Die verborgene Grotte
bisschen ungemütlich. Bist du bereit?«
Karl nickte. Sara sah ihn ernst an.
»Wenn wir drüben auf der anderen Seite sind, sind wir in Sicherheit. Aber ich glaube, uns bleibt nicht viel Zeit. Die Sprengung hat eine Welle verursacht, die die Grotte mit Wasser füllt, aber irgendwann wird es zurückfließen und dann …«
Sie verstummte, holte ein paarmal tief Luft und tauchte unter, Miriams Arm fest im Griff. Die beiden Körper verschwanden in der Tiefe.
Das Wasser, das Karl jetzt bis zur Taille stand, war das Kälteste, was er je gespürt hatte. Und nun sollte er tauchen – was er ohnehin nicht sonderlich gut konnte –, noch dazu durch einen unterirdischen Tunnel. Aber er hatte keine Wahl.
Also holte er so tief Luft, wie er nur konnte, und ließ sich unter die Oberfläche sinken.
Es war unheimlich, in völliger Dunkelheit zu tauchen, immer tiefer nach unten. Seine Kleider machten die Angelegenheit nicht einfacher. Trotzdem ging es gut, bis er den Absatz zwischen den Treppen erreicht hatte.
Sara hatte recht gehabt. Hier gab es eine starke Strömung, als würde das Wasser von einem riesigen Herz durch das Loch gepumpt und dann kräftig zurückgesogen. Plötzlich wurde Karl von einem Strudel erfasst und in der Finsternis geriet er ins Taumeln. Sofort überfiel ihn Panik. Er hatte keinerlei Orientierung mehr. Vielleicht schwamm er längst in die falsche Richtung! Die Strömung erfasste sein Bein und zog ihn nach unten, als hätte jemand die Klospülung betätigt. Was, wenn das Wasser ihn ins Meer hinauszog? Aber dannberührte ihn etwas, eine Art Ball. Irgendetwas sagte ihm, dass dieser Ball auf dem Weg an die Oberfläche sein musste. Er versuchte, ihn zu fassen zu kriegen.
Immer verzweifelter ruderte Karl mit den Armen und stieß dabei gegen den Fels. Gegen einen flachen Stein mit einer scharfen Kante. Eine Treppenstufe! Das Wasser zerrte an ihm, aber Karl hielt dagegen. Und dann bekam er endlich das runde Ding zu fassen und durchbrach die Wasseroberfläche. Da gab das Meer nach und ließ von ihm ab.
Karl lag rücklings auf dem kalten Felsboden und schnappte nach Luft. Als er die Augen öffnete, starrte er geradewegs in ein Loch in der Decke. Ein viereckiges Loch, durch das Licht nach unten fiel. Neben ihm saß Sara.
»Wir haben es geschafft!«, schnaufte er.
Dann stützte er sich auf die Ellenbogen. Die Treppe hinter ihm verschwand ins Nirgendwo. Die Höhle war vollständig eingebrochen, aber das Wasser fing an zu sinken.
Miriam lag neben ihm. Ihr Arm war ausgestreckt, sodass das Licht genau auf den Kelch fiel, der zwischen ihren steifen Fingern klemmte. Sie schien noch immer bewusstlos zu sein.
Karl zeigte Sara das runde Ding.
»Hast du eine Ahnung, was das ist?«, fragte er.
»Das ist eine Tauchboje, wahrscheinlich hat der Typ vom Sprengkommando sie da unten vergessen.«
Sie runzelte die Stirn.
»Andererseits sieht sie ganz schön alt aus. Und unsere Taucher hatten gelbe Bojen.«
Aber Karl war in Gedanken schon beim nächsten Problem. Sie würden Miriam nie im Leben diese Leiter hochbekommen. Aber dann fiel ihm ein, dass das vielleicht gar nicht so schlimm war. Hauptsache, einer von ihnen kam raus und konnte Hilfe holen.
»Wir müssen so schnell wie möglich hier weg. Miriam muss ins Krankenhaus.«
Schwerfällig kamen sie auf die Füße. Sara blutete an beiden Knien und am Arm. Ihre Haare hingen in nassen Strähnen nach unten und ihr Gesicht war kreideweiß.
Sie ging zur Leiter und begann, nach oben zu klettern. Aber sie war noch nicht weit gekommen, da musste sie schon wieder abspringen. Mit einem metallischen Scheppern knallten mehrere Sprossen auf den Felsboden. Sie waren abgebrochen. Und der Rest der Leiter hing viel zu hoch, als dass sie ihn hätten erreichen können.
K apitel 16
Rücken an Rücken saßen Karl und Sara auf dem Boden. Miriam lag noch immer bewusstlos neben ihnen.
»Weiß irgendjemand, wo wir sind?«
Sara schüttelte den Kopf. Sie hatte niemandem gesagt, wohin sie gehen wollte. Genau wie Karl. Schließlich hatte er Miriam ja versprochen, niemandem etwas zu erzählen. Und dummerweise hatte er sein Versprechen gehalten.
»Wenigstens liegt der Zettel auf dem Küchentisch«, sagte Karl.
»Schon möglich«, sagte Sara. »Aber wer weiß, wie es da oben aussieht. Und wer sollte denn ausgerechnet in Miriams Küche nach uns suchen? Das kann Tage dauern.«
Auch ihre Handys waren ihnen keine große Hilfe: Karls lag zu Hause und Saras hatte das Wasser
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