Bio dann schien Miss Larch überhaupt nicht am Unterricht interessiert. Der Gestank nach faulenden Abfällen war so stark, dass ich mich kaum auf das konzentrieren konnte, was sie sagte. »Wonach müffelt es hier so grässlich?«, flüsterte ich Foote zu, doch der hatte keine Ahnung, wovon ich redete. Vielleicht war er gestern wirklich mit dem Kopf aufs Pflaster geknallt. Niemanden sonst schien der bestialische Gestank zu stören. Hinter ihrem Schreibtisch redete die Biolehrerin eintönig weiter und wirkte dabei ausgezehrt und vollkommen geschafft. Als sie mich dabei ertappte, wie ich sie anstarrte, kniff sie die Augen zu fiesen Schlitzen zusammen.
Was glotzt du so?
Ihre Stimme meldete sich in meinem Kopf, und ich fuhr auf meinem Platz zusammen. Niemand sonst hatte sie gehört. Larch wirkte noch immer unglücklich und unaufmerksam, obwohl meine offensichtliche Verlegenheit sie boshaft lächeln ließ. Als die Stunde halb um war, beendete sie ihren Unterricht, warf einen Lehrfilm in den Videorekorder und eilte aus dem Zimmer, als müsste sie sich übergeben.
Foote beugte sich zu mir rüber und flüsterte: »Ich dachte, sie würde quer über den Schreibtisch kotzen.«
Als es endlich zum Schulschluss läutete, lief der Film - es ging um Hyänen und ihre heikle Koexistenz mit Löwen - noch immer. Miss Larch war nicht zurückgekehrt. Alle sahen sich um und wussten nicht, was tun. Ich stand auf und machte das Licht an. Prompt schnappten sich alle ihre Sachen und stürzten in die Freiheit.
Wie die Schafe, dachte ich.
Siebtes
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