Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig
die Verpackung von meinem Paket und fuhr mit dem Daumennagel über die mit Klebeband verstärkte Mitte des Kartons, bis die Deckelhälften sich öffneten. In dem Karton lag ein Buch. Es war schwer; der Einband war aus dickem, weichem Leder. Ich blätterte durch die leeren Seiten. Weiße Rechtecke warfen das Mondlicht zurück und schienen zu warten. Nur eine Seite ganz vorn war markiert. Sie trug in der Mitte ein Symbol: zwei Kreise, jeweils einen Vierteldollar groß, der eine weiß, der andere schwarz. Sie standen für das Natürliche und für das Unnatürliche, und wo die Kreise sich trafen, befand sich ein dritter, kleinerer Kreis; er war rot.
Das Rot war im Mondlicht so dunkel, dass es beinahe schwarz erschien.
Das bist du.
Über mir war ein kurzes Flügelflattern zu hören. Ob das ein Nachtvogel gewesen war? Der Himmel war ein schwarzer Teppich, auf dem die Sterne wie bleiche Stecknadelköpfe wirkten. Der Mond war ein riesiges Auge aus Elfenbein, kalt und fern. Im Haus begann die Standuhr, Mitternacht zu schlagen. Ich hob das Gesicht dem Licht entgegen und atmete tief ein. Alles, was ich sah und hörte, ging lebendig durch mich hindurch.
Ich legte das Buch beiseite, wandte mich wieder dem Paket zu, zog ein schmales Etui aus dunklem Holz hervor und klappte den Deckel auf. Von einer schmalen Schneide blitzte mir das Mondlicht blendend entgegen. Der Dolch glich dem, den Mrs Bones im Stiefel trug, und die dünne Stahlschneide war zwölf Zentimeter lang. Die Klinge war kalt, der Griff glatt und schwer.
Ein weiteres Blitzen drang aus dem Etui, diesmal von einer Silberschnur. Ich nahm das Halsband in die Hand. Ein roter Stein baumelte an der Kette und sah im Mondschein aus wie Obsidian. Ich fuhr mit dem Daumen über die Buchstaben, die in die Fassung graviert waren: acht kleine Vertiefungen.
Svetlana.
Ich drehte den Stein unter dem leuchtenden Mond und las die Gravur mit meinem wahren Namen.
Dann machte ich den Verschluss im Nacken zu, gab mein Versprechen und ließ das Silber kühl auf meine Haut und den Stein an mein Brustbein sinken. Überall war Mondlicht.
In dreizehn Tagen war mein Hausarrest vorbei.
Ich konnte es kaum erwarten.
Danksagung
Herzlichen Dank meinem fantastischen Agenten Erin Murphy, meiner großartigen Lektorin Jennifer Wingertzahn und allen bei Clarion Books, die geholfen haben, Svetlana Grimm zum Leben zu erwecken. Und ein besonderes Dankeschön an Lisa Gordon, ohne deren Unterstützung und Ermutigung nichts von all dem möglich gewesen wäre.
cbt - C. Bertelsmann Taschenbuch
Der Taschenbuchverlag für Jugendliche
Verlagsgruppe Random House
Verlagsgruppe Random House
1. Auflage
Erstmals als cbt Taschenbuch Juni 2010
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
© 2009 Lewis Harris
Die Originalausgabe erschien 2009 unter dem
Titel »A Taste for Red« bei Clarion Books, an
imprint of Houghton Mifflin Harcourt Publishing
Company, New York
© 2010 der deutschsprachigen Ausgabe bei
cbt/cbj Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Übersetzung: Andreas Heckmann
Lektorat: Ivana Marinović
IM ‧ Herstellung: AnG
eISBN : 978-3-641-04553-1
www.cbt-jugendbuch.de
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